Mittwoch, 28. Februar 2018

[Rezension Ingrid] Leinsee von Anne Reinecke


„Leinsee“ ist der Debütroman von Anne Reinecke und benannt nach dem Ort, an dem die Eltern des Protagonisten Karl bis zur schweren Erkrankung der Mutter in 2005 wohnen und der Vater mit 57 Jahren in Aussicht des Todes seiner Frau Selbstmord begeht. Karl ist zu Beginn der Geschichte erst 26 Jahre alt und lebt als Künstler in Berlin. Seine Eltern sind seit vielen Jahren in der Welt der Kunst zu hohem Ansehen gelangt. Karl ist mit der Begründung, ihm die bestmögliche Erziehung zukommen zu lassen, im Internat aufgewachsen. Dort hat er einen neuen Nachnamen angenommen unter dem er selber nun erfolgreich ist. Seit seinem Abitur vor sieben Jahren war er nicht mehr zu Hause. Jetzt fährt er nach Süddeutschland an den Leinsee, um die Beerdigung seines Vaters zu organisieren und seine todkranke Mutter ein letztes Mal zu sehen. Zum großen Erstaunen erholt sie sich jedoch.

Karl Gefühlswelt ist im Aufruhr. Seine Freundin Mara möchte, dass er wieder nach Berlin zurückkehrt. Doch Karl ist in seinem Leben seiner Mutter noch nie so nah gewesen wie jetzt. Die Bindung und Nähe der Eltern zueinander, sowohl bei ihrer Arbeit wie auch in der Freizeit, war so eng, dass er sich immer ausgeschlossen fühlte. Seine Entscheidung, in Leinsee zu bleiben, wird stark von der achtjährigen Tanja beeinflusst, die eines Tages in einem Baum auf dem Anwesen hockt. Zu ihr entsteht ein ganz besonderes Verhältnis, das sich im Roman über zehn Jahre hinweg entwickelt.

Karl hat sich, ohne vom Erfolg seiner Eltern zu profitieren, einen sehr guten Ruf mit eigenen Arbeiten geschaffen und ist zu Recht stolz darauf. Niemals wird er jedoch den ganz eigenen Lebensstil von Vater und Mutter vergessen, der in ihre Arbeiten einfloss und auch das Fundament für seine eigene Karriere bildet. Denn nur auf dieser Grundlage konnte er seine eigene Persönlichkeit entwickeln und sich deutlich von dem Werk der Eltern abheben. Er weiß genau, was er will, kommt aber durch die nun veränderte Situation in eine unbekannte Lage, die sehr an seiner gewohnten Ordnung zerrt.

Bei seiner Ankunft in Leinsee begegnet ihm der Assistent der Eltern, dem er skeptisch entgegensteht. Obwohl er solange nicht vor Ort war, nimmt er sich alle Rechte eines Sohns. Dennoch bleibt er nahezu unberührt über den Tod des Vaters und ohnmächtig gegenüber der schweren Erkrankung seiner Mutter. Seine Gefühle sind verwirrt und das Kind im Baum bringt eine unbesorgte ungeahnte Leichtigkeit in sein Leben. Sie kommt immer wieder und regt seine Kreativität zu neuen Höhepunkten an so wie er ihre zum Leuchten bringt. Es ist wie ein Spiel mit ihr, in dem er ein Stück seiner eigenen Kindheit und Jugend wieder gibt.

Jedes Kapitel ist mit einer Farbe überschrieben, die ein Adjektiv in sich trägt. Dadurch kommt eine ungewöhnliche Farbenpalette zusammen, die synonym für die Vielfalt von Karls Gefühlen steht. Anne Reinecke schreibt auf den Punkt und scheut auch nicht vor der Beschreibung schwieriger Situationen mit Hass, körperlicher Liebe, großer Traurigkeit und kindlicher Freude zurück. Karl ist ein offener, einfallsreicher Charakter mit Blick für das Neue und gewissen Extravaganzen. Seine Entwicklung im Roman über die Jahre hinweg hat mich sehr berührt.

„Leinsee“ ist ein Roman, so spannend und vielfältig wie das Leben mit Trauer und Trübnis, mit Liebe und Lachen und der Gabe sich und anderen viel Freiraum zur Selbstentfaltung zu gewähren. Er erzählt von einer besonderen Eltern-Kind-Beziehung, vor allem aber auch eine ungewöhnliche Liebesgeschichte. Sehr gerne empfehle ich das Buch weiter.


*Werbung*
Titel: Leinsee
Autorin: Anne Reinecke
Erscheinungsdatum: 28.02.2018
Verlag: Diogenes (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Leseexemplar

Freitag, 23. Februar 2018

[Rezension Hanna] Totenweg - Romy Fölck



*Werbung*
Totenweg
Autorin: Romy Fölck
Hardcover: 380 Seiten
Erschienen am 23. Februar 2018
Verlag: Bastei Lübbe

Inhalt
Frida Paulsen arbeitet als Polizistin in Hamburg. Nach zehn Jahren bei der Schutzpolizei absolviert sie gerade ihr Studium an der Polizeiakademie, um bei der Kriminalpolizei arbeiten zu können. Als sie die Nachricht erhält, dass ihr Vater hinterrücks niedergeschlagen wurde, fährt sie sofort in ihre Heimat im Marschland. Wer hat ihrem Vater das angetan und warum? Bjarne Haverkorn von der Mordkommission aus Itzehoe soll die Tat untersuchen und nutzt die Gelegenheit, um auch seinen Cold Case Marit Ott noch einmal zu beleuchten. 1998 wurde die Jugendliche, die Fridas beste Freundin war, ermordet in einer Scheune gefunden. Während Haverkorn sich in der Gegend umhört, stößt Frida beim Versuch, den Hof ihrer Eltern zu retten, bald auf alte Geheimnisse und neue Feinde.

Meinung
Das Cover von „Totenweg“ zeigt eine weitläufige, verlassene Landschaft mit einer Scheune im Hintergrund. Der perfekte Ort, um unbemerkt ein Verbrechen zu begehen? So ist es zumindest im Jahr 1998 passiert, als Marit Ott an einem solchen Ort ermordet aufgefunden wurde. Das Leben der Protagonistin Frida war danach nicht mehr dasselbe – ihre beste Freundin tot, sie als Ausreißerin im Internat. Bis heute trägt sie ein Geheimnis mit sich herum, obwohl sie es als Polizistin inzwischen besser wissen sollte. Ich war neugierig, sie besser kennenzulernen und in Aktion zu erleben.

Die Nachricht vom Angriff auf ihren Vater erreicht Frida nach wenigen Seiten und so reist sie auf den Hof ihrer Eltern, um ihrer Mutter beizustehen. Gut konnte ich verstehen, dass sie angesichts der schwierigen Lage – ihr Vater ringt um sein Leben und um den Hof steht es schlecht – erst einmal Urlaub nimmt und beschließt, zu bleiben. Auch über Haverkorn, der als Ermittler aus Itzehoe anreist, erfährt der Leser schnell mehr. Bis heute hat ihn der ungelöste Fall Marit Ott nicht losgelassen, bei dem er zum ersten und letzten Mal die Mordkommission geleitet hat. Dass Frida nun selbst Polizistin ist, überrascht ihn zunächst. In seinen Augen ist sie immer noch die Jugendliche, die ihm etwas verheimlicht hat. Für Frida ist er hingegen der Polizist, der sie damals mit seinen Fragen nicht in Ruhe lassen wollte.

Frida und Haverkorn bilden kein Ermittlerduo im eigentlichen Sinne, kommen bei ihren Nachforschungen aber auch nicht aneinander vorbei. Aufgrund der Vorgeschichte begegnen sie sich erst einmal recht distanziert und tauschen trotz des gemeinsam Berufsstandes nicht viele Informationen aus. Haverkorn versucht mittels Befragungen, systematisch mehr Licht ins Dunkel des aktuellen und alten Falls zu bringen. Gleichzeitig stößt Frida durch Gespräche mit alten Bekannten und bei ihren Versuchen, den Hof zu retten, unweigerlich auf einige Ungereimtheiten. Hängt alles miteinander zusammen? Ergibt sich daraus ein Motiv? Oder werden die Zeichen falsch gedeutet?

Dem Leser wird viel Raum zur Spekulation gelassen und neue Erkenntnisse zwingen immer wieder zum Umdenken. Diese Unvorhersehbarkeit hat mir gefallen. Gleichzeitig gelingt es der Autorin, die Atmosphäre des weitläufigen Marschlandes einzufangen, in welchem es auch so manchen unheimlichen Moment gibt. Die Geschichte wird zunehmend komplexer und bietet unterschiedliche Facetten, während Frida und Haverkorn sich weiterentwickeln. Über weite Teile geht es zügig, aber sortiert zu, bis sich die Ereignisse schließlich überschlagen. Bei den letzten Seiten muss man einfach mitfiebern und der Spannungsbogen wird gelungen abgerundet.

Fazit
In „Totenweg“ hat die Autorin mit den zwei ungleichen Polizisten Frida und Haverkorn authentische Charaktere geschaffen, die ich gerne begleitet und näher kennengelernt habe. Die Ermittlungen sind vielschichtig und bieten Überraschungen sowie falsche Fährten. Auf die bereits angekündigte Fortsetzung freue ich mich schon jetzt. Ein starkes deutsches Krimidebüt, das ich klar empfehlen kann!


Wenn ihr neugierig geworden seid, dann findet ihr hier ein Interview mit der Autorin Romy Fölck:


Donnerstag, 22. Februar 2018

[Rezension Ingrid] Der Abfall der Herzen von Thorsten Nagelschmidt


Das Buch „Der Abfall der Herzen“ ist das erste, das Thorsten Nagelschmidt, der auch kurz „Nagel“ genannt wird, unter seinem realen Namen veröffentlicht. Es handelt auf zwei Ebenen, nämlich zum einen in der Gegenwart und zum anderen im Rückblick auf den Sommer des Jahres 1999. Während der Autor zu Beginn des Romans autobiographisch beschreibt, wie es zu dem Buch gekommen ist, verschwimmen seine Erinnerungen an die Vergangenheit immer mehr. Daher hat er nicht nur neue Charaktere als seine damaligen Freunde erfunden, sondern auch die Ereignisse fiktionalisiert.

Versteht sich „Abfall“ im geläufigen Sinne als Rest der da bleibt, so ist der Titel passend zu den Versatzstücken zu sehen, die wir mit dem Blick auf frühere Jahre in unserem Gedächtnis gespeichert haben. Die tief in unseren Herzen vergrabenen Gefühle spielen uns dabei manches Mal einen Streich und lassen Szenen ganz anders erinnern als sie sich tatsächlich ereignet haben. Das Cover ist haptisch sehr schön gestaltet. Der sepiafarbene Hintergrund ist fühlbar längs gestreift und spiegelt mit dieser klaren Linie die Regeln und Gesetze der Erwachsenenwelt wieder. Um sich genau davon bewusst abzuheben und den Trotz widerzuspiegeln erscheinen die Jugendlichen im unteren Drittel in den kräftigen Farben türkisblau und orange bei ihrem wagemutigen, aber verbotenen Sprung in den Baggersee.

Der Roman beginnt mit dem Ende, nicht nur weil es vor Beginn des ersten Kapitels so geschrieben steht, sondern weil Thorsten Nagelschmidt zunächst erzählt, wie es dazu kam, dass er sich auf Spurensuche in seine Vergangenheit begibt. Er wohnt heute in Berlin und trifft sich dort eines Tages mit einem guten Freund, mit dem er Jahre vorher im Clinch lag, an der Bar eines Möbelgeschäfts. Plötzlich ist die Rede von einem Brief den er ihm 16 Jahre vorhergeschrieben hat nachdem der Streit angeblich beendet wurde und an den er sich partout nicht erinnern kann. Aber bereits damals hat der Autor Tagebuch geführt.

