Samstag, 30. Juli 2016

[Rezension Hanna] Die vier Jahreszeiten des Sommers - Grégoire Delacourt

Die vier Jahreszeiten des Sommers
Autor: Grégoire Delacourt
Übersetzerin: Claudia Steinitz
Hardcover: 192 Seiten
Erschienen am 16. Juli 2016
Verlag: Atlantik Verlag
Inhalt
An einem Tag im Sommer, dem 14. Juli 1999, treffen am nordfranzösischen Badeort Le Touquet vier Geschichten aufeinander. Der fünfzehnjährige Louis versucht, das Herz der dreizehnjährigen Victoria zu erobern. Isabelle ist bereits 35 und alleinerziehend, ihr Mann hat sie überraschend verlassen und immer wieder wandern ihre Gedanken zu ihrer Jugendliebe zurück. In einer erkalteten Ehe lebt hingegen die fünfundfünfzigjährige Monique, deren drei Kinder das Haus bereits verlassen haben und die sich ein anderes Leben wünscht. Und ein über fünfzig Jahre verheiratetes Paar kommt an jenem Tag mit einem ganz bestimmten Plan nach Le Touquet.

Meinung
Das Cover des Buches zeigt Meer und Strand, außerdem zwei Personen, die dem Betrachter den Rücken zuwenden. Woran die beiden wohl denken – aneinander oder an jemand anderen? In Verbindung mit dem Titel verspricht das Buch eine sommerliche Lektüre, die von verschiedenen Phasen und Stimmungen geprägt ist.

Das Buch erzählt vier Kurzgeschichten, die sich am letzten französischen Nationalfeiertag des 20. Jahrhunderts überschneiden, wodurch ein großes Gesamtbild entsteht. Nacheinander lernte ich die vier Erzähler kennen, deren Gedanken vor allem durch eins geprägt sind: Die Liebe. Diese zeigt sich in den verschiedenen Geschichten in ganz unterschiedlichen Ausprägungen und Phasen: Mal im Erblühen, mal schon lange vergangen, mal in einer Krise oder über die Jahre gewachsen und gefestigt. Wie die Liebe selbst befinden sich die Charaktere in ganz unterschiedlichen Phasen ihres Lebens, und so tauchte ich in völlig verschiedene Gedankenwelten ein.

Die Atmosphäre des Buches ist vor allem melancholisch, die Charaktere setzen sich intensiv mit ihrer Liebe auseinander und erleben sowohl in der Gegenwart als auch im Rückblick so manche Hochs und Tiefs. Gemeinsam mit ihnen erlebt man als Leser so manche bittersüße Momente, die mich sehr berührt haben. Vor allem die vierte und letzte Geschichte hat mich sehr ins Nachdenken gebracht. Den Verlauf der dritten Geschichte konnte ich hingegen von Beginn an vorhersehen, weil eine Folge der Serie „Modern Family“ einen ganz ähnlichen Verlauf nimmt.

Mit dem Abschluss der vierten Geschichte schließt sich auch der Kreis der Verbindungen zwischen den Erzählern. Ich fand es sehr schön, dass die Handlungen nicht für sich allein stehen, sondern gemeinsam noch etwas Größeres erschaffen. Auch fand ich es gelungen, dass ich auf den letzten Seiten noch einmal ganz kurz zu jeder der vier Geschichten zurückkehren durfte und erfuhr, was nach den intensiven Phasen, in die mir die Erzähler zuvor einen Einblick gewährt hatten, geschah. Für mich ein wirklich gelungener Abschluss dieses nachdenklichen Sommerromans.

Fazit
„Die vier Jahreszeiten des Sommers“ nimmt den Leser mit in das Leben und die Liebesgeschichten vier ganz verschiedener Charaktere. Sie alle sind in völlig verschiedenen Phasen, sowohl was ihr Alter als auch was ihre Liebe angeht, und doch kreuzen ihre Wege sich an einem Tag im Sommer. Mich haben die bittersüßen Momente der Liebe, an denen ich teilhaben durfte, berühren können. Sehr gerne empfehle ich das Buch weiter.

Donnerstag, 28. Juli 2016

[Rezension Ingrid] Ein Monat auf dem Land von J.L. Carr


*Werbung*
Titel: Ein Monat auf dem Land
Autor: J.L. Carr
Übersetzerin: Monika Köpfer
Erscheinungsdatum: 19.07.2016
Verlag: Dumont Verlag (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Lesebändchen

„Ein Monat auf dem Land“ des schon vor Jahren verstorbenen Autors  J.L.Carr erscheint zum ersten Mal in deutscher Sprache. Das Cover des Buchs wirkt schlicht, aber doch wertvoll in seiner Einfachheit, so wie das Leben auf dem Land. Ein Blatt in Form eines Vogels hebt sich haptisch und glänzend von einem cremeweißen, strukturierten Untergrund ab.

An einem regnerischen Sommertag im Jahr 1920  kommt der Londoner Restaurator Tom Birkin am Bahnhof des kleinen Städtchens Oxgodby in Yorkshire an. Er hat den Auftrag angenommen, ein Wandgemälde aus dem Mittelalter in der Kirche freizulegen. Mit in seinem Gepäck hat er neben wenigen Dingen für das alltägliche Leben einen Haufen Erinnerungen an seine Zeit als Soldat im 1. Weltkrieg. Sichtbar geblieben ist ihm aus dieser Zeit ein ständiges Zucken im Gesicht.

Tom liebt seine Arbeit. Und hier, weit entfernt von der Hektik der Großstadt, findet er die Ruhe die er benötigt, um seine Gedanken zu ordnen. Neben den furchtbaren Kriegserfahrungen beschäftigt ihn vor allen Dingen, dass seine Frau ihn wegen eines anderen Mannes verlassen hat. Nicht jeder in der Dorfgemeinschaft freut sich über seine Anwesenheit. Doch die Schönheit der Landschaft und die Herzlichkeit der meisten Ortsansässigen geben ihm den nötigen Abstand zu seiner Vergangenheit und die Ruhe dazu, sein Leben neu auszurichten.

