Donnerstag, 31. Oktober 2019

Rezension: Kochen nach Beaufort von Claudia Seifert




 
 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Kochen nach Beaufort - Rezepte für jede Windstärke
Autorin: Claudia Seifert
Fotos: Julia Hoersch
Erscheinungsdatum: 10.10.2019
Verlag: Delius-Klasing (Link zur Buchseite des Verlags)
ISBN: 9783667117021
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Das Kochbuch „Kochen nach Beaufort“ von Claudia Seifert mit Fotos von Julia Hoersch aus dem Delius Klasing Verlag ist ein Rezeptbuch für die Kombüse, das bei der Zubereitung die Enge des verfügbaren Platzes berücksichtigt. Das Buch wurde in einer Metalldose geliefert, was als Spritzschutz an Bord sinnvoll sein kann. Beiliegend war ein hölzerner Kochlöffel, den ich auch für mein erstes Küchenerlebnis mit einem der aufgeführten 81 Rezepte verwendet habe und der mir auch weiterhin nützlich sein wird. Die Rezepte sind dieselben wie in einer anderen Ausgabeart des Buchs aus dem Jahr 2012.

Auf den ersten Seiten sind die danach folgenden Rezepte benannt und nach Windstärken und Seitenzahlen aufgeführt. Einige Seiten weiter findet sich eine Liste mit Lebensmitteln, die man an Bord vorfinden sollte. Benötigt ein Rezept eines dieser Zutaten, ist eine Bemerkung beim Rezept rechts unten vorhanden. Zusätzlich werden aber fürs Kochen viele frische Zutaten benutzt von denen es mir möglich erscheint, dass sie im nächsten Hafen eventuell nicht zu erhalten sind. Daher sollten die Gerichte, die an Bord zubereitet werden sollen, vor dem in See stechen geplant und die Lebensmittel besorgt werden.

Nicht immer erschien es mir leicht, die Gerichte, die hohen Windstärken zugeordnet wurden, in der Kombüse zu kochen z.B. stelle ich mir die Zubereitung und das Essen von mit Apfel- und Matjesstückchen belegten Brotscheiben bei starkem Wind schwierig vor. Leider sind nicht zu jedem Rezept Fotos vorhanden, was ich darum schade finde, weil ich sie Appetit anregend finde und sie darum zum Nachkochen verführen. Die vorhandenen Fotos der Gerichte wurden stylisch ins Bild gesetzt ohne jedoch geschönt zu sein, was mir sehr gut gefallen hat. Ergänzt werden sie von stimmungsvollen Fotos vom Wasser oder von Schiffen. Wer sich allerdings vom Foto mit Mangold, Kirschen und Frischkäse angesprochen fühlt, wird von einem Druckfehler überrascht, denn hier ist ein anderes Rezept zu finden das dadurch doppelt vorhanden ist. Das scheint beim Layout und Lithographe in Deutschland und beim Drucken in China nicht aufgefallen zu sein.

Die Rezepte sind leicht nach zu kochen. Die Anleitung ist meist kurz gehalten, enthält aber alle notwendigen Schritte. Die aufgeführten Zubereitungszeiten sind ein guter Richtwert und hilfreich. Wer nach schnell zuzubereitenden, geschmacklich gut abgestimmten Gerichten sucht, die man auf kleinem Raum in der Kombüse oder zu Hause kochen kann, wird in diesem Buch fündig.