Das Lesen in den alten Kladden wirft jedoch immer neue Fragen auf, die ihn nicht mehr loslassen. Darum geht er einer Reihe von Anhaltspunkten nach und vereinbart Termine mit seinen Freunden und Bekannten aus Rheine, der Stadt, in der er 1999 gewohnt hat. Hier ist er aufgewachsen und wurde zum Sänger und Songschreiber der Band Muff Potter. Jeder erzählt ihm auf Nachfrage bestimmte Ereignisse aus seiner eigenen Perspektive. Die inzwischen verwaschenen Gedanken bieten ein breites Spektrum dessen, was sich abgespielt haben könnte anstelle von realen Begebenheiten. Erst langsam nähert Thorsten Nagelschmidt sich einer Wahrheit, die ihn gleichzeitig sich selbst ein wenig besser kennen und verstehen lässt. Der Sommer 1999 mit all seinen guten und schlechten Seiten, vor allem aber einer gehörigen Portion Liebeskummer lebt wieder auf für ihn.

Der Autor hat mir reichliche Denkanstöße gegeben, die auch mich in meine eigene Jugend entführt haben. Meine Familiengeschichte ist eng verknüpft mit der Stadt Rheine, so dass ich nicht nur rein gefühlsmäßig in die Vergangenheit gereist bin, sondern auch einige Örtlichkeiten des Romans kenne. Und wenn Thorsten Nagelschmidt mit der Bahn von Rheine nach Aachen fährt und „in einem Kaff namens Lindern“ (S. 167) aussteigt dann ist er nur drei Stationen vorher an meinem Wohnort vorbei gekommen.

Der Autor ist in den vorigen 16 Jahren auch immer wieder zu Besuch in seiner Heimat gewesen, aber eher aus Gewohnheit an den immer gleichen Stätten. Erst der nicht mehr erinnerte Brief führt ihn an Orte zurück, deren Veränderung er sich jetzt erst bewusst wird. Wie viele andere in seinem Alter hat er sich gegen das Erwachsen werden aufgelehnt mit der vollen Absicht, bloß nicht in ausgetretenen Pfaden zu laufen. Sein Studium ruht, die Karriere der Band letztlich ebenfalls, er hält sich mit gelegentlichen Jobs über Wasser. Dennoch ist da nie der Gedanke darüber, ob der eingeschlagene Weg der richtige ist. Viel Alkohol, sogar Drogen und unflätige Manieren sind angesagt, aber schließlich halten seine Freunde und Freundinnen es genauso. Ihr Verhalten ist provozierend, Raufereien unter Gleichaltrigen die anderer Meinung sind nichts Ungewöhnliches. Durch Songs, Filme, Bücher und Ereignissen mit deutschlandweiter Bedeutung wie beispielsweise der Sonnenfinsternis im August, an die ich mich sehr gut erinnere, konnte ich mich im Jahr 1999 verorten.

Thorsten Nagelschmidt nutzt eine schlichte Sprache und erzählt eine alltägliche Geschichte und dennoch machen das Sammelsurium der fiktiven Freunde, darunter Gedankenspinner und Lebenskünstler, die unterschiedlicher kaum sein könnten, die Geschichte abwechslungsreich und zu etwas Besonderem. Es war für mich interessant und spannend zu sehen, was ein Treffen mit einem alten Freund auslösen und wozu eine Suche in der Vergangenheit führen kann. Die Erzählung wirkt nicht nur echt, sondern ist es auch. Aus einer gewöhnlichen Erzählung über seine Jugend verbunden mit Freundschaft, Hass, Liebe und Ängsten gestaltet der Autor auf eine ganz eigene Weise eine mitreißende Reise in die Vergangenheit, die auf ihren Ausgang in der Gegenwart ungeduldig warten lässt. Lassen Sie sich davon mitnehmen!

*Werbung*
Titel: Der Abfall der Herzen
Autor: Thorsten Nagelschmidt
ERscheinungsdatum: 22.02.2018
Verlag: S. Fischer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband (Leseexemplar)

[Rezension Hanna] Die Krone der Sterne. Hexenmacht - Kai Meyer


*Werbung*
Die Krone der Sterne. Hexenmacht
Autor: Kai Meyer
Mit Illustrationen von Jens Maria Weber
Broschiert: 480 Seiten
Erschienen am 22. Februar 2018
Verlag: FISCHER Tor

Die Reihe

Band 1: Die Krone der Sterne (Rezension)
Band 2: Die Krone der Sterne. Hexenmacht
Band 3: ?

Inhalt
Ein Jahr ist vergangen, seit Inizia, Glanis, Shara und Kranit den Piratenplaneten Noa erreicht haben. Während Iniza sich um ihre Tochter Tanys kümmert und immer wieder ihren eingesperrten leiblichen Vater Hadrath besucht, um ihm seinen Irrglauben in Bezug auf die STILLE vor Augen zu führen, ist Glanis als neuer Sicherheitschef Verschwörern auf der Spur. Shara und Kranit werden unterdessen auf einer Mission verraten und müssen große Wagnisse eingehen im Versuch, sich zu retten. Bald wird klar, dass an machtvollen Positionen so manch größerer Plan kurz vor der Umsetzung steht.

Meinung
Nach einem mitreißenden ersten Teil habe ich mich sehr gefreut, dass es mit „Hexenmacht“ eine Fortsetzung von „Die Krone der Sterne“ gibt. Sehr hilfreich fand ich die kurze Zusammenfassung der Welt und der bisherigen Ereignisse auf den ersten Seiten. Damit war ich im Nu startklar für neue Abenteuer. Und es geht gleich spannend los: Shara und Kranit befinden sich gemeinsam auf einer Mission, als das Piratenschiff die Hypersprungschleuse viel zu früh verlässt und sie feststellen müssen, dass sie verraten wurden.