Die Geschichte wird in der Ich-Erzählperspektive Tom Birkins geschildert. Auf diese Weise kann der Leser auch seinen Gedanken folgen. Tom ist ein guter Beobachter. Personen weiß er so zu beschreiben, dass man sie sich gut vorstellen kann. Beispielsweise ist da der geizig erscheinende Pfarrer Keach mit seiner bezaubernden, an seiner Arbeit interessierten Frau. Oder auch Charles Moon, ein Ausgräber vor Ort, der zu einem guten Kumpel von ihm wird. Die Familie des Stationsvorsteher und Laienpredigers Ellerbeck nimmt sich seiner in besonderer Weise an und er erhält dadurch die Möglichkeit am Dorfleben aktiv mitzuwirken.

Tom Birkin erzählt in der Retrospektive. Sehr viele Jahre später erinnert er sich mit Wehmutl an die damalige Zeit. Über seinen derzeitigen Status erfährt man nichts. Dennoch verbleibt beim Leser der Eindruck, dass er sein Glück sowohl im Beruf als auch in der Liebe gefunden hat. Der Monat oder eigentlich mehrere Wochen in der ländlichen Gegend von Oxgodby haben ihn verändert, er hat sich mit seiner Vergangenheit ausgesöhnt. In der ihm zur Verfügung gestellten Glockenturmkammer  lebt er sehr bescheiden und ist mit Wenigem zufrieden. Er versucht zu verstehen, warum seine Frau ihn verlassen hat und beginnt langsam sich für neue Erfahrungen zu öffnen. Besonders stolz macht ihn in dieser Zeit, dass seine Fähigkeiten als Restaurator Anerkennung finden. Seine Arbeit am Wandgemälde gibt der Autor realistisch und mit Kenntnissen wieder.

J.L. Carr ist gebürtig aus Yorkshire und versteht es, die Liebe zu seiner Heimat in diesem Buch dem Leser zu vermitteln. Ein heiterer Grundton überlagert die schrecklichen Erinnerungen des Protagonisten. Der Autor erzählt mit sehr viel Einfühlungsvermögen. „Ein Monat auf dem Land“ ist eine berührende Geschichte, die in Erinnerung bleibt, daher meine Leseempfehlung.


Mittwoch, 27. Juli 2016

[Rezension Ingrid] Zum Glück braucht mich niemand von Liv Marit Weberg


*Werbung*
Titel: Zum Glück braucht mich niemand
Fortsetzung zum Buch "Zum Glück bemerkt mich niemand ... dachte ich" (Rezension)
Autorin: Liv Marit Weberg
Übersetzerin: Nora Pröfrock
Erscheinungsdatum: 23.06.2016
Verlag: Sauerländer Verlag (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover

Da wo der Debütroman „Zum Glück bemerkt mich niemand … dachte ich“ von Liv Marit Weberg aufhört, beginnt die Fortsetzung im Buch „Zum Glück braucht mich niemand“. Die Protagonistin Anne-Lise lebt jetzt mit ihrem Freund Stian, der von ihr Brille genannt wird, in Troms im Norden Norwegens und arbeitet gemeinsam mit ihm in der Zoohandlung seiner Tante. Doch die nach außen wirkende schöne Fassade einer glücklichen Beziehung verbunden mit Erfolg am Arbeitsplatz beginnt langsam zu bröckeln. Anne-Lise ist klar, dass ein Zusammenleben mit ihr nicht einfach ist. Doch welche Anstrengungen sie auch unternimmt, sie sehnt sich danach, sich so wie früher zurückzuziehen und einzuigeln. Darum fährt sie zu ihrer Mutter.

Hat sie in Troms noch die Chance gesehen, ein neuer Mensch zu sein weil niemand sie kennt, begegnet sie nun Personen aus ihrer Vergangenheit. Aber gerade diese Stigmatisierung auf bestimmte Eigenschaften die ihr früher eigen waren und von denen man nun erwartet, dass sie diese immer noch besitzt, bringt sie nun dazu, neue Wege zur Selbstverwirklichung zu beschreiten. Jeder Kontakt mit der Außenwelt wird von ihr durchdacht und geplant. Meistens nimmt sie dazu das Internet zu Hilfe. Doch die von ihr eingeübten Szenarien passen manchmal nicht in die Alltagssituation hinein. Das führt natürlich zu einer Reihe von Peinlichkeiten. Sie sieht dadurch ihre negative Ansicht auf sich selbst immer wieder bestätigt. Sie glaubt, dass sie nicht gebraucht wird. Dann aber zeigt sich mit und mit die Wirkung des von ihr besuchten Kurses zur Selbstentwicklung, von dem sie eigentlich überzeugt war, dass er sie nicht verändern wird.

Die rot lackierten Fußnägel auf dem Cover schienen mir noch bevor ich mit dem Lesen begonnen hatte, einen Hinweis darauf zu geben, dass ihre Trägerin damit in ihrer Umgebung auffallen möchte. Ich hielt das für einen Versuch Anne-Lises aus ihrem Schneckenhaus herauszukommen. Die Vorkenntnisse des ersten Bands sind nicht unbedingt notwendig. Das Lesen des ersten Teils bringt dem Leser aber die Protagonistin schon so nahe, dass er von der ersten Seite an darauf hofft, Anne-Lise möge diesmal mehr Glück dabei haben. eine Strategie zur Überwindung ihrer Schüchternheit zu entwickeln. Ob es ihr gelingt, verrate ich hier natürlich nicht.

Die Autorin spielt wie in ihrem Debütroman zur Erheiterung der Leser wieder mit Übertreibungen. Sicherlich hat sie auch diesmal ihre eigenen Erfahrungen mit ihrer Schüchternheit einfließen lassen.  Im Vergleich zum ersten Band wirkte Anne-Lise auf mich gereifter und nicht mehr ganz so naiv.

Letztlich zeigt sich, dass das Buch ein Appell an all diejenigen ist die mit ihrer Schüchternheit und deren Folgen kämpfen, sich Hilfe zu suchen, die professionelle Lösungsansätze bietet. Trotz der überspitzten Darstellung der Realität zu einem ernsten Thema habe ich mich auch diesmal wieder amüsiert. Daher empfehle ich das Buch gerne an Jugendlich ab 14 Jahren, junge Erwachsene und interessierte ältere Leser weiter.