Mittwoch, 30. Oktober 2019

Rezension: Winterbienen - Norbert Scheuer


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Winterbienen
Autor: Norbert Scheuer
Hardcover: 319 Seiten
Erschienen am 18. Juli 2019
Verlag: C.H.Beck

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Im Januar 1944 ist Egidius Arimond in seinem Bergarbeiterstädtchen im Urfttal in der Eifel einer der wenigen Männer, die nicht zum Kriegsdienst eingezogen wurden. Als Epileptiker wurde er als Lehrer entlassen und kümmert sich jetzt vor allem um seine Bienenvölker. Weil sein Bruder ein bekannter Pilot und Kriegsheld ist, wurde er von den Nazis bislang nicht deportiert. Doch seine Medikamtente sind teuer, und vom Verkauf des Honigs und Bienenwachses allein kann er sie nicht bezahlen, den größten Teil muss er sowieso an den Staat abgeben. Deshalb bringt er in präparierten Bienenstöcken Juden zur belgischen Grenze. Als die Alliierten immer weiter vorrücken, wird die Lage für Egidius zunehmend gefährlich.

Der Roman ist in Tagebuchform verpasst und nimmt den Leser mit in die Jahre 1944 und 1945. Ein undatiertes Blatt mit einer Vorstellung des Protagonisten gibt zu Beginn einen ersten Überblick, in welcher Situation Egidius sich befindet. Als Epileptiker wurde er als Lehrer entlassen und zwangssterilisiert. Seine Tage verbringt er nun vor allem mit seinen Bienen und seine Nächte mit wechselnden Frauen.

Die Einträge sind in ruhiger, nüchterner Sprache verfasst. Egidius berichtet über alltägliche Begebenheiten, schwierigere Themen schreibt er seltener nieder, auch wenn er seine Notizen im doppelten Boden eines Bienenstocks versteckt. So erfährt man erst nach einer Weile, dass er dabei hilft, Juden über die Grenze zu bringen - laut eigener Aussage vor allem, um sich seine Medikamtente leisten zu können. Neue Instruktuionen erhält er über Notizen in einem Bibliotheksband. Dort ist er fast täglich, um Lateinunterricht zu geben und die Aufzeichnungen seines Vorfahren Ambrosius zu übersetzen.

Ambrosius Agrimond züchtete bereits im 15. Jahrhundert Bienen in der Eifel und gründete eine Familie, nachdem er das nahegelegene Kloster verlassen hatte. Als Junge begegnete er Johann von Erkelenz, der das Herz des verstorbenen Nicolaus Cusanus von Rom nach Cues bringen sollte. Da ich in Erkelenz das Cusanus-Gymnasium besucht habe, fand ich diese Einblicke besonders interessant.

Während der Krieg tobt, beschäftigt sich Egidius ausführlich mit dem Verhalten seiner Bienen. Als Leser erfährt man dabei so einiges über Bienenvölker und ihre Aufgaben im Laufe eines Jahres. Das steht in Kontrast zum Kriegsgeschehen, das Egidius sieht und von dem er hört. Flugzeugabstürze und erschossene Piloten, entkräftete Juden, die ihm ihr Leben anvertrauen, Vergewaltigungen, Bombenabwürfe und immer mehr Soldaten überall.

Gedanklich zieht sich Egidius immer wieder auf schöne Momente und die Zeit mit seinen Bienen zurück, diese Passagen lesen sich fast schon leicht. Dann jedoch folgen wieder Schilderungen zu dem, was gerade wirklich um ihn herum passiert, die umso mehr bedrücken und erschrecken. Dabei wächst auch die Angst in Egidius, die Kontrolle über seinen Körper zu verlieren oder aufzufliegen.

„Winterbienen“ berichtet authentisch von den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges aus der Sicht eines Imkers und Fluchthelfers, der auf Medikamtente angewiesen ist. Dem Autor gelingt es, hinter seiner Figur zurückzutreten und mich Egidius’ Stimme hören zu lassen. Sehr gerne empfehle ich diesen Roman weiter.