Während es für die beiden gleich actionreich wird, startet der Erzählstrang rund um Iniza ein wenig ruhiger. In Gesprächen mit dem eingesperrten Hadrath will sie die Oberhand gewinnen und lässt sich von ihm doch aus dem Konzept bringen. Doch auch für sie ist Untätigkeit nichts. Als es zu überraschenden Zwischenfällen kommt, steckt sie bald schon wieder mittendrin im Geschehen. Und auch Glanis ist wieder mit Entschlossenheit bei der Sache und verfolgt unbeirrt sein Ziel.

Der Zeitsprung hat der Geschichte gut getan, um allen Charakteren eine kurze Verschnaufpause zu gönnen, denn in diesem Buch geht es wieder richtig zur Sache. Ob actionreiche Gefechte, spannende Verfolgungsjagden oder spektakuläre Raumschiff-Schlachten – hier ist für jeden, der einen guten Kampf zu schätzen weiß, etwas dabei. Gleichzeitig kommt es zu mancher Überraschung und geheime Pläne mit großen Konsequenzen werden stückweise aufgedeckt. Nach wie vor finde ich das Setting für all das genial – eine futuristische und imposante Welt, in welcher der technische Fortschritt seit Jahrhunderten unterdrückt wird und in der die genutzte Technik deshalb schon uralt und nicht ganz zuverlässig ist.

Schön fand ich auch, dass man in diesem Band viel neues über die Charaktere erfahren hat. Insbesondere Glanis, der im ersten Buch etwas blass daher kam, darf sich im Zusammenspiel mit Fael, dem Anführer der Piraten, zeigen. Und bei Shara und Kranit erfährt man brisante Details aus ihrer Vergangenheit, die sie bislang verschwiegen haben. Dadurch wird möglich, was undenkbar erschien. Zum Ende hin gibt es ein Feuerwerk an hochspannenden und erschreckenden Momenten, welche die Frage aufwerfen, wie es unter diesen Bedingungen weitergehen kann. Sie liefern mehr als ein Argument, warum auch der dritte Teil der Reihe ein absolutes Must Read sein wird!

Fazit
In „Die Krone der Sterne: Hexenmacht“ müssen die Charaktere erneut ihr ganzes Geschick beim Kämpfen und Verhandeln unter Beweis stellen. Auf verschiedenen Stellen werden im Geheimen Pläne geschmiedet – und Iniza, Glanis, Shara und Kranit sind im Nu mittendrin. Wer Lust auf eine actionreiche Space Fantasy hat und den ersten Band schon kennt, der sollte sich die Fortsetzung nicht entgehen lassen!

Sonntag, 18. Februar 2018

[Rezension Hanna] In eisiger Nacht - Tony Parsons



*Werbung*
In eisiger Nacht
Autor: Tony Parsons
Übersetzer: Dietmar Schmidt
Broschiert: 336 Seiten
Erschienen am 26. Januar 2018
Verlag: Bastei Lübbe

Inhalt
Vor einem Restaurant in Chinatown, London wird in einem abgestellten LKW ein grausiger Fund gemacht: Elf erfrorene Frauen; eine Zwölfte verstirbt kurz darauf im Krankenhaus. Max Wolfe und seine Kollegen beginnen mit den Ermittlungen: Wer hat die Frauen illegal ins Land gebracht, und was sollte mit ihnen geschehen? Besonderes Kopfzerbrechen bereitet ihnen auch der dreizehnte gefundene Pass. Was ist aus der Frau geworden, die vorn beim Fahrer mitgereist ist? Die Nachforschungen scheinen allesamt ins Leere zu führen. Als sich eine erste Spur abzeichnet, kommt es zu einem Zwischenfall, der den Ermittlern vor Augen führt, dass sie sich mit einem mächtigen Gegner angelegt haben.

Meinung
Ich habe bislang noch keinen der Fälle von Max Wolfe gelesen, sodass ich ganz unvoreingenommen mit der Lektüre des Buches begann. Bevor ich Bekanntschaft mit dem Ermittler machte, las ich den beklemmenden Prolog. Er beschreibt die Erlebnisse von Hana, die in Belgrad ihren Bruder und ihren Koffer zurücklässt, ihren Pass abgibt und hoffnungsvoll in einen Lastwagen zu anderen Frauen steigt. Lange scheint alles nach Plan zu laufen, doch irgendwann sinkt die Temperatur immer weiter, und die Türen des Laderaums werden nicht mehr geöffnet. Ein schlimmes Schicksal für die Frauen, das so ähnlich tatsächlich passiert ist. Genau wie Max Wolfe wollte ich unbedingt wissen, was dahinter steckt.

Max‘ erste Nachforschungen führen ihn zu einer alten Bekannten, die ihm verrät, was sie über den zunehmenden Menschenschmuggel und illegale Arbeitskräfte weiß. Das ist vor allem Hörensagen und es zeichnet sich kaum eine echte Spur ab. Doch Max und seine Kollegen folgen hartnäckig jedem Hinweis. Dabei fand ich es erstaunlich, dass sie trotzdem so schnell eine heiße Spur finden. Doch ein überraschender Zwischenfall verhindert einen weiteren Durchbruch, sodass die Ermittler neue, gefährliche Wege suchen müssen, um den Antworten näher zu kommen.

Die Ermittlungen stehen in diesem Buch klar im Vordergrund, man erfährt aber auch ein wenig über das Privatleben von Max und seiner Kollegin Edie Wren. Immer wieder gibt es auch Hinweise auf die Handlung der vorherigen Bände. Wer diese gelesen hat, kann die neuen Informationen sicherlich gut mit den bekannten verknüpfen. Doch auch ohne deren Kenntnis konnte ich dem Geschehen mühelos folgen.