Montag, 25. Juli 2016

[Rezension Hanna] Wir sind nicht zu fassen - Kurt Dinan


Wir sind nicht zu fassen
Autor: Kurt Dinan
Übersetzerin: Petra Hucke
Hardcover: 320 Seiten
Erschienen am 25. Juli 2016
Verlag: Magellan

Inhalt
An der Asheville-Highschool gibt es seit Jahrzehnten den Chaos-Club, der bekannt ist für seine legendären Streiche, bei denen er noch nie erwischt wurde. Deshalb kann es Max kaum glauben, als ausgerechnet er, dessen Durchschnittlichkeit ihn in der Schule beinahe unsichtbar macht, vom Club eingeladen wird. Der Treffpunkt soll der Wasserturm bei der Schule am späten Abend sein, wo er auf vier Mitschüler trifft, die die gleiche Einladung erhalten haben. Doch trotz aller Vorsicht werden die fünf hereingelegt und sinnen auf Rache. Durch eigene Streiche wollen sie die Mitglieder des Chaos-Clubs identifizieren. Ob der Plan gelingen wird?

Meinung
Ich habe das Buch überraschend erhalten und habe ehrlich gesagt mit Titel und Cover zu Beginn wenig anfangen können. Eine gehörnte Kuh blickt den Leser an, über ihren Hörnern in krakeliger Schrift das Versprechen, dass man nicht zu fassen sei. Neugierig, ob es denn überhaupt etwas für mich ist, startete ich in die Geschichte.

Von Beginn an legt das Buch ein gutes Tempo vor und macht den Leser mit Max bekannt. Die erste Überraschung für mich war, dass er älter ist, als ich vermutet hätte, nämlich sechzehn. Innerhalb weniger Seiten lernt man vier seiner Mitschüler kennen, mit denen er gemeinsam in die Falle tappt. Aus fünf ganz verschiedenen Jungen und Mädchen, die höchstens gemeinsam haben, keine Chance auf den Sieg im Beliebtheitswettbewerb zu haben, wird im Nu eine verschworene Gemeinschaft. Sie alle haben ihre kleinen Macken und wurden mir trotzdem oder vielleicht gerade deshalb schnell sympathisch. Ihr Plan, nun selber Streiche zu planen, versprach eine chaotisch-lustige Geschichte.

Der Autor schlägt einen lockeren, aber nicht zu jugendlichen Tonfall an, der meinen Geschmack traf. Eine tolle Idee waren die „Gangsterregeln“, die Max beim Filme schauen gelernt hat und nun selber anwenden will. Mit dem humorlos-cholerischen Lehrer Stranko und dem mysteriösen Chaos-Club kämpfen „Die fünf vom Wasserturm“ gleich an zwei Fronten. Wer kreative Streiche klasse findet, kommt dabei auf seine Kosten. Sowohl Max und seine Freunde als auch der Chaos-Club starten eine ganze Reihe an Aktionen.

Die verschiedenen Streiche stehen im Mittelpunkt der Geschichte und sind vom Typ her ziemlich verschieden – mal kreativ, mal etwas eklig, mal zerstörerisch. Mir haben die verschiedenen Aktionen unterschiedlich gut gefallen. Einige fand ich total unterhaltsam und hätte so etwas zu gern einmal selber erlebt, bei anderen kam ich über ein gequältes Lächeln nicht hinaus oder stolperte darüber, dass es in diesem Ausmaß niemals wirklich funktionieren würde.

Die Streiche sind über das ganze Schuljahr verteilt, und in dieser Zeit entwickeln sich auf die einzelnen Mitglieder der Wasserturm-Clique weiter. Vor allem Max hinterfragt immer wieder die Pläne und Ziele, diese nachdenklichen Phasen wirkten auf mich, als wolle der Autor – ein amerikanischer Lehrer – seinen Lesern noch ein wenig Moral mit auf den Weg geben. Diese kurzen Phasen der Reflexion fand ich trotzdem gut, denn der Spaß geht dabei nie ganz verloren und der Spaß blieb immer im Vordergrund. Für den finalen Streich zieht der Autor alle Register und konnte sich noch einmal übertreffen. Nur die allerletzten Seiten haben mich etwas enttäuscht, denn hier wird in Windeseile ein Türchen gebaut, das den Weg in eine mögliche Fortsetzung offen lässt, die allerdings laut Aussage des Autors noch nicht sicher ist. 

Fazit
Meine anfängliche Frage, ob „Wir sind nicht zu fassen“ etwas für mich ist, kann ich nach dem Lesen mit einem klaren Ja beantworten. Dieses Buch über Streiche mit nur einer kleinen Prise Moral macht großen Spaß. Wer einen guten Streich zu würdigen weiß, dem wird diese Geschichte bestimmt gefallen!

Donnerstag, 21. Juli 2016

[Rezension Ingrid] Die Bücherfreundinnen von Jo Platt


*Werbung*
Titel: Die Bücherfreundinnen
Autorin: Jo Platt
Übersetzerin: Katharina Naumann
Erscheinungsdatum: 21.05.2016
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur

Alice, Miriam, Connie, Abigail und Sophie sind „Die Bücherfreundinnen“ im gleichnamigen Buch von Jo Platt. In regelmäßigen Abständen treffen sie sich seit mehreren Jahren bei einer der Freundinnen zu Hause und reden über Bücher. Jon ist der einzige Mann in diesem Kreis und eigentlich auch nur auf den ausdrücklichen Wunsch seiner Frau Lydia. Sie ist vor ungefähr drei Jahr gestorben und war Gründungsmitglied des Clubs. Für alle Mitglieder war das ein schwerer Verlust der immer noch bei ihnen nachhallt. In verschiedenen Zwischenkapiteln erfährt man in kurzen Szenen mehr über Lydias Freundschaft zu Alice.

Das Cover ist auffallend in Gelb mit schwarzer Schrift gehalten, ein roter Apfel leuchtet dem Leser entgegen. Er steht als Symbol für die Liebe, denn darum geht es in diesem Buch. Die Protagonistin Alice, die diesen Roman in der Ich-Form erzählt, ist auf der Suche nach einem neuen Lebensgefährten. Sie ist nach einer längeren Beziehung wieder Single. Ihre Freundinnen glauben, dass es für sie an der Zeit wäre wieder einen neuen Partner zu finden. Daher erhält sie von ihnen nicht nur gute Ratschläge, sondern auch konkrete Vorschläge für Dates. Alice ist für alles offen, doch ein Funken scheint zunächst nicht über zu springen. Der einzige Mann zu dem sie sich hingezogen befindet sich in ihrem nahen Umfeld, hat aber eine Freundin.

