Montag, 25. Januar 2016

[Rezension Ingrid] Fleur Smithwick - Wo du auch bist



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Titel: Wo du auch bist
Autorin: Fleur Smithwick
Übersetzerin: Gabriele Weber-Jaric
Erscheinungsdatum: 14.12.2015
Verlag: Diana Verlag 
rezensierte Ausgabe: Taschenbuch mit Klappen

Alice ist Mitte 20 und gerade auf der Hochzeit ihres Vaters. An der Seite der jungen Fotografin ist ihr Jugendfreund Rory mit seinem Lebensgefährten. So beginnt der Debütroman der Engländerin Fleur Smithwick „Wo du auch bist“. Auf der Heimfahrt nach der Feier verunglücken Alice und ihre Freunde. Rory überlebt den Unfall nicht. Als Alice nach vielen Tagen aus dem Koma erwacht, sieht sie Sam in ihrem Zimmer sitzen. Sam ist ihr imaginärer Freund aus Kindertagen, der ihr in den Zeiten der Trennung ihrer Eltern über die angespannte Situation hinweg geholfen hat. Darüber liest der Leser im Prolog. Nun ist Sam zurück.

Das Problem von Alice ist es, das niemand außer ihr Sam sehen kann. Als Kind mag das als Spleen durchgehen, als erwachsene Frau wird Alice nun für verrückt gehalten. Sam versucht immer mehr zur Geltung zu kommen und sich auch bei anderen bemerkbar zu machen. Nur wenn Alice mit ihm allein ist, kann er Dinge bewegen. Sam will, dass sich das ändert und wird im Laufe der Zeit immer aggressiver und zorniger. Als Jonathan, der Bruder von Rory, Alice zunehmend Aufmerksamkeit widmet, wird Sam eifersüchtig und veranlasst ihn zu groben Handlungen. Über bestimmte Dinge die in dieser Zeit geschehen, ist sich Alice nicht sicher, ob sie von Sam ausgeführt wurden. Eines Tages wird sie selbst einer schweren Tat verdächtigt …

Nach einem kurzen heiteren Beginn passiert der oben beschriebene schwere Verkehrsunfall. Der Roman ist in der Ich-Form geschrieben, daher ist es zunächst wenig auffällig, als Alice Sam in ihrem Zimmer trifft, denn für sie ist er ein Mensch aus Fleisch und Blut. Sie kann ihn anfassen, sich an ihn lehnen und überhaupt mit ihm machen was beste Freunde so tun. Er hat das allergrößte Verständnis für sie. Doch eigentlich sagt ihr Verstand ihr, dass sie Sam geschaffen hat. Ihrer Umwelt bleibt ihr Umgang mit Sam nicht verborgen, weil sie sich auch in der Öffentlichkeit mit ihm unterhält.

Die Autorin lässt den Roman sehr lange um das Thema der eingebildeten Person Sam kreisen und es wurde allmählich etwas langweilig, bis schließlich Sam beginnt, sein Dasein nach außen bringen zu wollen. Ab diesem Zeitpunkt verliert Alice scheinbar immer mehr die Kontrolle über ihn und die Geschichte wird zunehmend spannend. Der Leser glaubt beinahe, dass es Sam gelingen wird, real zu erscheinen. Das verleiht der Story einen mystischen Touch.

Die Handlung spielt in der Gegenwart, aber immer wieder schiebt Fleur Smithwick Rückblenden ein, die langsam dazu führen, dass der Leser erfährt, warum Alice sich Sam ausgedacht hat. Desto mehr sie sich nach dem Unfall wieder dem Leben öffnet, desto weniger benötigt sie Sam. Aber wohin soll er gehen? Sie ist von ihren Gefühlen ihm gegenüber hin und her gerissen, denn er war seit dem Unfall immer für sie da. Der Verlust von Rory hat sie in ein tiefes Loch gerissen, dass sich nun erneut vor ihr auftut.

Der Leser leidet an der Seite von Alice mit ihr mit. Sie ist ein liebenswerter Charakter. Neben ihr begegnet man im Buch noch weiteren gutmütigen Menschen und im Kontrast dazu einigen, die mehr Wert auf die Qualität ihres eigenen Lebens legen.

Das Buch ist mehr als ein Liebesroman. Ganz leise ist es eine Auseinandersetzung mit den Grenzen des Seins. Der Abschluss ist mit krimineller Spannung versehen. Das Ende bleibt zur Interpretation offen. Für mich war es ein guter Abschluss, aber es wird nicht jedem gefallen.


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