Dienstag, 29. Oktober 2019

Rezension: Wilde grüne Stadt von Marius Hulpe


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Wilde grüne Stadt oder Im Labyrinth des entwurzelten Lebens
Autor: Marius Hulpe
Erscheinungsdatum: 19.08.2019
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen
ISBN: 9783832183677
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Der Roman „Wilde, grüne Stadt“ ist das Debüt von Marius Hulpe und trägt den Untertitel „Im Labyrinth des entwurzelten Lebens“. Die wilde grüne Stadt ist die westfälische Kreisstadt Soest. Hier spielt nicht nur die Haupthandlung, sondern hier wurde auch der Autor geboren. Die Farbbezeichnung im Titel bezieht sich darauf, dass viele Bauten der Stadt aus Grünsandstein bestehen und dieser Stein recht weich und dadurch stark witterungsanfällig ist. Ich habe das bildlich auch in Bezug auf Clara, eine der Protagonisten gesehen. „Wild“ ist die Stadt, weil sie Menschen unterschiedlichster Herkunft und mit verschiedenen Ideologien Heimat gibt und gerade dieser Umstand bildet den Hintergrund für die Erzählung. Marius Hulpe zeigt, wie das Leben selbst auf vielfache Weise den Einzelnen durch Konventionen und Missbrauch von Autorität in ein Labyrinth führen kann, wie man sich dort aber auch durch ruhige, aber permanente Rebellion scheinbar verirrt.

Clara, Reza und ihr gemeinsamer Sohn Niklas sind die Protagonisten des Romans. Clara Matei ist in Soest geboren und aufgewachsen. Aufgrund des fehlenden Stammhalters führt sie das Geschäft ihres Vaters als gelernte Kürschnerin weiter. Anfang der 1970er Jahre wird sie von einem Ausländer schwanger. Den einige Jahre älteren Reza kennt sie durch ihren Freundeskreis. Er ist 1941 im Hamadaner Land im Iran geboren worden. Seine Familie hat ein Gut und er ist dazu vorgesehen später den Besitz weiter zu verwalten. Ende der 1950er widerspricht er in seiner Position als Unteroffizier seinem General. Als Strafe für diesen Widerstand gegen den Willen des Volkes wird er nach Deutschland entsandt, um dort nach seinem Abitur in Baden-Württemberg Agrarmaschinenbau in Soest zu studieren.

Clara und Reza bekommen 1982 den gemeinsamen Sohn Niklas. Reza ist zu dieser Zeit zum Politikstudium in Berlin. Sie führen eine lose Beziehung, die Erziehung des gemeinsamen Sohns Niklas bleibt in den Händen von Clara. Obwohl die drei Hauptfiguren zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlichen Ländern aufwachsen, verbindet sie die Tatsache, dass sie auf ihre eigene Weise nach Freiraum streben, um ihre Lebensträume umsetzen zu können.

Marius Hulpe erzählt seine Geschichte über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahrzehnten hinweg. Der Blick auf den jeweils im Mittelpunkt stehenden Protagonisten wechselt meist von Kapitel zu Kapitel, gleichzeitig wechselt dabei auch das Handlungsjahr. Der Autor erzählt nicht in chronologischer Abfolge, sondern in kleinen Erzählstücken über bedeutsame Ereignisse im Leben seiner Hauptfiguren.

Die Charaktere entwickeln sich über die Jahre hinweg weiter. Jede von ihnen unterliegt bestimmten Erwartungen von Kindheit an. Während Reza im Iran zum Gutsherrn erzogen wurde, erhofften sich Claras Eltern von ihrer Tochter die Weiterführung des Geschäfts. Claras Verhältnis zu Männern ist meiner Meinung nach, ein stiller Aufstand gegen die Verhaltensnormen der Soester Kleinbürger, weil ihr der Mut zum offenen Widerstand fehlt und sie dennoch die Geborgenheit, den Rückhalt durch die Familie schätzt. Die Schattenseite ihres Berufs wird Clara durch Proteste immer deutlicher, findet sich dadurch aber auch in ihrer eigenen Ansicht gestärkt.