Obwohl das Buch mit dem Tod Lydias auch einen ernsten Hintergrund hat, überwiegen die freundlich heiteren Momente. Den Kummer mit ihren potentiellen Liebschaften nimmt Alice mit Fassung und Humor. Die Autorin nutzt bei der Geschwindigkeit, mit der ihre Protagonistin sich auf die von den Freundinnen vorgeschlagenen Kandidaten einlässt, das Stilmittel der Übertreibung. Das bringt einerseits die Geschichte voran, andererseits sorgt es für einige komische Situationen.

Zu Beginn des Buchs fand ich die vielen Charaktere ziemlich verwirrend, zumal jede Figur auch noch einen Ehemann, Kind oder Schwester hat. Auf der Innenseite der vorderen Klappe ist jede der Hauptfiguren kurz umrissen, was mir den Einstieg schließlich erleichtert hat. Die dargestellten Charaktere sind sehr unterschiedlich und haben ihre Höhen und Tiefen. Das erscheint überaus realistisch. Schön ist es zu lesen, wie die Freundinnen und Jon zusammenhalten und sich gegenseitig behilflich sind, wenn es einem aus der Gruppe nicht so gut geht.  

Der Roman ist leicht lesbar und sorgt mit seiner nicht zu tiefsinnigen Geschichte für einige kurzweilige, unterhaltsame Lesestunden. Dafür gebe ich gerne eine Leseempfehlung.


Mittwoch, 20. Juli 2016

[Rezension Ingrid] Für immer in deinem Herzen von Viola Shipman


*Werbung*
Titel: Für immer in deinem Herzen
Autorin: Viola Shipman
Übersetzerin: Anita Nirschl
Erscheinungsdatum: 25.05.2016
Verlag: Krüger Verlag (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur

„Für immer in deinem Herzen“ von Viola Shipman ist ein Roman, der den Leser dazu bringt über das Erreichte im Leben nachzudenken, so wie es die Protagonistinnen Lolly, Arden und Lauren im Buch tun. Die gerne auffällig gekleidete Lolly, die gerne die Aufmerksamkeit ihrer Mitmenschen auf sich zieht, ist die Mutter von Arden und die Großmutter von Lauren. Sie besitzt genau wie ihre Mutter ein Bettelarmband mit einer Vielzahl von Anhängern, die sie an besondere Ereignisse in ihrem Leben erinnern. Auf dem Cover des Buchs glitzern einige Charmeanhänger in Gold, zu denen das Buch eine Geschichte erzählt. Sie sind in einen stilisierten Baum eingearbeitet, der symbolisch für die Familie steht. Auf diese Weise zeigen sie, wie über alle Zeiten Erzählungen einen Zusammenhang über Generationen hinweg schaffen können.

Auch Lolly hat ihrer Tochter ein Bettelarmband geschenkt, doch Arden, die im Gegensatz zu ihrer Mutter sehr viel in sich gekehrter ist und vom Äußeren her unauffällig bleibt, lebt lieber im hier und jetzt, statt sich zu erinnern. Ihre Kette mit den Anhängern trägt sie schon lange nicht mehr. Ihren ursprünglichen Wunsch Schriftstellerin zu werden hat sie aufgegeben, weil dieser Traum ihr nicht genug Einkünfte versprach. Sie lebt nach der Trennung von ihrem Mann als alleinerziehende Mutter und arbeitet in der Webredaktion einer Zeitschrift. Damit ermöglicht sie sich das von ihr gewünschte Leben in der Großstadt Chicago und außerdem ihrer Tochter ein Studium der Wirtschaft. Zufrieden ist sie jedoch nicht. Und auch Lauren hätte lieber Kunst studiert und wäre gerne Malerin geworden. Beide erhalten eines Tages einen Brief mit jeweils einem neuen Anhänger. Die wenigen beiliegenden Zeilen dazu von Lolly führen dazu, dass beide sich Sorgen um deren Gesundheit machen. Arden verabredet mit Lauren einen Besuch ihrer Mutter. Für beide wird es ein Ausflug mit Konsequenzen.

Obwohl Lollys Gesundheit angegriffen ist, gibt es nicht einen Moment an dem sie es nicht aus vollen Zügen genießt. Menschen treffen und mit ihnen Neuigkeiten und Erfahrungen austauschen, die Jahreszeiten mit ihren Vor- und Nachteilen wahrnehmen, mit Freude ihrer Arbeit nachgehen, Leib und Seele verwöhnen. Der Roman zeigt aber nicht nur die positiven Seiten unseres Daseins, sondern auch die Schattenseiten, die wir durch Krankheit erfahren. Auch die Forderungen die der Beruf an uns stellt und viele Stunden unserer Lebenszeit verschlingt werden thematisiert. Jedoch steht im Vordergrund immer Lollys Aussage, dass jeder sein Glück finden kann wenn er es nur will. Meiner Meinung nach müssen aber zusätzlich die finanziellen Möglichkeiten gegeben sein. Insoweit kann ich verstehen, warum Arden so an ihren Job gebunden ist. Ich freue mich, dass sie Menschen hat, von denen sie Unterstützung dafür findet, ihre Träume umzusetzen. Denn auch dies halte ich für eine wesentliche Voraussetzung, ums ich selbst verwirklichen zu können. Lolly berücksichtigt diese Tatsache leider nicht.

Das Buch ist leicht lesbar und neben Kapiteln auch in einzelne Teile unterteilt, die jeweils einem Charmanhänger gewidmet sind. Mit der Neugier danach zu erfahren, welche weiteren Anhänger beschrieben werden und welche Geschichten aus der Vergangenheit Lollys dahinter stehen, liest sich das Buch sehr zügig und spannend. Der Art und Weise mit der die Autorin ihre Erzählungen geschrieben hat merkt man ihre eigene Begeisterung für Bettelarmbänder an, die auch ihre Großmutter bereits besessen hat.