Die Ermittler gehen zunehmend große Wagnisse ein und erleiden folgenreiche Rückschläge. Dabei hat mich gestört, wie schnell die Entscheidungen zugunsten des Risikos fielen, was die Handlung zusammen mit den zahlreichen Toten und einigen großen Zufällen für mich wenig realistisch machte. Dennoch muss gesagt werden, dass mit dieser Geschichte ein hochaktuelles, brisantes Thema angesprochen wird, welches mich ins Nachdenken gebracht hat. Ein dramatisches Finale sorgt schließlich noch einmal für Spannung und hält eine Wendung bereit, die sich schon abgezeichnet hatte. Mit einem privaten Moment von Max leitet das Buch dann über zur bereits geplanten Fortsetzung.

Fazit
Max Wolfe beschäftigt sich im Fall „In eisiger Nacht“ mit einem beklemmenden Fall des Menschenschmuggels, bei dem zwölf Frauen ums Leben kamen. Mit seinen Kollegen folgt er den raren Hinweisen und findet erstaunlich schnell eine Spur, die zu verfolgen jedoch bald absolut gefährlich wird. Den Handlungsverlauf fand ich zu überspitzt, die häufigen Spannungsmomente machten dennoch Lust zum Weiterlesen. Ich vergebe drei Sterne für Max Wolfes vierten Fall.


Donnerstag, 15. Februar 2018

[Rezension Hanna] Der Mann, der nicht mitspielt - Christof Weigold




*Werbung*
Der Mann, der nicht mitspielt
Autor: Christof Weigold
Hardcover: 640 Seiten
Erschienen am 15. Februar 2018
Verlag: Kiepenheuer & Witsch

Inhalt
Hollywood, 1921: Hardy Engel versucht wie die meisten Menschen in der Stadt, als Schauspieler zu arbeiten. Dabei springt jedoch nur gelegentlich eine Statistenrolle für ihn heraus. Als ehemaliger deutscher Polizist bietet er deshalb seine Dienste als privater Ermittler an. Einer seiner ersten großen Aufträge lautet, herauszufinden, wo die Schauspielerin Virginia Rappe steckt. Auf einer wilden Party in San Francisco wird er bald fündig, doch ihr Zustand ist kritisch und am nächsten Tag ist sie tot. Für die Presse ist klar, dass der Gastgeber Fatty Arbuckle, einer der erfolgreichsten Stars Hollywoods, verantwortlich ist. Doch Hardy glaubt nicht an diese Version und führt seine Ermittlungen fort. Er stößt auf ein Netz aus Geheimnissen, Vertuschung und Erpressung, bei denen einige der mächtigsten Männer Hollywoods involviert sind.

Meinung
Das Hollywoold der 20er Jahre als Schauplatz für einen Spannungsroman hat mich neugierig gemacht. Es handelt sich um ein fiktives Werk, in dem einige Aspekte eines tatsächlichen Falls, der nie ganz aufgeklärt wurde, aufgegriffen werden. Der sogenannte Arbuckle-Skandal hat zur damaligen Zeit für großes Aufsehen gesorgt. Hardy Engel als fiktiver Erzähler erklärt, zu wissen, was tatsächlich vorgefallen ist, und erzählt dem Leser seine Version der Ereignisse.

Alles beginnt mit einem harmlos erscheinenden Auftrag, den Hardy als privater Ermittler annimmt, um seinen mageren Verdienst aus gelegentlichen Statistenrollen aufzubessern. Die rothaarige Pepper steht auf seiner Türschwelle und bietet ihm eine verlockende Summe, um Virginia Rappe im Auftrag ihres Verlobten zu suchen. Als er von einem Bekannten, dem Sicherheitschef eines Studios, mehr Informationen über die Vermisste einholen will, bekommt er gleich einen zweiten Auftrag: Er soll Koks an den Start des Studios, Fatty Arbuckle, liefern, der sich wie Rappe in San Francisco aufhält.

So erhält der Leser schon bald Einblicke in das ausschweifende Leben der Schauspieler Hollywoods. Der Alkohol fließt trotz Prohibition in Strömen und die Studios liefern selbst Drogen an ihre Stars aus, damit sie von niemandem erpresst werden können. Das ihm gebotene Geld reizt Hardy, in diese Welt einzutauchen. Doch er ist ein Mann mit Prinzipien, dem die Wahrheit wichtig ist. Als Virginia Rappe stirbt und er herausfindet, dass sein Auftraggeber ein ganz anderer ist als gedacht, steckt er schon mittendrin.

Hardy erhält den Auftrag, die Ermittlungen fortzuführen und die Wahrheit über Rappes Tod ans Licht zu bringen. An Hinweisen mangelt es ihm dank seines geschickten Vorgehens nichts. Doch bald kommt es rund um seine Nachforschungen zu weiteren Toten. Der Handlung überzeugt mit spannenden Entwicklungen und immer neuen Wendungen, die das, was man zu wissen glaubte, erneut in Frage stellen. Begegnungen mit Studiobossen und weiteren Sicherheitschefs zeigen die Skrupellosigkeit und Berechnung, mit der agiert wird. Vielen von ihnen ist Hardy mit seiner Einstellung, nicht an Vertuschungen mitwirken zu wollen, ein Dorn im Auge. Das bringt ihn schließlich selbst in Gefahr.

Auch die Macht der Presse wird in der Geschichte beleuchtet und viele der Szenen brachten mich ins Nachdenken über die Frage, wer in diesem Fall überhaupt an der Wahrheit interessiert ist. Schließlich kommt es zum Prozess, der damals tatsächlich stattgefunden hat. Die Beschreibung dessen hatte kleine Längen, doch Hardys Bericht ist damit noch nicht abgeschlossen. Stattdessen kommt es noch einmal zu dramatischen Momenten, schockierenden Beichten und überraschenden Erkenntnissen. Zum Abschluss gesteht Hardy, auch im nächsten großen Skandal rund um die Ermordung des Regisseurs William Desmond Taylor mehr zu wissen, als weitläufig bekannt ist. Ich freue mich darauf, im nächsten Band mehr darüber herauszufinden.