Niklas wächst in einer, durch Claras Einflüsse liberalisierten Umgebung auf, hat schon früh einen Berufswunsch und dennoch spürt er die alten Konventionen. Allein sein dunkler Teint sorgt gelegentlich dafür, dass er ausgeschlossen wird. Der Autor verführte mich aufgrund der Beschreibungen von sträflichen Handlungen seines Vaters zu einem gedanklichen Transfer auf den Charakter des Sohns und brachte mich so ins Grübeln über schnelle Rückschlüsse, Vorverurteilungen und ungerechtfertigte Anforderungen.

„Wilde grüne Stadt“ ist nicht nur ein Roman über den Traum der Selbstverwirklichung, sondern gewährt gleichzeitig einen Einblick in das soziale Gefüge einer kleinen Mittelstadt. „Im Labyrinth des entwurzelten Lebens“ sind Clara, Reza und Niklas auf der Suche nach einer Möglichkeit des Aufbrechens von althergebrachten gesellschaftlichen Strukturen und Mustern. Gerne empfehle ich das Buch uneingeschränkt weiter.

Sonntag, 27. Oktober 2019

Rezension: Offline - Arno Strobel


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Offline
Autor: Arno Strobel
Broschiert: 368 Seiten
Erschienen am 25. September 2019
Verlag: FISCHER Taschenbuch

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Fünf Tage Digital Detox in den Bergen - dazu haben sich vier Frauen und vier Männer entschlossen und diese ganz besondere Auszeit beim Reiseveranstalter Triple-O-Journey gebucht. Am Königssee in Bayern geben sie ihre Handys ab und wandern von dort zu einem verlassenen Bergsteiger-Hotel. Kurz nach ihrer Ankunft beginnt es heftig zu schneien und am nächsten Morgen ist ein Teilnehmer verschwunden. Als dieser schwer verletzt aufgefunden wird, stellt sich für alle Anwensenden die Frage, wer für die Tat verantwortlich ist. Denn inzwischen sind sie eingeschneit, und niemand kommt hinein oder heraus...

Nach der Max-Bischoff-Reihe des Autors ist mit „Offline“ ein neuer Standalone Psychothriller erschienen. In diesem kehrt Arno Strobel zu einer Technik zurück, die er schon in früheren Büchern erfolgreich genutzt hat: Er schafft einen isolierte Umgebung, in der die Charaktere gefangen sind und wissen, dass jemand Gefährliches unter ihnen oder in der Nähe ist.

Der Schauplatz ist ein verlassenes Hotel in den Bergen, das vor der Wiedereröffnung für das Digital Detox Konzept genutzt wird. Außer den acht Teilnehmern sind eigentlich nur drei Mitarbeiter des Reiseveranstalters und zwei Hausmeister vor Ort. Die Handys sind abgegeben und würden eh nichts nützen, denn mitten in den Bergen gibt es keinen Empfang. Durch den Schneesturm sind die Charaktere schließlich gänzlich von der Außenwelt abgeschnitten.

Die Spannung steigt rasant an, als der erste Teilnehmer verschwindet und schwer verletzt aufgefunden wird. Der Täter hat alles dafür getan, dass er keinerlei Möglichkeit hat, mit den anderen zu kommunizieren. Wer tut so etwas Grausames und warum? Schnell liegen die Nerven blank, keiner traut den anderen mehr und erste Verdächtigungen sorgen für eine höchst angespannte Stimmung. Das Verhalten einiger Charaktere fand ich jedoch naiv und erst als es zu einem weiteren Vorfall kommt werden sie vorsichtiger. Dieser macht deutlich, dass die Gefahr keineswegs gebannt ist und wieder etwas passieren kann.

Mit der Zeit erfährt man mehr über die Hintergründe der verschiedenen Charaktere und lernt, sie besser einzuschätzen. Mehrere von ihnen haben Dinge zu verbergen, die allmählich ans Licht kommen. Aber haben diese etwas mit den Ereignissen zu tun? Wer ist zu solchen Taten fähig? Ich rätselte mit und las neugierig weiter, während das Buch mit Ängsten spielt und immer wieder Schreckliches geschieht. Etwas schade fand ich, dass sich schon ein gutes Stück vor dem Ende der Schlüssel zur Lösung abzeichnet. Schließlich werden alle wichtigen Fragen auf spannende Weise beantwortet und obwohl ich in mancher Hinisicht auf der richtigen Spur war, wurde ich im Hinblick auf einige Dinge überrascht.

„Offline“ nimmt den Leser mit in die Berge, wo dreizehn Menschen in einem Hotel ohne Kontakt zur Außenwelt eingeschneit werden und jemand grausame Taten verübt. Das Buch ist eine erwachsene, brutalere Version von „Abgründig“ und geeignet für alle Fans des Psychothrillers, die zum Beispiel „Das Dorf“ und „Das Rachespiel“ des Autors mochten!

Freitag, 25. Oktober 2019

Rezension: Der Oktobermann - Ben Aaronovitch


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Der Oktobermann
Autor: Ben Aaronovitch
Übersetzerin: Christine Blum
Taschenbuch: 208 Seiten
Erschienen am 20. September 2019
Verlag: dtv

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Tobi Winter macht gerade Urlaub bei seinen Eltern in Mannheim, als er von seiner Chefin angerufen und zu einem Tatort geschickt wird. Ein Toter wurde in Trier in der Nähe eines Weinbergs gefunden und sein ganzer Körper ist bedeckt mit einem Schimmelpilz, der als sogenannte „Edelfäule“ gern auf Trauben gesehen wird. Ein klarer Fall für die Abteilung KDA - Komplexe und diffuse Angelegenheiten - des Bundeskriminalamts, zu der Tobi gehört. Zusammen mit der örtlichen Polizistin Vanessa Sommer versucht er, der Ursache dieses mysteriösen Todesfalls auf die Spur zu kommen.

Ich habe mir sehr über die Nachricht gefreut, dass Ben Aaronovitch einen Kurzroman geschrieben hat, der in Deutschland spielt. Protagonist des Buches ist Tobi Winter, der seit einer Weile von einer nicht näher vorgestellten Chefin in der Magie unterwiesen wird und Straftaten aufklären soll, bei denen Übernatürliches im Spiel ist. Er ist also das deutsche Pendant zu Peter Grant und lernt auch ähnliche Dinge wie er, wobei die Deutschen einige andere Regeln und Meinungen haben.

Tobi inspiziert schon bald den Tatort sowie den Toten und alles deutet darauf hin, dass hier Magie im Spiel war. Ob die Besitzerin des angrenzenden Weinguts etwas weiß? Im Gespräch mit ihr kann Tobi heraushören, dass es in der Nähe Flussgötter gibt, die sogleich auf die Liste der zu Befragenden gesetzt werden. Außerdem war der Tote Mitglied in der Gesellschaft zum Trinken guten Weins, sodass auch die anderen Clubmitglieder ein Ansatzpunkt sind.

Tatkräftige Unterstützung erhält Tobi von Vanessa, die dem Thema der Magie grundsätzlich offen gegenübersteht. Er erklärt ihr einige grundlegende Dinge und sie versucht gleich, ihm beim Aufspüren eines Vestigiums zu helfen. Auf der anderen Seite staunt sie nicht schlecht, als sie erfährt, was es da draußen noch so alles gibt. Die Interaktion mit den Flussgöttinnen fand ich interessant. Sie haben ein schwierigeres Verhältnis zur Polizei, denn in ihrem langen Leben ist die Nazi-Zeit gefühlt erst seit kurzem vorbei.

Während Peter Grant sich mit immer mehr Altlasten herumschlagen muss ist dieses Buch übersichtlicher, wobei trotzdem eine größere Zahl an Charakteren eine Rolle spielt. Man kann diesen Roman ohne Vorkenntnisse lesen und in die magische Welt des Autors hineinschnuppern. Für Fans von Peter Grant ist dieser Kurzroman sowieso Pflicht. Ich würde mich sehr freuen, wenn Tobi Winter weitere eigene Fälle lösen muss oder eine Dienstreise nach London machen darf. „Der Oktobermann“ bietet kurzweilige, skurrile Unterhaltung!