Dieses Buch ist mit viel Liebe für das Leben geschrieben. Obwohl die Geschichte durchaus stellenweise nachdenklich stimmt, ist der Roman überwiegend heiter und vor allem aufmunternd. Er ist ein Plädoyer dafür, jeden Tag zu genießen und seine Träume zu verwirklichen Dafür gebe ich gerne eine Leseempfehlung.

Montag, 18. Juli 2016

[Rezension Ingrid] Blasmusikpop von Vea Kaiser


*Werbung*
Titel: Blasmusikpop
Autorin: Vea Kaiser
Erscheinungsdatum: 31.07.2012
Verlag: Kiepenheuer & Witsch (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen

„Blasmusikpop“ ist der Debütroman von Vea Kaiser, in dem sie die ungewöhnliche Lebensgeschichte der Familien Irrweins und Gerlitzens, die in einem abgelegenen Alpenbergdorf in Österreich wohnen, über mehrere Generationen hinweg erzählt. Die Schilderungen der Autorin gehen über Jahrzehnte, dennoch ist es der jüngste Spross der Familie Johannes A. Irrwein der eigentlich im Mittelpunkt steht. Die Kapitel werden von kursiv gesetzten Texten beendet, in der die historische Geschichte des Dorfs, aufgezeichnet von eben jenem Johannes, erzählt wird. In diesen Aufzeichnungen wird der Leser auch eine Erklärung für den Untertitel des Buchs „wie die Wissenschaft in die Berge kam“ finden.

Einen Überblick, der eine erste Vermutung zulässt, welch munteres Treiben im Roman zu finden ist, bekommt man auf der ersten vordersten sowie hintersten Innenseite. In einer schematischen Zeichnung sind dort die Anordnung der wichtigsten Häuser des Orts sowie deren Bewohner zu sehen. Das Dorf hat es im Laufe seiner Existenz aufgrund seiner Abgeschiedenheit geschafft, sich weitestgehend autark zu halten und ohne Einflüsse aus der Umgebung. Aber bereits den Urgroßvater von Johannes zog es in die Welt hinaus und seine Neugierde an den Geschehnissen außerhalb der Heimat blieb auch nach seiner Rückkehr erhalten. Beim Vater von Johannes, der aus Tradition Holzschnitzer gelernt hatte, weckte eine Bandwurmerkrankung den Sinn danach, Arzt zu werden und so verließ er kurz nach der Geburt seiner Tochter Ilse das Dorf, ohne in den Folgejahren von sich hören zu lassen.

So wuchs Ilse in den ersten Jahren vaterlos auf. Jedoch gab es immer genügend helfende Hände, die Ilses Mutter zur Seite waren. Der nach neun Jahren zurückgekehrte Vater hatte Probleme damit, Zugang zu seiner Tochter zu finden. Sie war inzwischen mit den Traditionen und Bräuchen des Orts so verbandelt, dass sie für seine wissenschaftlichen Interessen kein Verständnis aufbringen konnte. Auch in diesen letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in denen Ilse aufwächst, finden technische Errungenschaften nur mühsam ihren Weg ins Dorf. Johannes A. Irrwein ist das einzige Kind von Ilse und Alois, dem Zimmermann. Doch statt sich für das Handwerk zu begeistern, hilft er lieber seinem Opa bei seinen Forschungen. Zum Leidwesen seiner Mutter findet er genügend Unterstützung dafür, statt wie im Ort üblich auf die Volksschule, im Tal aufs Gymnasium zu gehen.

Der Leser darf im Folgenden erleben wie Johannes, der sich bewusst ist, dass er ganz anders wie seine Altersgenossen ist, zu sich selber findet. Für ihn ist es nicht, einfach den Erwartungen der Dorfgemeinschaft und auch der seiner Eltern entgegenzutreten. Die Autorin ist selber in solch einem kleinen Ort aufgewachsen und man merkt der Harmonie ihres Schreibstils an, dass sie ihre eigenen Erfahrungen in den Schilderungen unterbringt. Liebevoll charakterisiert sie jeden einzelnen Bewohner mit seinen Ecken und Kanten. Vor allem Johannes wurde mir sympathisch und ich konnte sein Verhalten zu Personen, die es gut mit ihm meinten, deren Rat er aber nicht befolgen wollte, nachvollziehen. Es ist nicht einfach von einer Art Gruppenzwang abzuweichen.

Eingebettet in eine bezaubernde Bergwelt wünscht man sich als Leser etwas von der Gleichförmigkeit des Lebens, die im Bergdorf des Romans vorhanden ist, mit einer gewissen Gelassenheit für sich selbst. Der Dialekt in dem die Autorin die Bewohner sprechen lässt, fängt die ganz besondere Stimmung des Ortes und des Miteinanderseins ein. Vea Kaiser zeigt auf, dass es auch in solch einer kleinen 400-Seelen-Gemeinde durchaus Highlights gibt, sei es durch den neuen Stürmerstar beim Fußball oder dem ewigen Tratsch, der ein Windeseile auch die kleinste Abweichung vom Alltag im ganzen Dorf weiter verbreitet.

Die Autorin, die in ihrem Debüt eigentlich nur von täglichen Höhen und Tiefen des Lebens im Ort beziehungsweise vom Schulalltag im Gymnasium von Johannes schreibt, tut dies auf eine so amüsante, charmante Weise, sodass sie den Leser in seinen Bann zieht und ihn vielfach zum Schmunzeln bringt. Gerne empfehle ich das Buch an Jedermann weiter.

Dienstag, 12. Juli 2016

[Rezension Ingrid] Das Leuchten meiner Welt von Sophia Khan


*Werbung*
Titel: Das Leuchten meiner Welt
Autorin: Sophia Khan
Übersetzerin: Gabriele Weber-Jaric
Erscheinungsdatum: 13.06.2016
Verlag: Diana Verlag (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur (Leseexemplar)

„Das Leuchten meiner Welt“ ist der Debütroman von Sophia Khan. Die Autorin selbst ist sowohl in den USA wie auch in Pakistan aufgewachsen, wo sie auch heute lebt. In der vorliegenden Geschichte verbindet sie beide Kulturen. Ihre Protagonistin Irenie ist die Tochter eines US-amerikanischen Vaters und einer pakistanischen Mutter. Der Roman gliedert sich in zwei Teile von denen der erste in den USA und der zweite zu einem großen Teil in Pakistan spielt. Das Cover, auf dem unter anderem Poststempel zu sehen sind,  lässt den Leser ahnen, dass Briefe in diesem Buch eine Rolle spielen. Sie sind es, die der 15-jährigen Irenie eine ganz andere Seite ihrer seit fünf Jahren verschwundenen Mutter zeigen und deren wohl gehütetes Geheimnis lüften.

