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Donnerstag, 14. Dezember 2017

[Rezension Ingrid] Die Hoffnung von Mich Vraa


Ruhig liegen die Ruderboote vor einer Küste mit reichlich Vegetation. Schon beim Betrachten ahnte ich so, dass mich der Roman „Die Hoffnung“ von Mich Vraa in die Karibik führen wird. Der Sepiaschleier, der auf dem Cover liegt, ließ mich vermuten, dass die Erzählung in der Vergangenheit spielt. Und so ist es auch. Das Geschehen beginnt im September 1788 während der letzten Fahrt von Kapitän Anton Frederiksen auf seinem Schiff „Hoffnung“ von Westindien zurück zu seiner Heimat Dänemark. Das Buch trägt den Namen des Schiffs. Die Fregatte hat in den vergangenen Jahren Sklaven von Guinea auf die westindischen Inseln transportiert. Und so steht der Name „Hoffnung“ für die Mannschaft und vor allem für den Kapitän für die Aussicht auf reichlichen Gewinn durch diesen Handel, nach der Ansicht eines Plantagenbesitzers auch für die Erwartung der Sklaven, eines Tages ihre Freiheit zurück zu erhalten. Auch Maria, die heranwachsende Tochter von Kapitän Frederiksen, die eine der Protagonisten des Romans ist, hat eine große Hoffnungr, nämlich darauf, dass ihre Mutter wieder zu der Familie zurückkehrt. Schließlich erhofft sich der dänische Humanist Mikkel Eide von seiner Reise in die Karibik, dass er mit seinem Bericht über die Verhältnisse auf den Inseln die Dänen über die Grausamkeiten der Sklaverei aufklären und damit zur Befreiung der Schwarzen beitragen kann.

Maria ist im Jahr 1803 15 Jahre alt, hat die Schule abgeschlossen und ihren Vater darum gebeten an einer Fahrt seines Schiffs „Hoffnung“ teilzunehmen. Anton Frediksen gibt ihrem Wunsch statt für eine kurze Reise vom Süden Odenses nach Jütland auf der er selbst sie begleiten wird. Doch bereits nach wenigen Stunden an Bord bemerken die beiden einen Kurswechsel. Es kommt zu einer Auseinandersetzung in Folge dessen sowohl der Vater wie auch die Tochter dazu gezwungen werden die „Hoffnung“ auf ihrer Fahrt zur Küste Guineas zu begleiten. Mit Erschrecken stellt Maria fest, dass dort Sklaven zum Weiterverkauf in Westindien aufs Schiff gebracht werden, obwohl der dänische Staat inzwischen ein entsprechendes Handelsverbot erlassen hat. Zwanzig Jahre nach dieser Fahrt begibt sich der dänische Professor Mikkel Eide auf ein Schiff Richtung Westindien. Dort stellt er fest, dass seine Vorstellungen über das Leben auf einer Plantage und speziell das der Sklaven nicht mit der Realität überein stimmen. Seine Gefühle kann er kaum in Worte fassen.

In Mich Vraas Roman sind alle handelnden Figuren fiktiv, die historischen Hintergründe aber stimmen. Die Erzählung spielt auf drei Zeitebenen und setzt sich aus verschiedenen, meist erdachten schriftlichen Dokumenten in Form von Tagebucheinträgen, Briefen, Manuskripte, aber auch historischen Erlasse und anderem zusammen. Durch diese ganz besondere Form musste ich mich zunächst kurz zurechtfinden um die unterschiedlichen Erzählhandlungen zeitlich einzuordnen. Eine Zuweisung war nicht schwierig, denn jedes Schriftstück ist mit einem Datum überschrieben.

Maria ist noch in jugendlichem Alter, als sie auf ihre erste Schifffahrt geht. Sie nimmt den Wohlstand wahr, in der sie lebt, doch den Zusammenhang zum Sklavenhandel kennt sie nicht. Für Dänemark ist er ein großer wirtschaftlicher Faktor. Ich war entsetzt als ich davon las, dass das Verbot des Handels mit der Empfehlung einherging, die Sklaven auf den Inseln auf natürliche Weise zu vermehren. Denn das Handelsverbot bedeutete nicht das gleichzeitige Verbot des Haltens von Sklaven!

Der Autor nimmt in seinem Text die Sprache der damaligen Zeit auf. Hier findet sich auch noch oft das heute als Beleidigung verwendete Wort „Neger“. Nach allgemeiner Auffassung galten die Guineer als deutlich besser geeignet für harte Arbeit bei heißen Temperaturen als die Dänen. Mich Vraa hat seine Charaktere so kreiert, dass sie die verschiedenen Sichtweisen der weißen Bevölkerung auf die Sklaverei repräsentieren. Deutlich wird das beispielsweise in der fiktiven Figur des Mikkel Eide für den es befremdlich ist, in einer charmanten gastfreundlichen Person, einen ebenso ausnutzenden Sklavenhändler zu finden, der vor Bestrafung seiner Arbeiter nicht zurückschreckt. Der Handel mit der Ware Mensch, begleitet von der Ansicht der Person als Sache, ist bestürzend. Damit einher geht die Unmöglichkeit eines Agierens, egal welcher Art, auf gleicher Höhe. Die Afrikaner bleiben bis auf eine Ausnahme eine homogene Menge, die stellvertretend für alle in Unfreiheit lebenden Menschen steht und deren Schicksal verstörend und befremdend ist. In seinem Nachwort verspricht der Autor, in seinem nächsten Werk dieser Masse ein Gesicht zu geben.

Mich Vraa schildert in seinem Roman die Grausamkeiten der Sklaverei in aller Deutlichkeit, ohne auf die Argumente der Befürworter zu verzichten. Der Autor hat mir die Geschehnisse sehr nahe gebracht. Trotz des vollständigen Wandels der Einstellung zur Sklaverei liest sich das Buch mit Blick auf die historischen Realitäten beunruhigend und erschreckend. Wer sich gerne auf ein Abenteuer einlässt und in ein dunkles Kapitel unserer Vergangenheit eintauchen möchte ist hier richtig. Gerne vergebe ich dazu eine Leseempfehlung.  

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Titel: Die Hoffnung
Autor: Mich Vraa
Übersetzer: Ulrich Sonnenberg
Erscheinungsdatum: 05.10.2017
Verlag: Hoffmann und Campe (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband