Montag, 19. Januar 2015

[Rezension] Toni Jordan - Neun Tage


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Titel: Neun Tage
Autorin: Tony Jordan
Übersetzerin: Ulrike Wasel und Klaus Timmermann
Erscheinungsdatum: 15.09.2014
Verlag: Piper Verlag (Link zur Buchseite des Verlags)
Handlungsort: Melbourne/Australien
Handlungszeit: ca. 1939-2010


In ihrem Buch „Neun Tage“ schildert Toni Jordan Ereignisse, die an neun Tagen spielen. Es ist nicht die Geschichte einer einzelnen Person, sondern die Perspektive wechselt an jedem Tag zu einem anderen Protagonisten, der dann in der Ich-Form das jeweilige Kapitel erzählt. Auch die zeitliche Ebene wechselt jedes Mal und erst bei Kenntnis des gesamten Textes ergibt sich für den Leser der vollständige Zusammenhang eines Familienromans mit einigen Dingen über die man nicht gerne spricht. Bindeglied über die Zeiten und Personen hinweg sind eine Kette und eine Münze.

Der erste geschilderte Tag beginnt vor dem Zweiten Weltkrieg. Der noch junge Kip Westaway lebt mit seiner verwitweten Mutter, seiner älteren Schwester und seinem Zwillingsbruder in einem kleinen Vorort von Melbourne in einem kleinen Haus, das Eigentum der Familie ist. Um sich finanziell über Wasser zu halten und nicht zu den Ärmsten des Orts zu gehören, muss er genauso wie seine Mutter und seine Schwester arbeiten. Lediglich sein Bruder erhält die Möglichkeit, die Schule abzuschließen, um danach studieren zu können.  In dieser Zeit begegnet er der gleichaltrigen Annabelle zum ersten Mal. Sie wird seine spätere Frau, mit der er die Zwillinge bekommt. 

Das zweite Kapitel wird von Constanze, die eine der beiden Zwillingsschwestern ist, erzählt. Im Jahr 1992 ist sie als Psychotherapeutin tätig. Ihre Schwester hingegen hat mehrere Aushilfsjobs, unter anderem in einem esoterischen Laden. Ihr Leben unterscheidet sich deutlich von dem Constanzes. Auf dieser Basis blendet der Roman zwischen den verschiedenen Zeiten hin und her. Die letzten beiden Kapitel sind denn noch etwas Besonderes. Zunächst schildert der Enkel von Kip die augenblickliche Familiensituation in der Gegenwart und befriedigt so die Neugier des Lesers darüber, wie es den Familienangehörigen inzwischen ergangen ist. Das letzte Kapitel erzählt dann vom tiefbewegenden Schicksal eines weiteren Mitglieds der Familie nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, das die Zukunft der Familie bis in die Gegenwart überschattet. 

Die Autorin hat mich mit der Konstruktion ihres Romans beeindruckt. Obwohl sie sich auf genau neun Tage in einem sehr langen Zeitraum begrenzt, erzählt sie eine Geschichteüber vier Generationen hinweg. Sie versteht es dabei ein paar Details so auszulassen, dass man gespannt ist, diese Erzählstücke für sich aufzudecken, die kleinen Geheimnisse die bewusst zurückgehalten werden aufzudecken. Durch die Ich-Form der Erzähler kann der Leser an den Gedanken und Gefühlen der Charaktere teilnehmen. Jeder von ihnen hat seine eigenen Stärken und Schwächen. Im Wechsel der Erzählsicht und in so mancher Erinnerung der jeweiligen Person, die die Ereignisse des Tages schildert, erhält man den Blick auf eine Situation aus zwei verschiedenen Standpunkten. Obwohl Familie Westaway nicht immer auf der Sonnenseite des Lebens steht, begegnet der Leser in diesem Buch auch einem Blick der Familienmitglieder auf ihr eigenes Leben, der durchaus etwas Leichtigkeit in den Alltag bringt.

Interessant fand ich die Erklärung von Toni Jordan zum Foto, dass sie auf die Idee zu diesem Buch gebracht hat und im Anhang des Romans zu finden ist. Ergriffen und bewegt war ich von einer Aussage Kips, die er seinem Enkel ans Herz gelegt hat und die ich in Begleitung meiner Buchempfehlung gerne weitergeben möchte: „Jedes Mal, wenn du jemanden siehst, könnte es das letzte Mal sein. Nimm die Menschen, die du liebst, in dich auf,…“ (S. 235)


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