Der Dachbodenfund einer Kiste mit Briefen eröffnet Irenie eine lange währende Liebesromanze zwischen ihrer Mutter und einem Mann namens Ahmed. Jedes Kapitel beginnt mit kursiv gesetzten Sätzen voller Gefühl und schon bald wird deutlich, dass es wohl Sätze aus den gefundenen Briefen sein müssen. Für Irenie ist die Entdeckung zunächst ein Schock. Irgendwo in ihrem Innersten hatte sie auch nach so langer Zeit immer noch die Hoffnung, ihre Mutter Yasmeen, auch Yasi genannt, wieder zu sehen.

Doch mit dem Fund der Briefe wird ihr klar, dass Yasmeen sie niemals lebend auf Dauer zurück gelassen hätte. In ihr erwacht Eifersucht auf Ahmed. Sie fühlte sich immer auf dem ersten Platz im Herzen ihrer Mutter und nun muss sie feststellen, dass eine ihr unbekannte Person sie und auch ihren Vater dort verdrängt hat. Das Verhältnis zu ihrem Vater war immer schwierig, eine offene Aussprache nicht möglich. In ihr erwacht der Wunsch mehr über das Liebesverhältnis ihrer Mutter zu erfahren. Und vor allem fragt sie sich, warum beide einen anderen Ehepartner gewählt haben. Durch eine Reise zu ihren Großeltern nach Pakistan erhofft sie sich Antworten auf ihre Fragen.

Im ersten Teil des Buchs kommt Irenie dem Geheimnis der Briefe auf die Spur. Die Geschichte wird wechselnd aus ihrer Sicht in der Ich-Form erzählt sowie mit Blick auf James, den Vater. Beide versuchen sich an gemeinsame Erlebnisse mit Yasmeen zurückzuerinnern. Der Altersunterschied zwischen Yasi und James war groß und sie unterschieden sich in vielen Dingen. Nachdem Yasmeen verschwunden war, übernahm Irenie wie selbstverständlich die Rolle ihrer Mutter als Haushälterin. James, der als Kind einen großen Verlust erlebt hat, ist unfähig sich mit seiner Tochter verbal auseinanderzusetzen. Erst mit und mit wird dem Leser deutlich, dass er weitaus mehr über den Verlust seiner Frau weiß, als er Irenie je gesagt hat. Durch seine Rückerinnerungen entfaltet sich für den Leser das Bild eines Menschen, der nicht nur Sympathien weckt.

Zunächst fand ich eher mühsam in die Erzählung hinein, was wahrscheinlich an dem Nebeneinander von Irenie und ihrem Vater lag. Dieses Unverständnis füreinander wirkte befremdlich auf mich, die Distanz der beiden vermittelte eine kühle Atmosphäre. Je mehr die Zwei jedoch von dem erzählten, was sie bewegt und woran sie sich erinnern, desto besser konnte ich mir beide umgeben von Arbeitskollegen oder Freunden vorstellen und desto deutlicher wurde mir der Schmerz des Verlusts den die beiden erlitten haben. So wurde auch verständlich, warum es für Irenie wichtig war, sich auf die Suche nach der wahren Geschichte hinter der Romanze Yasmeens zu begeben.

Im weiteren Verlauf konnte ich so neben dem, was Irenie über ihr Teenagerleben in Amerika erzählt im Vergleich dazu eine andere Kultur kennenlernen, während die Autorin den Besuch ihrer Protagonistin in Pakistan bei ihren Verwandten schildert. Es entfaltet sich in diesem Buch eine lesenswerte schicksalhafte Liebesgeschichte, die getragen wird von Charakteren, die lernen müssen sich in den anderen einzufühlen und aufeinander zuzugehen. Gerne gebe ich hierzu eine Leseempfehlung.

Sonntag, 10. Juli 2016

[Rezension Hanna] Red Rising. Im Haus der Feinde - Pierce Brown


Red Rising. Im Haus der Feine
Autor: Pierce Brown
Paperback: 576 Seiten
Erschienen am 13. Juni 2016
Verlag: Heyne
Link zur Buchseite des Verlags

Die Reihe

Band 1: Red Rising (Rezension)
Band 2: Red Rising. Im Haus der Feinde
Band 3: Red Rising. Tag der Entscheidung (ET: 12. September 2016)

Inhalt
Über zwei Jahre ist es her, dass Darrow zu einem Goldenen wurde und sich am Institut beweisen musste. Dort hat er Freunde und Verbündete gewonnen, sich aber auch Feinde gemacht. Nun soll er sich als Lanzenträger des Hauses Augustus eine Flotte verdienen. Doch Darrow droht, in Ungnade zu fallen – will der Patriarch des Hauses Augustus ihm etwa der Familie Bellona zum Fraß vorwerfen, die ihn unbedingt tot sehen will? Eins ist sicher: Darrow wird nicht kampflos aufgeben. Er hat seine eigene Strategie, um auf dem politischen Parkett zu bestehen und seine eigenen Pläne umzusetzen. Und auch die Söhne des Ares haben ihn nicht vergessen…

Meinung
Nach dem actiongeladenen, düsteren Auftakt der Trilogie habe ich mich sehr auf ihren zweiten Teil gefreut. Wie wird es für den Roten im Körper eines Goldenen weitergehen, nachdem der das Institut hinter sich gelassen hat? Als Lanzenträger des Hauses Augustus dient er nun Nero au Augustus, dem Mann, der in Darrows altem Leben die Exekution seiner Frau Eo angeordnet hat. Ohne große Rekapitulation der Ereignisse wurde ich mitten in die Handlung geworfen, die über zwei Jahre nach Darrows Sieg im Institut beginnt.