Fazit
„Der Mann, der nicht mitspielt“ – das ist Hardy Engel. Er erhält nur selten eine Statistenrolle in Hollywood, vor allem aber weigert er sich, bei den von den mächtigsten Männern der Filmindustrie initiierten Vertuschungen mitzuwirken. Die Suche nach der Wahrheit rund um den Tod der Schauspielerin Virginia Rappe konnte mich fesseln und die Einblicke ins Hollywood der Zeit waren authentisch und interessant. Wer gerne historische Spannungsromane liest, der sollte unbedingt die Bekanntschaft mit Hardy Engel machen!

Mittwoch, 14. Februar 2018

[Rezension Ingrid] Die Rückkehr der Wale von Isabel Morland


„Die Rückkehr der Wale“ von Isabel Morland nahm mich als Leser mit auf die Inselgruppe der Hebriden in eine karge und rauhe Landschaft, die sagenumwoben ist. Schon das Cover spiegelt etwas von der grandiosen Kulisse mit endlos erscheinendem Sternenhimmel und magischem Licht wieder. Dazu passen mystische Geschichten zum Beispiel von einem Leuchtturm wie er rechts auf dem Titel zu sehen ist von denen die Autorin einige im Roman erzählt. Der Titel nimmt Bezug auf das Ende des Buchs, denn nicht nur die Rückkehr der Wale wird sehnlichst von der Protagonistn erwartet.

Kayla wohnt auf Harris, einer der Hebrideninseln. Seit einigen Jahren ist sie mit dem früh verwitweten Dalziel verheiratet. Ihr inzwischen erwachsener Stiefsohn hat sich gerade dazu entschlossen, sein Glück in der Fremde zu suchen. Ihr Mann gibt ihr dafür die Schuld wie für so vieles Anderes. Die beiden haben sehr unterschiedliche Vorstellungen von der Fortführung ihrer Ehe, die eigentlich nur noch deshalb besteht, weil Kayla nicht weiß, wovon sie nach einer Trennung leben soll. Eines Tages kommt der gut aussehende Brannan auf die Insel auf der Suche nach Arbeit. Kayla und er teilen sich die Liebe zur Musik und fühlen sich entgegen den Regeln der Vernunft zueinander hingezogen. Kann es für die beiden eine gemeinsame Zukunft geben?

Isabel Morland schafft für ihren Roman einen grandiosen Hintergrund. Nicht nur die Landschaftsbeschreibungen, sondern auch mystische Erzählungen ließen mich in eine ganz eigene Atmosphäre der Hebriden eintauchen. Interessant fand ich auch die in die Geschichte eingeflochtenen Traditionen und Bräuche. Sie vermittelten mir, dass die Menschen der Inseln zusammenhalten und sich in Gefahrensituationen gegenseitig unterstützen. Dennoch hatte ich als davon beeindruckte Leserin Verständnis für die Jugendlichen auf den Inseln, die es in die Ferne zieht, um sich von den eingetretenen, für sie vorgesehenen Pfaden ihrer Eltern zu lösen.

Dalziel war mir von Beginn an unsympathisch. Er trauert weiter der guten Ehe mit seiner ersten Frau nach, während er für nichts die Verantwortung übernehmen und Kayla dazu bringen möchte, ihre Ehe nach seinen Ansichten zu führen. Zum Glück greifen Freunde und Familienmitglieder schon mal begütigend ein. Für Kayla ist Brannan daher ein Trost. Von ihm erhält sie die Zuneigung, die ihr in ihrer Ehe fehlt. Für beide hoffte ich, dass sie zueinander finden werden. Die Eigenschaften der Charaktere sind eher statisch. Jedoch gibt es einige unerwartete Wendungen und ein Ende, das teilweise offen ist und zum Träumen einlädt.   

„Die Rückkehr der Wale“ unterhält den Leser nicht nur mit einer romantischen, berührenden Geschichte, sondern vermittelt auch einiges von der Lebenskultur auf den Hebriden. Wer Liebesromane mag, die von einem Hauch Mystik ummantelt sind, dem kann ich dieses Buch gerne empfehlen.

*Werbung*
Titel: Die Rückkehr der Wale
Autorin: Isabel Morland
Erscheinungsdatum: 02.11.2017
Verlag: Knaur (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Taschenbuch mit Klappen (Leseexemplar)

Sonntag, 11. Februar 2018

[Rezension Ingrid] Das Fundament der Ewigkeit von Ken Follett


„Das Fundament der Ewigkeit“ ist der dritte Band der „Kingsbridge“-Reihe von Ken Follett. Ebenso wie die beiden Bücher „Die Säulen der Erde“ und „Die Tore der Welt“ spielt der Roman zu einem Teil in der fiktiven englischen Stadt Kingsbridge. Zeitlich macht die Geschichte einen Sprung von rund 200 Jahren, von den letzten erzählten Begebenheiten an betrachtet. Rechts unterhalb des mittelalterlichen Kalenders, der sich im Zentrum des Covers befindet, ist der Name der englischen Königin Elisabeth I. zu erkennen. Er gibt bereits beim Anschauen des Schutzumschlags den Hinweis, dass der Roman den Leser in ihre Regierungszeit Mitte bis Ende des 16. Jahrhunderts entführen wird. Doch zunächst schreibt die Erzählung das Jahr 1558 und in England regiert die Katholikin Maria I., auch Maria die Blutige (Bloody Mary) genannt, weil sie viele Protestanten wegen Ketzerei hinrichten ließ. Diesmal ist die Grundlage des Handlungsbogens nicht die Errichtung eines Bauwerks wie in den beiden vorigen Büchern, sondern es sind die Glaubenskriege in Europa mit Schwerpunkt auf England und Frankreich.

Ned und Barney Willard entstammen einer Kaufmannsfamilie aus Kingsbridge, die der protestantischen Glaubensrichtung anhängt. Ned und Margery Fitzgerald kennen sich seit Kindertagen und haben sich ineinander verliebt. Doch die streng katholische Familie von Margery hat für sie die Ehe mit einem Adligen der Umgebung vorgesehen. Nachdem die Willards auf tragische Weise ihr Vermögen verloren haben, geht Ned nach London und gehört bald zu den Vertrauten Königin Elisabeths. Sie wird für ihr Versprechen geschätzt, dass sie niemanden mehr aufgrund seines Glaubens hinrichten lassen wird. Doch sie hat trotzdem eine große Anzahl Feinde allein aufgrund ihrer protestantischen Religion. Ned reist in ihrem Dienste in geheimer Mission auch nach Paris, wo Pierre Aumande, ein Bastard der mächtigen de Guise-Familie, während der Hugenottenkriege nach Namen und Adressen von Protestanten sucht, um sie zu denunzieren. Währenddessen gelangt Barney bei seiner Flucht aus Spanien, wo er für die kaufmännischen Tätigkeiten der Familie zuständig war, auf ein Handelsschiff, das sich auf den Weg in die Neue Welt macht.

Ken Follett schafft auf gewohnte Weise lebendige Szenen, die wie ein Film vor Augen beim Lesen ablaufen. Doch diesmal verweilte ich nicht lange in Kingsbridge, sondern ließ mich mit nach London, Frankreich, Belgien, Spanien, Schottland und anderswohin mitnehmen, denn in ganz Europa streiten die Menschen für ihre Glaubensrichtung. Je nachdem wer gerade in welchem Staat herrscht, dessen Religion nimmt die Vorrangstellung ein. Kaum hat ein neuer König oder eine Königin den Thron bestiegen, werden im Hintergrund Ränke und Intrigen zum Umsturz geschmiedet. Zunächst benötigte ich einige Zeit, um mich in Neds Umfeld zurecht zu finden, doch der Autor hat zu Beginn des Romans ein Personenverzeichnis zusammengestellt durch das ich den Überblick über die zahlreichen Charaktere behalten konnte. Fand ich die Ortswechsel, verbunden mit den verschiedenen politischen Hintergründen bis etwa zur Hälfte des Buchs noch interessant, so flachte die Spannungskurve für mich durch die scheinbar nie endenden Glaubenskriege allmählich ab. Ken Follett stellt hier zwar erstklassig die damaligen Tatsachen in leicht lesbarer Form dar, jedoch fehlte mir etwas die fiktive Würze beispielsweise durch die Weiterentwicklung von und in Kingsbridge wie es bisher der Fall war.

Nach dem großen Zeitsprung von etwa 200 Jahren hat der Autor natürlich ganz neue Charaktere entwickelt, aber einige Figuren der zwei vorigen Bücher leben als Vorfahren oder durch ihre Taten weiter und finden kurz Erwähnung. Der Roman ist allerdings ohne jede Vorkenntnisse des ersten und zweiten Bands ohne Einschränkung lesbar. Sicher haben gerade Ned in England und Pierre in Frankreich ihren Anteil an der großen Politik der Länder, jedoch sind die Figuren auf ihrer Linie von vornherein festgelegt und entwickeln sich nur in engem Umfang weiter, genau wie die meisten Personen im Roman. Neben Machtspielen und Krieg zeigt auch die Liebe sich in einigen Facetten.

Ken Follett ist es wieder einmal gelungen mit dem Roman „Das Fundament der Ewigkeit“ Geschichte lebendig werden zu lassen. Er schreibt auf hohem, unterhaltsamem Niveau und schafft ein nachvollziehbares Bild der damaligen Verhältnisse in Europa. Gerne empfehle ich daher den Roman an Leser von historischen Büchern weiter.

*Werbung*
Titel: Das Fundament der Ewigkeit
Autor: Ken Follett
Übersetzer: Dietmar Schmidt und Rainer Schumacher
Erscheinungsdatum: 12.09.2017
Verlag: Lübbe (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen

Donnerstag, 8. Februar 2018

[Rezension Hanna] Rattatatam, mein Herz - Franziska Seyboldt


Die Angst ist seit ihrer Kindheit Franziska Seybolds ständiger Begleiter. Mit zwölf fällt sie beim Arzt in Ohnmacht. Was wäre, wenn ihr das noch mal passiert – wieder beim Arzt? Oder vor Kollegen? Oder in der U-Bahn? Überhaupt malt sie sich ständig aus, was alles geschehen könnte. Sind ihre feuchten Hände und ihr rasendes Herz ein Vorzeichen? Sollte sie besser aus der Situation fliehen? Die Autorin gibt Einblicke, was es für sie heißt, mit ihrer Angst zu leben und sich von ihr nicht unterkriegen zu lassen.

Fast jeder sechste Erwachsene in Deutschland leidet unter einer Angststörung – diese Zahl war mir schon länger bekannt, doch was heißt das für die Betroffenen? Anonyme Berichte findet man im Internet viele. In diesem Buch gibt Franziska Seyboldt ganz unanyonym preis, was das Leben mit der Angst für sie heißt. Dazu holt sie etwas aus, denn es ist gar nicht so einfach und schnell erklärt.