Mittwoch, 23. Oktober 2019

Rezension: Drei Frauen am See von Dora Heldt


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Drei Frauen am See
Autorin: Dora Heldt
Erscheinungsdatum: 31.08.2019
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur
ISBN: 9783423262064
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„Drei Frauen am See“ von Dora Heldt ist ein bewegender Roman über die Freundschaft. Im Mittelpunkt stehen nicht nur drei Frauen wie der Titel aussagt, sondern vier, die von Kindheit an miteinander befreundet sind. Doch nach vielen Jahrzehnten in denen sie füreinander da waren, kam der große Streit und das Ende ihrer Freundschaft. Eine von ihnen, Marie, wurde mit einem Herzfehler geboren, ihr früher Tod ist vorhersehbar. In ihrem Testament hat sie ihre Freundinnen Friederike, Jule und Alexandra als Erben ihres Ferienhauses am See vorgesehen. Dort haben sie früher viele schöne Tage verbracht. Um das Erbe anzutreten, müssen die drei ein gemeinsames Wochenende im Ferienhaus verbringen.

Für mich war es spannend zu verfolgen, ob die Freundinnen ihre Wut aufeinander und ihren Ärger überwinden werden. Besonders schön fand ich es, dass von Beginn an, nicht der monetäre Aspekt des Erbes im Vordergrund stand, sondern die Erinnerung an Marie und die Freundschaft mit ihr.

„Drei Frauen am See“ war für mich der erste Roman, den ich von Dora Heldt gelesen habe. Mit den vier Freundinnen hat sie interessante, vom Charakter her sehr unterschiedliche Personen geschaffen. 

Inzwischen sind alle vier Mitte Fünfzig. Marie ist Fotografin. Sie ist aufgrund ihrer Krankheit immer die Zarteste der befreundeten Frauen gewesen. Ihr ausgleichendes Wesen hat einen positiven Einfluss auf die anderen. Jule ist Physiotherapeutin mit eigener Praxis, sportbegeistert und schon früh an Männern interessiert. Sie ist geschieden und hat eine erwachsene Tochter. Marie und Jule sind ihrer Heimat in Norddeutschland verbunden geblieben, während Alexandra als Verlagsleiterin nach München gezogen ist. Friederike leitet ein Hotel in Hamburg und ist so wie Alexandra nicht verheiratet und kinderlos.

Jede der vier Frauen ist auf ihre Weise erfolgreich und dennoch liest sich aus den Zeilen ihre Unzufriedenheit. Zwar hat jede von ihnen Bezugspersonen, doch ihnen fehlen seit dem Streit die vertrauten Gespräche miteinander, die gemeinsamen Aktivitäten, das Scherzen, Lachen und füreinander da sein. Lange ließ die Autorin mich darauf warten, zu schildern, was die schlimme Auseinandersetzung herbeigeführt hat. Der Tod von Marie bringt die Freundinnen zum Nachdenken, nicht nur über ihre Freundschaft, sondern auch über ihre eigene Position im Leben. In vielen Rückblenden konnte ich mehr über den Lebensweg jeder einzelnen Freundin erfahren. Da alle in meinem Alter sind, teilte ich ihre Erinnerungen an viele Dinge des Alltags der letzten Jahrzehnte.

Dora Heldt hat mich mit ihrem Roman „Drei Frauen am See“ berührt. Die Geschichte und die Figuren sind realistisch gestaltet und die Schilderungen rund um die Freundschaft der vier Frauen mit Gefühl ausgeführt. Gerne empfehle ich den Roman weiter, ganz besonders an Frauen in der Altersklasse der Autorin.

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