Darrow wurde von seinem Haus an die Akademie geschickt, die nun kurz vor dem Abschluss steht. Auf den ersten Seiten wird der Leser gleich Zeuge der entscheidenden Weltraumschlacht. Der Autor fährt gleich schwere Geschütze auf und bietet einen actionreichen, brutalen Kampf, in dem hunderte Leben auf dem Spiel stehen. Was in den zwei Jahren dazwischen passiert ist, erfährt man nur bruchstückhaft. Stattdessen ließ ich mich auf Darrows neue Position ein und folgte ihm auf seinem weiteren Weg nach vorn, ohne zurückzublicken.

Der Autor bleibt seinem Rezept in diesem Buch treu. Er bietet dem Leser eine Menge an Kämpfen auf Leben und Tod, in denen es äußerst brutal zugeht und eine derbe Sprache gesprochen wird. War der erste Teil noch auf das Überleben am Institut beschränkt, geht es nun um Konflikte in der Weltengesellschaft. Darrow muss den politischen Ränkespiel voller Intrigen, Verrätern, Plänen und Gegenplänen seinen eigenen Kopf behalten, seine Freunde beschützen und gleichzeitig an der Verwirklichung seines größeren Plans einer Revolution arbeiten. Das Tempo ist sehr hoch und immer wieder kommt es zu überraschenden Wendungen. Wem kann er wirklich vertrauen? Und wer ist jederzeit bereit, die Seiten zu wechseln?

Viele der Charaktere sind schon aus dem ersten Teil bekannt, sie entwickeln sich in diesem Teil weiter und man lernt sie besser kennen. Dennoch blieben einige von ihnen undurchsichtig und ihre Handlungen schwer einzuschätzen. Das Buch ist erneut aus der Ich-Perspektive Darrows geschildert, sodass ich einen äußerst subjektiven Blick auf das Geschehen erhielt. Er ist ruhelos, immer mitten im Geschehen und gleichzeitig schon bei der Planung des nächsten Schritts.

Manchmal fiel es mir schwer, auf Basis von Darrows Schilderungen den Überblick zu wahren. Hier hätte dem Buch die eine oder andere Verschnaufpause gut getan, um einige Dinge zu sortieren. Dass sich Darrow als Über-Mensch präsentiert, dem immer wieder absolut unmögliches gelingt, muss man einfach akzeptieren. Immerhin muss er dafür auch so manch bitteren Tribut zahlen. So las ich mich durch große Schlachten, entscheidende Zweikämpfe, große Reden und geheime Absprachen bis hin zu einem weiteren großen Knall am Ende, der mich neugierig auf den dritten und letzten Teil der Reihe gemacht hat, der im September 2016 erscheint.

Fazit
In „Red Rising. Im Haus der Feinde“ muss sich Darrow neuen Herausforderungen stellen, um seinem großen Ziel einer Revolution näher zu kommen. Der Schwerpunkt des Buches liegt klar auf Action, durch die der Leser mitgerissen wird. Mir fiel es allerdings manchmal schwer, das große Ganze im Blick zu halten. Insgesamt konnte mich das Buch mit seinen Schlachten und Intrigen sehr gut unterhalten. Fans von actionreicher, düsterer Sci-Fi sind bei dieser Reihe absolut richtig!

Dienstag, 5. Juli 2016

[Rezension Ingrid] Die Frauen von La Principal von Lluis Llach


*Werbung*
Titel: Die Frau von La Principal
Autor: Lluís LLach
Übersetzerin: Petra Zickmann
Erscheinungsdatum: 07.03.2016
Verlag: Insel Verlag 
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag

„Die Frauen von La Principal“ ist der Debütroman des Spaniers Lluis LLach. Er erzählt über drei Generationen hinweg die Geschichte von drei Frauen, denen das Weingut La Principal in dem abgelegenen Dörfchen Pous zur Verwaltung und Bewirtschaftung anvertraut wurde. Es ist der Roman über die drei Marias, von der Mutter über die Tochter bis zur Enkelin. Obwohl die Schilderung der Ereignisse im Jahr 1940 beginnt, reichen die Rückblenden über 50 Jahre zurück und auch in die Zukunft.

1893 war für La Principal ein besonders wichtiges Jahr, denn Maria, deren Mutter früh verstorben ist, wurde von ihrem Vater und den vier Brüdern auf dem Familiengut allein zurückgelassen, um dieses „Symbol der Familie“ zu erhalten. Ein Schädling am Weinstock gab dem Winzer wenig Hoffnung auf weitere gute Erträge und so hatte er bereits früh Vorsorge für ein Leben der männlichen Familienmitglieder in Barcelona getroffen. Nachdem sie zunächst mit ihrem aufgezwungenen Schicksal hadert, arrangiert sich Maria, die von allen respektvoll bereits von jungen Jahren an „Die Alte“ genannt wird, schließlich damit. Sie findet ein viel zu kurz dauerndes Liebesglück aus dem eine Tochter hervorgeht, die sie ebenfalls Maria nennt.

Ganz klar zeigt der Autor die gesellschaftliche Stellung der Frau zum damaligen Zeitpunkt auf, die deutlich unter der des Mannes steht. Es ist ein steiniger Weg, den diese erste Maria gehen muss, um als Gutsherrin akzeptiert zu werden. Sie hat aus ihrer bisher untergeordneten Rolle von heute auf morgen Autorität zu zeigen und wichtige Entscheidungen zu treffen. Doch nicht sie ist es der in diesem Buch das Hauptaugenmerk zukommt, sondern ihrer Tochter. Diese zweite Maria wächst in einem wohlbehüteten Heim vaterlos auf. Doch über Jahre hinweg geben ihr die treue Amme und Hausangestellten Úrsula, sowie die Köchin Neus mit ihren Kindern, die sich der Familie verpflichtet fühlen, ein vertrautes Umfeld.

Aufgrund ihrer Stellung fällt es Maria nicht leicht einen Ehemann zu finden. In den 1940ern gab es einen hässlichen Zwischenfall, in der ihr Jugendfreund verwickelt war. Politik und Kirche bestimmten die Regeln des Zusammenlebens und Abweichlern drohten rigide Strafen. Doch nun nach Ende des spanischen Bürgerkriegs nimmt ein Kommissar aus Rius die Aufklärung eines vier Jahre zurückliegenden Mords wieder auf und die Spuren führen zu Maria und den Haushaltsangehörigen. Während der Autor dem Leser die Geschehnisse nebst den Rückblicken schildert, spannt er einen weiteren Handlungsbogen in die Gegenwart des Jahres 2001 auf. Auch hier begegnet man einer starken und selbstbewussten Maria, der Enkelin der „Alten“. Im Folgenden ergänzt sich der Roman zu einem runden Ganzen und noch mehr.

Vermutet man zunächst, dass die Amme Úrsula aus ihren Erinnerungen heraus die einzelnen kursiv gedruckten Einschübe im Buch erzählt, so bringen die gegenwärtigen Ereignisse eine unerwartete Wendung. Neben einer zarten Liebesgeschichte findet sich unter anderem in diesem Buch ein Kriminalroman, ein Bericht, ein Märchen und ja selbst Magie.

Von den Frauen dieses Romans, die hingebungsvoll in ihrer ungewohnten und teils auch ungewollten Rolle für das Anwesen und vor allem den damit verbundenen und auf sie angewiesenen Arbeitern kämpfen, wird jeder Leser sich gerne in den Bann ziehen lassen. “Die Frauen von La Principal“ ist ein gelungenes Debüt und ein Buch, das ich in seiner Vielfalt gerne weiterempfehle.

Sonntag, 3. Juli 2016

[Rezension Hanna] Bretonische Flut - Jean-Luc Bannalec


Bretonische Flut
Autor: Jean-Luc Bannalec
Klappenbroschur: 448 Seiten
Erschienen am 28. Juni 2016
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
Link zur Buchseite des Verlags

Die Reihe

Kommissar Dupin

Band 1: Bretonische Verhältnisse (Rezension)
Band 2: Bretonische Brandung (Rezension)
Band 3: Bretonisches Gold (Rezension)
Band 4: Bretonischer Stolz (Rezension)
Band 5: Bretonische Flut

Inhalt
Mitten in der Nacht wird Kommissar Dupin von einem Anruf aus dem Bett gerissen: In der Fischauktionshalle am Hafen von Douarnenez wurde eine Tote gefunden. Die Frau, die rasch als eine Küstenfischerin identifiziert wird, lag mit durchgeschnittener Kehle in einem Container mit Fischabfällen. Schon bei den ersten Befragungen wird für Dupin deutlich, dass die Tote sich mit ihrem Kampf für die Umwelt und gegen verbotene Methoden der Fischerei nicht nur Freunde gemacht hat. Kurz darauf wird eine zweite Leiche auf der nahe gelegenen Ile de Sein gefunden. Eine Delfinforscherin, ebenfalls mit durchgeschnittener Kehle, die wie die erste Tote auf der Insel wohnte. Dupin begibt sich auf die Suche nach dem Motiv des vermeintlichen Doppelmörders – und muss dazu in alle Richtungen ermitteln.

Meinung
Ein neuer Sommer bringt in inzwischen gewohnter Manier auch wieder einen neuen Fall für Kommissar Dupin mit sich, auf den ich mich schon sehr gefreut habe. Neugierig startete ich in die Geschichte und traf gleich auf einen relativ schlecht gelaunten Dupin, der noch vor seinem ersten café am Morgen schon zu einer Leiche gerufen wird. Rasch ist der Kommissar aber wieder in seinem Element, macht es sich im nahegelegenen Restaurant gemütlich und beginnt, durch gezielte Fragen mehr über die Tote herauszufinden.

Nur wenige Seiten später gibt es schon eine zweite Tote und Dupin gerät unter Druck. Beide Frauen wohnten auf der gleichen Insel, doch welchen Grund könnte jemand haben, sie beide zu ermorden? Was hat die taffe Fischerin und die menschenscheue Forscherin verbunden? Dupin macht sich auf in Richtung Ile de Sein, um mehr darüber zu erfahren. Dazu muss er Fragen in alle Richtungen stellen: Wem war die engagierte Fischerin ein Dorn im Auge? Woran hat die Forscherin zuletzt gearbeitet? Für meinen Geschmack holten Dupins Gesprächspartner aber etwas zu weit aus, sodass die Handlung nur träge in Gang kam und ich einige Längen erlebte.

Dupin erhält natürlich auch dieses Mal wieder Unterstützung von Kadeg, Riwal und Nolwenn. Die vier sind inzwischen ein eingespieltes Team. Nolwenn arbeitet diesmal unter erschwerten Umständen, die ich amüsant fand. Ansonsten gibt es diesmal allerdings so gut wie keine Einblicke ins Leben der Ermittler. Der Leser lernt auch wieder so manche neue Charaktere kennen. Am interessantesten fand ich den Schüler Anthony, ein Schlitzohr mit einer unglaublich guten Auffassungsgabe, sowie den Fischerkönig Morin, der sich aalglatt gibt und Gerüchte über diverse Verbrechen an sich abprallen lässt.

Ab der Hälfte des Buches nimmt die Spannung zu, denn aus den chaotischen Ermittlungen in alle Richtungen kristallisiert sich endlich eine Spur, die Ahnung eines Themas, heraus. Endlich gelang es der Geschichte, mich wirklich zu fesseln. Bald wird es auch noch einmal richtig brenzlig und ich fieberte mit, worauf all die Ereignisse wohl hinauslaufen werden. Nach dieser sehr starken Phase war ich mit den letzten Seiten leider nicht hundertprozentig zufrieden, denn auch wenn ich ab einem gewissen Zeitpunkt schon damit rechnete hätten für mich noch ein, zwei Fragen mehr beantwortet werden dürfen.

Fazit
In „Bretonische Flut“ ermittelt Dupin in gleich zwei Mordfällen, die auf den gleichen Täter hindeuten und unweigerlich die Frage nach der Verbindung zwischen den beiden Toten aufwerfen. Für seine Befragungen muss er unter anderem die Ile de Sein besuchen und erhält Einblicke in die Fischerei und Forschung. Für mich kam die Geschichte sehr spät in Schwung. Wer sich vor allem für die Geschichte der Gegend, ihre Kultur und ihre Mythen interessiert, wird voll auf seine Kosten kommen. Ich fand diesen Fall gut, aber schwächer als die vorherigen, weshalb ich knappe vier Sterne vergebe.

-->