„[Die Angst] eignet sich einfach nicht für Smalltalk, dafür ist sie viel zu komplex. Und vieles verstehe ich ja selbst nicht.“ (S. 192)

Die Autorin beschreibt dem Leser, welche Situationen bei ihr Angst auslösen – rückblickend in ihrer Kindheit und Jugend sowie in ihrem Alltag heute. Ich durfte teilhaben an ihren Gedanken und Reaktionen in diesen Momenten, sodass ich einen Eindruck von ihren Innenleben erhalten habe. Sie berichtet von guten und schlechten Tagen, Erfahrungen mit Psychotherapie und Auszeiten, Situationen, in denen sie ihre Angst besiegt hat und innere Zwiegespräche mit jener. Interessant fand ich auch ihren Bericht über die Reaktionen ihrer Umwelt auf ihren Artikel über Angst, der schon vor diesem Buch erschienen sind.

Franziska Seybold ist sehr reflektiert und schlägt einen eher nachdenklichen Ton an, ist mal witzig, mal ernst. Man merkt beim Lesen, wie wichtig ihr dieses Thema ist, das heute kein Tabu mehr sein sollte. Gleichzeitig zeigt sie, dass sie kein Mitleid braucht und auch nicht die mit der Angststörung sein will. Die Angst ist ein Teil von ihr, aber nicht das, was sie hauptsächlich ausmacht. Ein ehrliches Buch, das mein Verständnis in Bezug auf Angststörungen vertieft hat und dem ich noch viele Leser wünsche.

*Werbung*
Titel: Rattatatam, mein Herz
Autorin: Franziska Seyboldt
Erscheinungsdatum: 11.01.2018
Verlag: Kiepenheuer & Witsch (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Pappband

Freitag, 2. Februar 2018

[Rezension Hanna] Mein Herz in zwei Welten - Jojo Moyes



*Werbung*
Mein Herz in zwei Welten
Autorin: Jojo Moyes
Übersetzerin: Karolina Fell
Hardcover: 592 Seiten 
Erschienen am 23. Januar 2018
Verlag: Wunderlich

Inhalt
Lousia Clark wagt den Sprung ins Ungewisse: Bestärkt von ihrem Freund Sam macht sie sich von England auf nach New York. Mitten in Manhattan an der Upper East Side wird sie als Assistentin für Mrs. Gropnik arbeiten, die dort mit ihrem reichen Ehemann in einer exklusiven Wohnung lebt. Diese ist kaum älter als Lou und ihr Kalender angefüllt mit Wohltätigkeitsveranstaltungen, Klavierstunden, und Einkaufstrips. Die neuen Aufgaben halten Lou ordentlich auf Trab. Während Mrs. Gropnik als zweite Ehefrau um ihren Platz innerhalb der Familie und in der New Yorker Gesellschaft kämpft, muss sich Lou fragen, ob ihre Beziehung zu Sam der Distanz gewachsen ist.

Meinung
Endlich gibt es ein Wiedersehen mit Lousia Clark! Beim zweiten Band war ich noch unsicher, ob man „Ein ganzes halbes Jahr“ wirklich angemessen fortsetzen kann, und wurde überzeugt. Deshalb habe ich mich nun sehr über die Nachricht gefreut, dass ich auch an Lous New York-Abenteuer teilhaben kann, das sich am Ende des zweiten Bands abzeichnete. Gemeinsam mit Lou kommt man auf den ersten Seiten im Big Apple an und ich war genauso neugierig wie sie selbst, was sie dort erleben wird.

Mit Nathan holt Lou ein bekanntes Gesicht vom Flughafen ab, der sie zu ihrem neuen Zuhause, der riesigen Wohnung der Gropniks, bringt. Dort erwarten sie ein winziges Zimmer, eine Uniform und eine mürrische Haushälterin. Auch das erste Kennenlernen mit den Gropniks gestaltet sich als schwierig, denn Tabitha, Mr. Gropniks Tochter aus erster Ehe, stichelt unablässig sowohl gegen Lou als auch gegen die neue Frau ihres Vaters. Doch für Mrs. Gropnik scheint Lou ein Lichtblick zu sein, sie sieht in ihr ihre neue Verbündete. So kommt es, das sich Lou im Handumdrehen mit einem Tablet ausgerüstet in die Terminorganisation stürzt.

Lou taucht immer tiefer in die Welt der Reichen ein und muss feststellen, dass Lügen, Lästereien und Oberflächlichkeiten die Regel sind. Kann sie in dieser Welt wirklich Fuß fassen? Gleichzeitig knüpft sie auch privat neue Freundschaften, die ihr Kraft geben, zum Beispiel mit dem sympathischen Pförtner Ashok und den zwei Betreiberinnen eines Vintage-Geschäfts. Mir hat es Spaß gemacht, an Lous Seite New York zu erkunden und ich musste so manches mal den Kopf schütteln über die Geheimnisse, die sie für Mrs. Gropnik hüten soll.

Für Sam bleibt in Lous trubeligem Tagesablauf nur wenig Platz. Die Zeitverschiebung und sein Schichtdienst kommen erschwerend hinzu. Sein Besuch läuft ganz anders als geplant und bald steht die Frage im Raum, ob die Fernbeziehung funktionieren kann. Es kommt zu einigen emotionalen Momenten, die mich berühren konnten. Auch Lous Eltern, ihre Schwester und Wills Tochter Lily kommen zu Wort und machen eine Entwicklung durch. Die Geschichte bleibt durch häufig unerwartete Entwicklungen interessant und so verflogen die Seiten im Nu. Das Ende passt sehr gut zu Lou und ist für mich ein toller Abschluss, sollte es bei einer Trilogie bleiben.

Fazit
In „Mein Herz in zwei Welten“ stürzt sich Lou in ihren neuen Job in New York als Assistentin in einer vermögenden Familie. Sie versucht, die Welt der Reichen zu verstehen, die Stadt auf ihre Weise zu erkunden und Zeit für ihre Beziehung zu Sam zu finden. Ein schwieriges Unterfangen mit so einigen Hochs und Tiefs, durch die ich die Protagonistin sehr gern begleitet habe. Mich konnte dieser dritte Band erneut begeistern. Ich kann für die ganze Reihe eine absolute Leseempfehlung aussprechen!

-->