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Mittwoch, 30. September 2020

Rezension: Unter uns das Meer von Amity Gaige

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Unter uns das Meer
Autorin: Amity Gaige
Übersetzer aus dem amerikanischen Englisch: André Mumot
Erscheinungsdatum: 30.09.2020
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783847900511
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In ihrem Roman „Unter uns das Meer“ schreibt die US-Amerikanerin Amity Gaige über die beiden liebsten „Juliets“ des Michael Partlow: das ist zum einen seine Frau, zum anderen seine Segelyacht, die seine Ehe aus einer Krise im übertragenen Sinne hinaussegeln soll. Die Idee soll ihm seinen großen Lebenstraum erfüllen und gleichzeitig soll das Leben mit seiner Familie auf engem Raum und ringsum und unter sich nur das Meer eine Fokussierung auf das Wichtigste bewirken. Alle bisherigen Sorgen und Probleme im Alltag sollen zurückbleiben und den Kopf freimachen.

Der Roman beginnt mit einer Merkwürdigkeit, denn Juliet Partlow, Mutter der achtjährigen Sybil und des dreijährigen George, sitzt im Schrank ihres Ehemanns Michael. Juliet erzählt aus der Ich-Perspektive in Rückblicken, bis hin zu einem verstörenden Erlebnis als Jugendliche, das zu einem Bruch im Verhältnis zu ihrer Mutter führte. Doch nicht nur diese Begebenheit, sondern auch die Streitigkeiten in der Ehe ihrer Eltern lassen sie nicht auf die Liebe vertrauen Sie hat sich für ihre Familie entschieden und ihr Dissertationsvorhaben aufgegeben.

Die Rollen des Ehepaars haben sich über die Jahre hinweg eingespielt. Er arbeitet viel und lange, sie kümmert sich um Kinder und Haushalt. Längst hat sie bemerkt, dass sich keiner für ihre Ansichten zur Lyrik interessiert, wohl aber über einfache Dinge im Alltag. Ihr Selbstwertgefühl leidet darunter, der Tagesablauf wirkt immer gleich, langweilt, stresst. Juliet versucht Ansprüche zu erfüllen, die sie sich selbst setzt, um mit den Freunden und den Müttern der Kinder mithalten zu können.

Juliets Schilderung wird immer wieder unterbrochen von begeisterten Logbucheinträgen Michaels. Auf diese besondere Weise steuern die beiden Erzählstränge aufeinander zu. Michael bleibt auch noch nach Aufgabe seiner Arbeitsstelle optimistisch in Bezug auf die Zukunft. Trotz depressiver Phasen oder gerade deswegen ist Juliet fest entschlossen, sich der Unsicherheiten, die die Seereise mit sich bringt, auszusetzen. Die Entscheidung verändert vieles für beide. Dem Meer ist der soziale Status egal, hier brauchen Michael und Juliet ihre Fassade nach außen hin nicht aufrechtzuerhalten. Der enge Raum an Bord bildet bald für die Familie ihren eigenen kleinen Kosmos, überschaubar und doch mit so viel Gefahr verbunden, wie die Vier es zunächst nicht ahnen können.

Die Autorin überzeugt nicht nur mit der feinsinnigen Darstellung einer Liebesbeziehung, sondern auch mit der Beschreibung einer einzigartigen Umgebung, die mit der Reise verbunden ist. Was den Roman so ansprechend macht ist allerdings die Gemeinsamkeit zwischen Ehe und dem Segeln, denn hier wie dort sind Probleme und Krisen nicht vorhersehbar und bergen Risiken, die Leben verändern können.

Amity Gaige versteht es in ihrem Roman „Unter uns das Meer“ von Beginn an eine unterschwellige Spannung aufzubauen, indem sie den Leser bewusst im Ungewissen über den Ist-Zustand von Juliet und ihrer Familie lässt. Das Ende des Romans ist allerdings eher unspektakulär. Gerne empfehle ich diesen mehrschichtigen, komplex aufgebauten Roman weiter.