Sonntag, 31. Dezember 2017

[Rückblick Hanna] Meine Top 5 aus 2017

 

*Dieser Post beinhaltet Werbung für diverse Bücher.*

Hallo ihr Lieben,

heute möchte ich Euch meine Lesehighlights 2017 vorstellen. Nach meinen Rückblicken in den Jahren 2014, 2015 und 2016 darf man diesen Rückblick nun wohl schon eine Tradition nennen. :-)

Meine Highlights sind alphabetisch sortiert, da die Auswahl der Top 5 schon schwierig genug war. ;-)


"Das Lied der Krähen" von Leigh Bardugo ist mein Fantasy-Highlight des Jahres. Die Autorin hat sechs höchst unterschiedliche Charaktere mit verschiedenen Talenten geschaffen, die sich für eine Mission zusammenraufen müssen, die die unmöglich und lebensgefährlich scheint. Das Buch bietet höchst spannende Unterhaltung für alle Fans fantastischer Geschichten!
Hier findet ihr meine komplette Buchrezension.


"Der Meisterkoch" von Saygın Ersin ist ein orientalsich-kulinarisches Märchen, das mich schmackhaften Beschreibungen, ein wenig Magie und einem Protagonisten mit starkem Willen begeistern konnte. Eine tragisch-schöne Geschichte! Das Cover ist gleichzeitig mein optisches Jahreshighlight - rot ist meine Lieblingsfarbe, und die gold schimmernden Akzepte sind ein echter Hingucker!
Hier findet ihr meine komplette Buchrezension.


"Die letzten Tage der Nacht" von Graham Moore wirft den Leser mitten hinein in den tobenden Stromkrieg Ende des 19. Jahrhunderts, wo Westinghouse von Edison auf unglaubliche eine Milliarde Dollar verklagt wird, weil er angeblich dessen Patent an der Glühfadenlampe verletzt hat. Eine tolle Mischung aus Wissenschaft, Geschichte und spannender Unterhaltung!
Hier findet ihr meine komplette Buchrezension.



"Das Glück des Zauberers" von Sten Nadolny ist ein Brief-Roman, in welchem der Zauberer Pahroc der erwachsenen Version seiner aktuell vier Monate alten Enkelin seine Lebensgeschichte erzählt. Eine absolut gelungener Rückblick auf das 20. Jahrhundert mit einer Mischung aus Historik, Fabulierkunst, Humor, Gesellschaftskritik und Philosophie.
Hier findet ihr meine komplette Buchrezension. 


"Zeit der Schwalben" von Nikola Scott erzählt von Adele, die ein Jahr nach dem Tod ihrer Mutter damit konfrontiert wird, dass diese ihr vierzig Jahre lang etwas Entscheidendes verschwiegen hat. Auf zwei Zeitebenen thematisiert das Buch ein ernstes Thema, verliert gleichzeitig aber nie eine gewisse Leichtigkeit. Ein Buch für alle, die gerne in Familiengeschichten mit Geheimnissen eintauchen!
Hier findet ihr meine komplette Buchrezension.

Abschließend möchte ich zwei ganz besondere Bücher nicht unerwähnt lassen. Ich habe die letzten Tage genutzt, um Bücher zu lesen, die mir vor allem über Instagram immer wieder ans Herz gelegt wurden. Sowohl bei "Die Farbe von Milch" von Nell Leyshon als auch bei "Was man von hier aus sehen kann" von Mariana Leky kann ich mich den vielen begeisterten Stimmen nur anschließen. Diese beiden Geschichten verdienen noch ganz viele Leser.




Das waren meine persönlichen Lesehighlights aus 2017. Welche Titel kennt ihr schon oder möchtet ihn noch lesen? Und was waren eure Highlights im Jahr 2017?

Liebe Grüße
Eure Hanna 

Donnerstag, 28. Dezember 2017

[Rezension Hanna] Woman in Cabin 10 - Ruth Ware


*Werbung* 
Woman in Cabin 10
Autorin: Ruth Ware
Übersetzerin: Stefanie Ochel
Broschiert: 384 Seiten
Erschienen am 27. Dezember 2017
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft

Inhalt
In wenigen Tagen soll Lo Blackwood Teil einer exklusiven Kreuzfahrt zu den norwegischen Fjorden werden. Von diesem Plan lässt sie sich auch nicht abbringen, als jemand in ihre Wohnung einbricht und sie im Schlafzimmer einsperrt. Denn als Reisejournalistin macht sie die Reise stellvertretend für ihre Chefin – das ist ihre Chance, sich zu beweisen! Doch in der ersten Nacht an Bord glaubt sie zu hören, wie jemand über Bord geht, und sieht eine Blutspur. Und die Frau aus Kabine 10, mit der sie am Abend zuvor gesprochen hat, ist verschwunden. Doch niemand glaubt Lo – denn Kabine 10 ist leer, und keiner der wenigen Menschen an Bord hat die Frau je gesehen…

Meinung
Wie viele Menschen jedes Jahr auf Kreuzfahrt gehen und auf hoher See verschwinden weiß ich spätestens seit Fitzeks „Passagier 23“. Deshalb war ich neugierig auf einen neuen Thriller in so einem vorübergehend vom Rest der Welt abgeschnittenen Schauplatz. Bevor Lo die Gangway betritt wird der Leser Zeuge eines traumatischen Ereignisses: Jemand bricht bei ihr ein und sie steht der vermummten Person einen Moment lang gegenüber, bevor diese ihr die Tür vor den Kopf schlägt und sie in ihrem Schlafzimmer einsperrt. Ich konnte absolut nachvollziehen, wie erschüttert Lo nach diesem Vorfall ist und ebenso, dass sie die Kreuzfahrt trotzdem antreten will.

Schon bald geht die Reise los und Lo findet sich zwischen anderen Reisejournalisten, Fotografen und millionenschweren Investoren an Bord der luxuriösen „Aurora Borealis“ wieder. Beim Networken weiß sie noch nicht so recht zu überzeugen, und ausgerechnet ihr Exfreund Ben ist als Journalist ebenfalls an Bord. Doch all das rückt bald in den Hintergrund, als sie glaubt, Zeugin eines Mordes geworden zu sein. Schnell ist klar, dass alle handfesten Beweise dafür vernichtet wurden – oder hat Lo sich das ganze nur eingebildet?

Obwohl ihr niemand glaubt lässt sie nicht locker und beginnt, die Passagiere und die Crew zu befragen, Vermutungen und Verdächtigungen aufzustellen. Dabei geht sie nicht sonderlich geschickt vor und das Ganze zog sich für mich ein wenig in die Länge. Immer wieder kommt es zu kleinen Vorfällen, die alle möglichen Ansatzpunkte vernichten. Das brachte ein wenig Spannung in die ansonsten eher mysteriöse Situation und ließen mich zweifeln, ob all das denn nun wirklich passiert oder sich nur in Los Kopf ereignet.

Im letzten Buchdrittel kommt es zu einem gelungenen Plot Twist, welcher Dramatik bietet und schließlich auch Antworten liefert. Hier beweist die Geschichte, dass doch noch ein Psychothriller in ihr steckt, und bietet Momente, die mich hoffen und bangen ließen. Die Seiten verflogen plötzlich im Nu und die spannende Frage, wem man überhaupt trauen kann, steht im Raum. Allerdings laufen durch den Twist einige Handlungsstränge ins Leere und werden nicht wieder aufgegriffen. Das Verhalten einiger Charaktere bleibt für mich nicht ganz nachvollziehbar. Ein beängstigendes Szenario wird aufgebaut, das leider nicht ganz rund geschliffen ist.

Fazit
In „Woman in Cabin 10“ glaubt Lo, Zeugin eines Mordes geworden zu sein. Doch alle möglichen Beweise wurden vernichtet – oder gab es sie nie? Nach einem dramatischen Start weist das Buch bei Los Versuchen, irgendetwas über den Vorfall herauszufinden, trotz mysteriöser Zwischenfälle kleine Längen auf. Schließlich kann die Geschichte in Sachen Spannung noch einmal ordentlich punkten und bot ein psychologisch aufreibendes Finale. Ich vergebe knappe vier Sterne für Los persönliche Höllen-Kreuzfahrt.

Mittwoch, 27. Dezember 2017

[Rezension Ingrid] Woman in Cabin 10 von Ruth Ware


Bereits das Cover des Buchs „Woman in Cabin 10“ von Ruth Ware nahm mich mit in ein schauriges Setting. Der Blick durch ein Regenschlieren getrübtes Bullauge zeigt das aufgewühlte Meer. Verbunden mit dem Untertitel „Es ist ein Mörder auf dem Schiff. Aber niemand glaubt dir“ entstand noch vor dem Lesen für mich eine bedrückende, aber gleichzeitig knisternde Atmosphäre. Von Beginn an war ich gespannt, welche Rolle die Titelfigur einnehmen wird.

Die Journalistin Laura Blacklock, von ihren Freunden kurz Lo genannt, soll in einer Reportage über eine mehrtägige Fjord-Kreuzfahrt auf einem kleinen luxuriösen Schiff mit nur zehn Gästekabinen berichten. In den Tagen vor dem Beginn der Reise wird in ihrer Wohnung nachts eingebrochen. Sie stellt den Dieb und wird von ihm eingeschlossen. Das Ereignis lässt sie in Folge schlecht schlafen. In ihrer ersten Nacht auf dem Schiff wacht sie von einem lauten Platschen auf. Sie hastet auf die Veranda und sieht einen blutigen Streifen auf der Glasscheibe der Reling der Nachbarkabine. Dadurch ist sie überzeugt, dass jemand ermordet und über Bord geworfen wurde. Nachdem sie den Vorfall angezeigt hat, wird allerdings ihre Wahrnehmung in Frage gestellt, denn es wird niemand vermisst. Aber Lo ist sich sicher, dass es real war, was sie gesehen und gehört hat. Der Mörder befindet sich also weiter an Bord und jeder ist in Gefahr.

Bereits zu Beginn konstruiert Ruth Ware mit dem Einbruch in Los Wohnung einen wohl für jeden Leser nächtlichen Alptraum. Die Ich-Erzählerin Lo übermittelte mir ihre Angst und Nervosität in dieser Situation, so dass ich sehr gut nachempfinden konnte, wie sie sich fühlte, als sie die besonderen Geräusche in ihrer Kabine vernahm. Wieder war sie allein und auch ohne jemanden, dem sie ihre Vermutungen direkt anvertrauen konnte. Sie selbst weiß auch um diese irreale Lage, macht sich Vorwürfe und denkt darüber nach, wie sie solche Erlebnisse vermeiden kann. Gerne hätte ich Lo ihre Schilderungen ohne in Fragestellung abgenommen, aber Ruth Ware versieht den Charakter Lo mit einem Hang zum Alkohol und der regelmäßigen Einnahmen von Antidepressiva. Das weckt gewollt Misstrauen. Die Anzahl der Mitreisenden ist überschaubar, so dass sich miträtseln lässt, wer denn für einen Mord in Frage käme, wenn es denn einen Mord überhaupt gegeben hat.

Das Buch enthält mehrere Teile. Nach dem zweiten Teils steht ein kurzer Austausch unter Freunden von Lo, der einige Zeit nach dem vorher gehenden Cliffhanger abläuft und ich erfuhr, dass die Protagonistin vermisst wird. Solche Vorgriffe baut die Autorin mehrmals ein und steigert dadurch die Spannung nochmal, denn dadurch ließ sie mich glauben, dass Lo sich in Gefahr vor einem potentiellen Täter auf dem Schiff befindet.

„Woman in Cabin 10“ spielt mit unterschwellig vorhandenen Ängsten. Auch wenn die Suche nach Mordopfer und Täter sich etwas in die Länge zieht, so ist doch die Spannung von Beginn bis zum Ende sehr hoch und wird durch einige überraschende Wendungen und einem unerwarteten Schluss nochmal gesteigert. Die Konstruktion des Thrillers ist gekonnt und ließ mich mitfiebern. Gerne gebe ich dem Buch eine Empfehlung für Leser des Genres.

*Werbung*
Titel: Woman in Cabin 10
Autor: Ruth Ware
Übersetzer: Stefanie Ochel
Erscheinungsdatum: 27.12.2017
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur

Samstag, 23. Dezember 2017

[Rezension Ingrid] Sieben Tage voller Wunder von Dani Atkins


Die Romane von Dani Akins beinhalten menschliche Tragödien, so auch im Buch „Sieben Tage voller Wunder“. Auffällig bei der Betrachtung des Covers ist der hinter einem Wolkenschleier verborgene Mann auf den die junge Frau zugeht, so dass ich mich schon vor dem Lesen fragte, ob das ein Hinweis auf eine Begebenheit in der Geschichte ist. Titel und Umschlaggestaltung deuten auf den in der Erzählung enthaltenen mysteriösen Touch hin, den die Autorin schon häufiger umgesetzt hat und der auch hier nicht fehlt. Die Erzählung umfasst sieben Tage, wie bereits aus dem Titel herauszulesen ist.

Die in London lebende Hannah Truman hat herausgefunden, dass ihr Freund William sie betrügt. Kurzfristig hat sie beschlossen, Trost bei ihrer Schwester zu suchen, die mit Ehemann und Tochter in Kanada wohnt. Nach fünf Wochen in Amerika macht sie sich schweren Herzens auf den Weg nach Hause an einem eiskalten stürmischen Nachmittag. Noch ist sie sich nicht sicher, ob sie sich von William trennen soll. Bereits am Flughafen fällt ihr unter den Fluggästen ein großer attraktiver Mann mit grünen Augen auf, der sich ihr später als Logan Carter vorstellt. Sie freut sich sehr darüber als sie bemerkt, dass er wider Erwarten in der gleichen Maschine reist wie sie. Schon bald werden die beiden den bisher fehlenden näheren Kontakt nachholen können, doch bis dahin durchleben Hannah und Logan eine ungeahnte Katastrophe.

Dani Atkins fokussiert in „Sieben Tage voller Wunder“ auf der Protagonistin Hannah, die sie in der Ich-Form erzählen lässt. Dadurch konnte ich sehr gut deren Gefühle aufnehmen. Ich spürte ihre Verzweiflung über den Bruch in ihrer langjährigen Beziehung, die Traurigkeit ihre Schwester wieder einmal zurück zu lassen, das ungeduldige Warten auf den Flug und das überraschende beglückende Treffen mit dem ihr bis dahin unbekannten Logan. Der Charakter der Hannah ist gut ausformuliert. Was dann folgt ist dank einer sehr guten Recherche der Autorin unglaublich, aber durchaus realistisch dargestellt. Wer Dani Atkins schon einmal gelesen hat weiß, dass sie ihren Figuren tragische Schicksale nicht erspart. Hannah und Logan geraten in eine Situation, in der sie die gegenseitige Unterstützung des anderen zu schätzen lernen.

Am Anfang stand die Frage im Raum, ob der Bruch in der Beziehung zwischen Hannah und ihrem Freund noch zu kitten ist, doch bald schon konnte mich der sympathische Logan für sich einnehmen. Während ich noch auf ein Happy End zwischen ihm und Hannah hoffte, überraschte mich Dani Atkins mit einem Dreh in ihrer Geschichte mit der ich durch Titel und Cover eigentlich hätte rechnen müssen.

Ohne den Twist am Ende hätte mir das Buch noch besser gefallen. Aber wieder schreibt die Autorin mit „Sieben Tage voller Wunder“ eine ergreifende und berührende Geschichte, den ich gerne an Leser empfehle, die bewegende Romane mögen.
*Werbung*
Titel: Sieben Tage voller Wunder
Autorin: Dani Atkins
Übersetzerin:
Sonja Rebernik-Heidegger
Erscheinungsdatum: 01.10.207
rezensierte Buchausgabe: Taschenbuch


Mittwoch, 20. Dezember 2017

[Rezension Ingrid] The Child von Fiona Barton


Im zweiten Thriller von Fiona Barton mit dem Titel „The Child“ begegnete ich alten Bekannten wieder. Wie in ihrem Debüt wird erneut die Journalistin Kate Waters von der Daily Post in den vorliegenden Fall involviert und  Detective Bob Sparkes bildet einen ihrer wertvollen Kontakte zur Kriminalpolizei. Die jetzige Geschichte spielt zwei Jahre später nach den Ereignissen des ersten Buchs,  bedarf aber nicht dessen Vorkenntnis.

Es ist eine Meldung im Abendblatt der Konkurrenz durch die Kate darauf aufmerksam wird, dass eine Babyleiche auf einer Baustelle gefunden wurde. Entsprechend ihrer Gewohnheit reißt sie sich den Artikel aus und legt sie zu den anderen in ihre Tasche, die ebenfalls darauf warten, weiter verfolgt zu werden. Der Ausschnitt eines Zeitungsberichts auf dem Cover, verfasst von Kate Waters, ließ mich bereits ahnen, dass die Recherche der Protagonistin weitere Fakten ans Tageslicht bringen wird. Auch der Untertitel des Buchs „Du kannst die Vergangenheit begraben, aber die Wahrheit lebt weiter“ unterstützte meine Vermutung.

Nicht nur Kate wird auf den Bericht über den Leichenfund aufmerksam. Emma Simmonds, 42 Jahre, arbeitet von zu Hause aus als Textkorrektorin. Sie findet den Artikel in der Zeitung, die ihr Ehemann Paul aus der U-Bahn mit nach Hause gebracht hat. Sie leidet seit Jahren an einer psychischen Krankheit. Die Meldung ruft bei ihr eine panikartige Reaktion hervor. Am gleichen Tag trauert Angela Irving wieder einmal um ihre vor über 40 Jahren als Neugeborenes verschwundene Tochter Alice. Die frühere Krankenschwester ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder, doch der Geburtstag ihrer Tochter lässt wieder die Hoffnungslosigkeit aufleben, Alice jemals wiederzusehen. Erst vier Tage später liest sie den inzwischen von Kate verfassten Artikel zum Thema, mit der Frage als Überschrift, wer denn das Baby sein könnte.

Die Geschichte wechselt zwischen verschiedenen Charakteren, vor allem den bereits vorgenannten. Vom ersten Kapitel an ist klar, dass der Zeitungsbericht Emma sehr tief trifft. Bewusst lässt Fiona Barton sie in der Ich-Form erzählen. Dadurch kam ihr Erschrecken über den Fund mir sehr nah. Wie sich herausstellt hat nicht nur sie ein Geheimnis, dass man zu ahnen beginnt, aber erst nahezu zum Schluss aufgeklärt wird, sondern auch ihre Mutter Jude trägt ein belastendes Ereignis mit sich. Als Leser erfuhr ich so mit und mit wie es in der Jugend von Emma zum Zerwürfnis mit Jude kam und erst sehr viel später wieder eine Annäherung der beiden erfolgte. Während Emma kaum ein gesellschaftliches Leben hat und bei ihrem deutlich älteren Mann Unterstützung und Geborgenheit findet, ist ihre Mutter seit jeher sehr selbstbewusst. Sie war Anwältin und kämpft nicht nur für ihre Klienten, sondern auch für ihre eigenen Rechte auf ein angenehmes Leben an der Seite eines attraktiven Mannes und mit eigenen Kindern. Nicht alle ihre Wünsche sind in Erfüllung gegangen und so ist sie leicht verbittert ob der unerreichten Ziele. Einen großen Teil der Schuld daran schreibt sie Emma zu.

Nicht nur Jude reflektiert ihre Rolle als Mutter, sondern auch Angela, denn ihre beiden Kinder haben stets an der Seite des Schattens des verschwundenen Geschwisters gelebt. Angela hat es nie geschafft, die wiederkehrende Lethargie abzustreifen. Ebenso hat Kate Waters Schuldgefühle und fragt sich als Mutter, was sie falsch gemacht hat, denn einer ihrer erwachsenen Söhne spricht von einer Zukunft mit der seine Eltern nicht einverstanden sind.

Wie bereits im Debüt von Fiona Barton habe ich auch diesmal durch Kate Waters etwas über investigativen Journalismus erfahren. Von Anfang an baut die Autorin Spannung auf durch geschickt gesetzte Geheimnisse, die früh angedeutet und erst spät aufgedeckt werden. Glaubte ich mich der Lösung bereits nahe, entdeckte ich eine zeitliche Unlogik, die natürlich auch Kate nicht verborgen blieb. An manchen Stellen spielt die Autorin mit dem äußeren Schein und sorgt für überraschende Wendungen. Ihre Charaktere sind sehr gut ausformuliert. Sie zeigen nachvollziehbare Gefühle und tragen Verantwortung für ihr Tun.

„The Child“ konnte mich noch mehr fesseln als das erste Buch von Fiona Barton. Das Buch ist nicht als Thriller ausgewiesen. Obwohl mit dem Fund der Knochen ein lange zurück liegendes Verbrechen aufzuklären ist, ist die Erzählung aufgrund seiner Vielschichtigkeit mehr als ein Krimi mit anhaltender Spannung. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.
*Werbung*
Titel: The Child
Autorin: Fiona Barton 
Übersetzerin: Sabine Längsfeld
Erscheinungsdatum: 15.12.2017
Verlag: Wunderlich (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe Klappenbroschur

Montag, 18. Dezember 2017

[Rezension Hanna] Bittersüß wie Pecannüsse - Kathy Hepinstall



*Werbung*
Bittersüße wie Pecannüsse
Autorin: Kathy Hepinstall
Übersetzerin: Gertrud Wittich
Paperback: 320 Seiten
Erschienen am 17. November 2017
Verlag: Rowohlt Polaris

Inhalt
Willow ist das Nesthäkchen der Familie. Ihre Mutter Polly war schon achtundfünfzig Jahre alt und ihr Vater seit acht Monaten tot, als sie zur Welt kam. Weil Polly so viel älter ist als die Mütter von Willows Freundinnen, überdies raucht wie ein Schlot und zu viele Margaritas trinkt lebt Willow in ständiger Angst, dass ihre Mutter sterben könnte. Davon will Polly nichts hören. Sie ist vollauf beschäftigt mit der Pflege ihres Gartens, wobei sie in Südstaaten-Manier mit Platzpatronen und Elektroschocker Eichhörnchen vertreibt und mit ihren Zaun-Nachbarn ständig im Clinch liegt. Warum sie in ihrer Jugend aus Louisiana geflohen ist verrät sie nicht. Als Willow Hinweise auf eine alte Liebe findet ist sie entschlossen, mehr über die Vergangenheit ihrer Mutter herauszufinden.

Meinung
Das Buchcover ziert ein Pecannuss-Baum, wie er in Pollys Garten steht. Ich war gespannt auf die bittersüße Geschichte, die mir der Titel versprach. Gleich zu Beginn erklärt Willow, warum die Angst um ihre Mutter bei ihr stets präsent ist – Polly ist so viel älter als die anderen Mütter, dass sie in der Schule sogar behauptet, sie wäre die älteste Mutter auf der Welt. Es könnte zum Beispiel der Bär – in der Familie wird das Wort Krebs nicht in den Mund genommen – kommen und sie erwischen. Ihr Vater ist kurz nach ihrer Zeugung gestorben und ihre beiden Geschwister sind längst erwachsen und ausgezogen, sodass sie das Gefühl hat, die Geschichte ihrer Familie verpasst zu haben. Willow denkt sich gern Geschichten aus und neigt zu Übertreibungen, was sie in so manche verzwickte Situation bringt.

Die rund 300 Seiten decken einen Zeitraum von mehreren Jahren ab. Willow ist elf Jahre alt, als sie von ihrem Bruder den Tipp erhält, nach alten Briefen zu suchen, die Hinweise auf die Vorfälle in Pollys Jugend geben. Gemeinsam mit ihrem besten Freund Dalton macht sie sich auf die Suche und wird prompt erwischt – alles, was ihr bleibt, ist ein Vorname und eine Absendeadresse in Louisiana. Ich hatte erwartet, dass Willow hier intensiver nachforscht, doch die Suche nach Antworten kommt nur schleppend voran und gerät immer wieder in den Hintergrund.

Stattdessen lernt man insbesondere Polly besser kennen. Sie ist ein echter Südstaaten-Charakter und stolz darauf. Es gibt viele amüsante Szenen, in denen sie zum Beispiel mit Willow über den Elektroschocker gegen Eichhörnchen streitet oder die Nachbarskinder verflucht, die ihr gegenüber keinerlei Respekt zeigen. Mit ihrer schroffen Art wurde sie mir bald sympathisch. Ihre drastischen Handlungen gingen mir manchmal etwas zu weit, bringen aber auch sie selbst ins Nachdenken.

Die gelegentlichen Besuche von Willows Geschwistern Shed und Lisa geben Einblicke, wie das Familienleben vor Jahren ausgesehen hat. Doch einen echten Zugang findet Willow zu beiden nicht und ich konnte gut verstehen, warum sie immer wieder das Gefühl hat, eine Außenstehende zu sein. Immerhin hat sie ihren besten Freund Dalton, der ihr jederzeit bereitwillig seine Hilfe anbietet. Doch mit den Jahren müssen sich die beiden Fragen, ob sie nur Freundschaft verbindet oder da mehr ist.

Die verschiedenen Szenen konnten mich unterhalten, liefern aber leider keinerlei Antworten auf die Fragen nach Pollys Vergangenheit. Als es zu einer von Willow gefürchteten Entwicklung kommt wird der Ton schließlich ernster. Der Geschichte gelingt es trotzdem, nicht zu dramatisch zu werden. Der letzte Teil hat mir schließlich am Besten gefallen, denn endlich wird das große Geheimnis auf einen Schlag gelüftet und ich erhielt ordentlich Stoff zum Nachdenken. Es kommt zu berührenden, aber auch skurrilen Szenen, die ein schöner Abschluss sind und das offen lassen, auf das ich vom Buch auch keine Antwort haben wollte.

Fazit
In „Bittersüß wie Pecannüsse“ lebt Willow in ständiger Angst, dass ihre Mutter Polly bald sterben könnte. Über mehrere Jahre hinweg werden oft amüsante und skurrile, aber auch nachdenklich stimmende Episoden erzählt, in denen es um Pollys Philosophie als Südstaaten-Lady, die Familie und Willows Erwachsenwerden geht. Willows Suche nach Antworten bezüglich Pollys Geheimnis hat leider nicht so viel Platz eingenommen hat wie erwartet. Die ungewöhnlichen Charaktere haben mich mir ihren nicht alltäglichen Weltansichten unterhalten können. Dafür vergebe ich vier Sterne.


Donnerstag, 14. Dezember 2017

[Rezension Ingrid] Die Hoffnung von Mich Vraa


Ruhig liegen die Ruderboote vor einer Küste mit reichlich Vegetation. Schon beim Betrachten ahnte ich so, dass mich der Roman „Die Hoffnung“ von Mich Vraa in die Karibik führen wird. Der Sepiaschleier, der auf dem Cover liegt, ließ mich vermuten, dass die Erzählung in der Vergangenheit spielt. Und so ist es auch. Das Geschehen beginnt im September 1788 während der letzten Fahrt von Kapitän Anton Frederiksen auf seinem Schiff „Hoffnung“ von Westindien zurück zu seiner Heimat Dänemark. Das Buch trägt den Namen des Schiffs. Die Fregatte hat in den vergangenen Jahren Sklaven von Guinea auf die westindischen Inseln transportiert. Und so steht der Name „Hoffnung“ für die Mannschaft und vor allem für den Kapitän für die Aussicht auf reichlichen Gewinn durch diesen Handel, nach der Ansicht eines Plantagenbesitzers auch für die Erwartung der Sklaven, eines Tages ihre Freiheit zurück zu erhalten. Auch Maria, die heranwachsende Tochter von Kapitän Frederiksen, die eine der Protagonisten des Romans ist, hat eine große Hoffnungr, nämlich darauf, dass ihre Mutter wieder zu der Familie zurückkehrt. Schließlich erhofft sich der dänische Humanist Mikkel Eide von seiner Reise in die Karibik, dass er mit seinem Bericht über die Verhältnisse auf den Inseln die Dänen über die Grausamkeiten der Sklaverei aufklären und damit zur Befreiung der Schwarzen beitragen kann.

Maria ist im Jahr 1803 15 Jahre alt, hat die Schule abgeschlossen und ihren Vater darum gebeten an einer Fahrt seines Schiffs „Hoffnung“ teilzunehmen. Anton Frediksen gibt ihrem Wunsch statt für eine kurze Reise vom Süden Odenses nach Jütland auf der er selbst sie begleiten wird. Doch bereits nach wenigen Stunden an Bord bemerken die beiden einen Kurswechsel. Es kommt zu einer Auseinandersetzung in Folge dessen sowohl der Vater wie auch die Tochter dazu gezwungen werden die „Hoffnung“ auf ihrer Fahrt zur Küste Guineas zu begleiten. Mit Erschrecken stellt Maria fest, dass dort Sklaven zum Weiterverkauf in Westindien aufs Schiff gebracht werden, obwohl der dänische Staat inzwischen ein entsprechendes Handelsverbot erlassen hat. Zwanzig Jahre nach dieser Fahrt begibt sich der dänische Professor Mikkel Eide auf ein Schiff Richtung Westindien. Dort stellt er fest, dass seine Vorstellungen über das Leben auf einer Plantage und speziell das der Sklaven nicht mit der Realität überein stimmen. Seine Gefühle kann er kaum in Worte fassen.

In Mich Vraas Roman sind alle handelnden Figuren fiktiv, die historischen Hintergründe aber stimmen. Die Erzählung spielt auf drei Zeitebenen und setzt sich aus verschiedenen, meist erdachten schriftlichen Dokumenten in Form von Tagebucheinträgen, Briefen, Manuskripte, aber auch historischen Erlasse und anderem zusammen. Durch diese ganz besondere Form musste ich mich zunächst kurz zurechtfinden um die unterschiedlichen Erzählhandlungen zeitlich einzuordnen. Eine Zuweisung war nicht schwierig, denn jedes Schriftstück ist mit einem Datum überschrieben.

Maria ist noch in jugendlichem Alter, als sie auf ihre erste Schifffahrt geht. Sie nimmt den Wohlstand wahr, in der sie lebt, doch den Zusammenhang zum Sklavenhandel kennt sie nicht. Für Dänemark ist er ein großer wirtschaftlicher Faktor. Ich war entsetzt als ich davon las, dass das Verbot des Handels mit der Empfehlung einherging, die Sklaven auf den Inseln auf natürliche Weise zu vermehren. Denn das Handelsverbot bedeutete nicht das gleichzeitige Verbot des Haltens von Sklaven!

Der Autor nimmt in seinem Text die Sprache der damaligen Zeit auf. Hier findet sich auch noch oft das heute als Beleidigung verwendete Wort „Neger“. Nach allgemeiner Auffassung galten die Guineer als deutlich besser geeignet für harte Arbeit bei heißen Temperaturen als die Dänen. Mich Vraa hat seine Charaktere so kreiert, dass sie die verschiedenen Sichtweisen der weißen Bevölkerung auf die Sklaverei repräsentieren. Deutlich wird das beispielsweise in der fiktiven Figur des Mikkel Eide für den es befremdlich ist, in einer charmanten gastfreundlichen Person, einen ebenso ausnutzenden Sklavenhändler zu finden, der vor Bestrafung seiner Arbeiter nicht zurückschreckt. Der Handel mit der Ware Mensch, begleitet von der Ansicht der Person als Sache, ist bestürzend. Damit einher geht die Unmöglichkeit eines Agierens, egal welcher Art, auf gleicher Höhe. Die Afrikaner bleiben bis auf eine Ausnahme eine homogene Menge, die stellvertretend für alle in Unfreiheit lebenden Menschen steht und deren Schicksal verstörend und befremdend ist. In seinem Nachwort verspricht der Autor, in seinem nächsten Werk dieser Masse ein Gesicht zu geben.

Mich Vraa schildert in seinem Roman die Grausamkeiten der Sklaverei in aller Deutlichkeit, ohne auf die Argumente der Befürworter zu verzichten. Der Autor hat mir die Geschehnisse sehr nahe gebracht. Trotz des vollständigen Wandels der Einstellung zur Sklaverei liest sich das Buch mit Blick auf die historischen Realitäten beunruhigend und erschreckend. Wer sich gerne auf ein Abenteuer einlässt und in ein dunkles Kapitel unserer Vergangenheit eintauchen möchte ist hier richtig. Gerne vergebe ich dazu eine Leseempfehlung.  

*Werbung*
Titel: Die Hoffnung
Autor: Mich Vraa
Übersetzer: Ulrich Sonnenberg
Erscheinungsdatum: 05.10.2017
Verlag: Hoffmann und Campe (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband


Sonntag, 10. Dezember 2017

[Rezension Ingrid] Origin von Dan Brown


Im Buch „Origin“ lässt Dan Brown seinen Serienhelden Robert Langdon zum fünften Mal ermitteln. Langdons Fachwissen als Professors für religiöse Ikonologie und Symbologie ist auch diesmal wieder gefragt, denn er wird in die Suche nach einem schwer zu entschlüsselnden Passwort involviert. Durch die Entschlüsselung würde es ihm gelingen, eine Botschaft zugänglich zu machen, die einer seiner früheren Studenten hinterlassen hat und die sich mit den großen Fragen unseres Lebens „Woher kommen wir?“ und „Wohin gehen wir?“ beschäftigt. Entsprechend bringt uns der Buchtitel „Origin“, was auf Deutsch etwa Ursprung oder Abstammung bedeutet, an den Beginn unseres Daseins und auch an die Grenze unseres Denkens. Die La Sagrada Familia auf dem Cover des Buchs ist einer der Orte der Handlung. Entworfen wurde sie von dem Architekten Antoni Gaudi. Nach einer Bauzeit von 128 Jahren wurde sie im Jahr 2010 als Kathedrale eingeweiht, ist aber noch nicht beendet. Gaudís von der Natur geprägter Architekturstil beinhaltet biomorphe Elemente, die  ebenfalls auf den Beginn des Lebens hinweisen.

Edmund Kirsch, einer der ersten Studenten von Robert Langdon in Harvard, ist inzwischen ein angesehener Fachmann für Spieltheorie und computerbasierte Modellrechnungen. Aufgrund seiner Berechnungen hat er Unglaubliches entdeckt. Ehe der bekennende Atheist seine Entdeckungen auf einem Event im Guggenheim-Museum in Bilbao öffentlich vorstellt, trifft er sich mit drei Religionsführern in einem Bergkloster und teilt ihnen seine Erkenntnisse im Vertrauen mit. Diese sind sehr betroffen und möchten gerne die Veröffentlichung von Kirschs Wissen verhindern. Einige Tage später gehört Robert Langdon zu den Gästen der Präsentation im Museum. Noch bevor Kirsch die Resultate seiner Arbeit zeigen kann, bricht er als Redner, von einer Kugel getroffen, zusammen. In seinem kurzen Vortrag hat er jedoch bereits Robert Langdon als seinen Mentor vorgestellt, der ihm wesentliche Grundlagen seines Wissens beigebracht hat. Fortan steht der Symbologe im Fokus der Gegner von Kirsch und auch Ambra Vidal, die Direktorin des Guggenheims in Bilbao, die wesentlich dazu beitragen hat, dass das Event stattfinden konnte. Sowohl Langdon wie auch Vidal möchten trotz oder gerade wegen des Tods von Edmund Kirsch sein Geheimnis für die Öffentlichkeit aufdecken. Gemeinsam gelingt ihnen die Flucht und ihr Weg führt sie hin nach Barcelona.  

Natürlich präsentiert auch Dan Brown in seinem fünften Thriller mit Robert Langdon keine Erkenntnisse, die nicht bereits in irgendeiner veröffentlichten Form vorliegen, aber er macht es sehr geschickt und verpackt viele interessante Forschungserkenntnisse in einen spannenden Roman, so wie man es von ihm gewohnt ist. Die Themen, Anfang und Ende unseres Daseins, beschäftigen eigentlich jeden und an der Seite des Professors konnte ich mein eigenes Wissen über das inzwischen darüber Bekannte abgleichen und ergänzen. Neben der Deutung von Zeichen beschäftigt sich der Autor diesmal ebenfalls mit den Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz, was ich manches Mal überraschend fand.

Neben der Serienfigur des Robert Langdon kreiert Dan Brown einige interessante Charaktere und scheut sich nicht aus dramaturgischen Gründen die spanische Geschichte der Gegenwart ein wenig umzuschreiben ohne jedoch die aktuelle Diskussion über eine Abkehr von der Monarchie zu umgehen. Dem Leser legt er nach und nach den Hintergrund vor, um das Motiv für das Handeln des Täters besser zu verstehen und spricht damit gleichzeitig die Gefahr von Indoktrination an. Der Ausflug in die Vergangenheit einiger Personen zieht den Roman allerdings auch deutlich in die Länge. Durch das Buch ziehen sich einige Charaktere, die schwierig einzuordnen sind und durch ihr Agieren den Spannungsbogen hoch halten. Ob sie nur aufgrund ihrer Machtbefugnisse entsprechend eigener Bedürfnisse oder zum Allgemeinwohl handeln, ist kaum durchschaubar.

Einige überraschende Wendungen führen zu einem furiosen Finale, das so nicht vorhersehbar war. Dan Brown hat in diesem Thriller gekonnt viele ungewöhnliche Fakten zu den fundamentalen Fragen unserer Schöpfung und Zukunft zusammengetragen. Wieder gelingt ihm mit einer geschickten Konstruktion ein spannender Thriller, der zwar keine grundlegend neuen Erkenntnisse in Bezug auf die aufgeworfenen Fragen bietet, aber eine solide anhaltende Spannung vom Anfang bis zum Schluss. Gerne möchte ich weitere Fälle mit Robert Langdon lesen.  
*Werbung*
Titel: Origin (Band 5 der Serie um den Symbologen Robert Langdon)
Autor: Dan Brown
Übersetzer: Axel Merz
Erscheinungsdatum: 04.10.2017
Verlag: Lübbe Verlag (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen

Mittwoch, 6. Dezember 2017

[Rezension Ingrid] Bald stirbst auch du von Karen Sander


Erst auf den zweiten Blick ist mir der Blutstropfen am Ast mit den spitzen Trieben aufgefallen, der auf dem Cover des Thrillers „Bald stirbst auch du“ von Karen Sander aka Sabine Klewe zu finden ist. Blutig wird es auch bei den Ermittlungen in diesem vierten Band der Serie, in der ein Team rund um den Düsseldorfer Kommissar Georg Stadler mit der Hilfe der in der Nähe von Liverpool/England ansässigen Psychologin Liz Montario Kriminalfälle aufklärt. Die Kenntnis der ersten drei Teile ist nicht notwendig um der Handlung folgen zu können. Der Titel suggerierte mir noch vor dem Lesen des Krimis, dass im vorliegenden Fall nach einem Serienmörder gesucht werden wird, denn er deutet auf einen weiteren Mord hin.

Liz Montario hält einen Workshop an der Universität Liverpool, an der acht junge Polizisten verschiedener europäischer Länder teilnehmen. Jeder Teilnehmer soll einen Cold Case, also einen Fall der nie aufgeklärt wurde, vorstellen und das Team wird die Aktenlage analysieren und nach neuen Ermittlungsansätzen dazu suchen. Zoe aus Düsseldorf ist die Zweite, die ihren Fall präsentiert. Innerhalb von zweieinhalb Jahren wurden zwei junge Frauen, die eine in Schottland, die andere in Südengland auf ähnliche Weise getötet und in der Nähe von Wasser regelrecht drapiert. Bereits vor mehr als zehn Jahren geschah ein Mord, der damit vergleichbar war und dessen Täter immer noch in Haft sitzt. Unterdessen wird in Neuss-Reuschenberg am Ufer der Erft eine Frauenleiche aufgefunden. Das Team von Georg Stadler nimmt die Ermittlungen auf, während Liz und Zoe einer Spur nach Schweden folgen, die im Zusammenhang mit dem Cold Case stehen könnte. Bis schließlich die Ähnlichkeit zum aktuellen Fall in Neuss auffällt …

Georg Stadler, seine Teamkollegen Birgit und Miguel  sowie Liz Montario sind als Ermittler Charaktere, die auch ein Privatleben haben dürfen. Dadurch sind sie aber auch von dieser Seite her verletzbar. Freundschaften bestehen untereinander. Persönliche Gefühle werden nicht zu Hause gelassen, sondern auch mit an den Arbeitsort gebracht. Das lässt die Geschichte real wirken.

Wieder gelingt Karen Sander mit diesem Buch ein fein komponierter Thriller. Die Art der Morde ist ungewöhnlich. Der Spannungsbogen hält dadurch an, dass Liz und das Düsseldorfer Team einen Zusammenhang zwischen den aktuellen Morden und den vergangenen zunächst nicht erkennen. Als Leser hatte ich durch die chronologische Erzählung einen Vorteil.

Auf der Suche nach dem Mörder legt die Autorin geschickt einige Finten aus. Unerwartete Wendungen zeigten mir, dass meine Vermutungen ins Leere liefen. Der Täter versucht am Tatort den Ermittlern etwas mitzuteilen bis gemäß dem Titel deutlich wird, das die Zeit drängt, weil sonst ein weiteres Verbrechen geschehen wird. Die meist kurzen Kapitel sind oft mit einem Ortswechsel verbunden und enden häufig mit einem kleinen Cliffhanger.  

„Bald stirbst auch du“ ist vom Anfang bis zum Ende spannend bedingt durch einen gut verborgenen Täter und eine geschickte Konstruktion der Fallermittlungen. Für Thrillerleser eine unbedingte Leseempfehlung!
*Werbung*
Titel: Bald stirbst auch du (Band 4 Serie Stadler/Montario)
Autorin: Karen Sander aka Sabine Klewe
Erscheinungsdatum: 22.09.2017
rezensierte Buchausgabe: Taschenbuch

Dienstag, 28. November 2017

[Rezension Ingrid] Die Farbe von Milch von Nell Leyshon


„Die Farbe von Milch“ hat das Haar der fünfzehnjährigen Protagonistin Mary im gleichnamigen Buch der Engländerin Nell Leyshon. Marys Lebensweg ist bisher so stachelig und dornig wie die auf dem Cover abgebildeten Gewächse darunter Disteln, Ilex und Himbeere. Sie kam als vierte von vier Geschwistern, alles Mädchen, mit einer Behinderung am Bein zur Welt und wächst in bäuerlichen Verhältnissen auf einem kleinen Hof auf. Schon früh müssen die Kinder dem Vater zur Hand gehen, da das Geld nicht für einen Knecht oder eine Magd ausreicht. Wie es dazu kam, dass sie von dieser aussichtslosen Situation heraus dennoch Lesen und Schreiben lernte, davon erzählt dieser Roman.

Es ist das Jahr 1831 als Mary, wie von ihr betont, selber ihre Geschichte aufschreibt. Sie beginnt am Anfang, für sie nicht zwingend aber sinnvoll, und der ist ungefähr ein Jahr her. Die zurückliegenden Ereignisse unterteilt sie in die vier Jahreszeiten, die gleichzeitig die Kapitel im Buch bilden. Bereits auf der ersten Seite spürte ich einen gewissen Zeitdruck unter dem sie schreibt, denn sie mahnt sich selbst zur Geduld. Unterschwellig wurde dadurch meine Neugier geweckt, was sie dazu drängt, sich zu beeilen.

Das Leben auf dem Land ist im 19. Jahrhundert hart, die meisten Tätigkeiten erfordern Muskelkraft. Entscheidungen trifft ausschließlich der Hofbesitzer und das ist Marys Vater. Ihm haben auch seine Frau, seine Kinder und sein kranker Vater zu gehorchen. Arbeiten, beten und schlafen ist der Alltag. Fatalistisch erledigt Mary ihre Arbeit, ohne sich je ein anderes Dasein zu erhoffen. Trotzdem hebt sie sich von anderen Schicksalsgenossen dadurch ab, dass sie immer ihre Meinung äußert, so schmerzlich sie für manch einen auch sein mag. Ihr Verstand ist hellwach und ob bewusst oder nicht, so gelingt es ihr manchmal mit Bauernschläue ihren eigenen Wille durchzusetzen.

Nell Leyshon nutzt für ihren Roman eine besondere, eine einfache Sprache ungeachtet der Interpunktion, die den Lernstand der 15-jährigen widerspiegelt. Marys Geschichte ist auf das Wesentliche beschränkt, abhängig von der Zeit die ihr zum Schreiben bleibt, und gerade dadurch so eindringlich. „Die Farbe von Milch“ ist ein ungewöhnlicher Roman, der das gewöhnliche Los von Frauen auf dem Land in der damaligen Zeit darstellt. Berührend, ergreifend, in Erinnerung bleibend und eine klare Leseempfehlung!
*Werbung*
Titel: Die Farbe von Milch
Autorin: Nell Leyshon
Übersetzerin: Wibke Kuhn
Erscheinungsdatum: 22.09.2017
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband, Leseexemplar (über TT)


Samstag, 25. November 2017

[Rezension Hanna] Das Glück an Regentagen - Marissa Stapley


*Werbung* 
Das Glück an Regentagen
Autorin: Marissa Stapley
Übersetzerin: Katharina Naumann
Klappenbroschur: 304 Seiten
Erschienen am 7. November 2017
Verlag: Rowohlt Taschenbuch Verlag/Polaris

Inhalt
Nachdem ihr Verlobter sich nicht nur aus dem Staub gemacht, sondern sie von einen weitreichenden Betrugsfall betroffen zurückgelassen hat, will Mae ihrem alten Leben in New York nur noch den Rücken kehren. Sie kehrt in ihre Heimat Alexandria Bay und ins Inn ihrer Großeltern zurück. Dort zeigt ihre Großmutter Anzeichen von Demenz, was sie lange gehütete Geheimnisse lüften lässt. Eins davon betrifft Maes Jugendliebe Gabe, mit dem sie seit einer verhängnisvollen Nacht vor siebzehn Jahren nicht mehr geredet hat. Doch ausgerechnet er kommt nach all der Zeit ebenfalls zurück. Was bedeutet die Wahrheit über jene Nacht für sie beide? Und wie geht es für Maes Großeltern weiter?

Meinung
Das Cover gefällt mir mit seinen Blautönen und goldenen Akzenten ausgesprochen gut. Ein in die Ferne blickendes Pärchen am Ende des Stegs verspricht eine nachdenkliche Liebesgeschichte. Auf den ersten Seiten jedoch steht Mae erst einmal vor den Scherben ihrer Beziehung. Ihr Verlobter war ein skrupelloser Betrüger! Ich konnte gut nachvollziehen, dass sie nach gefühlt endlosen Befragungen nur noch die Stadt verlassen will und es sie in die Heimat zieht.

Während sie sich auf den Weg macht erfährt der Leser, dass Maes Großmutter Anzeichen von Demenz zeigt, was aber niemand so recht wahrhaben will. Sie spricht Dinge aus, die jahrelang ungesagt blieben, wodurch sie ihren Mann so vor den Kopf stößt, dass er auszieht. Auch als Mae eintrifft erfährt sie eine Wahrheit, die ihre Jugendliebe Gabe in ein ganz neues Licht rückt. Im Gegensatz zu anderen Familienromanen stehen die Geheimnisse sehr schnell im Raum. Daraus hätte man aber noch deutlich mehr machen können. Denn die die Charaktere neigen die ganze Geschichte über dazu, nicht miteinander zu reden, sondern davonzustürmen. Ich hätte mir so manches mal eine Aussprache gewünscht, zu der es leider nicht kam.

Eine weitere Perspektive im Buch ist die von Gabe, der zur gleichen Zeit nach Alexandria Bay zurückkehrt wie Mae, weil seit Vater, mit dem er schon lange keinen Kontakt mehr pflegt, im Sterben liegt. Er und Mae haben siebzehn Jahre nicht miteinander geredet und müssen nun herausfinden, was das Aufeinandertreffen mit dem neuen Wissen über die Vergangenheit für sie bedeutet. Allerdings fand ich die Begründung, warum es all die Jahre zuvor zu einem abrupten Bruch kann, nicht sonderlich nachvollziehbar.

Bevor die beiden wirklich Zeit füreinander haben kommt es zu einem berührenden Schicksalsschlag, der einiges in Bewegung setzt. Neben Mae und Gabe rückt zusätzlich Maes Großvater George in den Fokus. Vor allem letzter beschäftigt sich mit dem Tod von Maes Eltern vor vielen Jahren, über den man als Leser stückweise mehr erfährt. Die Atmosphäre des Buchs ist aufgrund der ernsten Themen bedrückend. Die Vergangenheit hat alle Charaktere geprägt und sie bedauern einiges, wagen aber auch einen von leicht hoffnungsvollen Blick nach vorn. Weitere Wendungen zwingen die Handelnden erneut zum Umdenken, sodass der Handlungsverlauf unvorhersehbar bleib. Im Epilog wird schließlich ein großer Zeitsprung gemacht, der eine schöne Botschaft erhielt, mir aber viel zu kitschig für dieses sonst nachdenklich stimmende Buch war.

Unbedingt noch erwähnen möchte ich die tollen Kapitelüberschriften, die jeweils einen Tipp enthalten, was man bei Regen tun kann. Diese Liste hat Maes Mutter vor langer Zeit zusammengestellt. Eine schöne Idee, wobei es mir noch besser gefallen hätte, wenn die Tipps mit der Handlung verknüpft gewesen wären, zum Beispiel indem Mae einige von ihnen umzusetzen versucht.

Fazit
In „Das Glück an Regentagen“ kehrt Mae in ihre Heimat zurück, nachdem sich ihr Verlobter als Betrüger entpuppt hat. Dort erfährt sie ein lange gehütetes Geheimnis über ihre Jugendliebe Gabe, der zufällig zeitgleich zurückkehrt. Die Handelnden müssen sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen, es gibt einige bedrückende Wendungen und einen von zarter Hoffnung geprägten Blick nach vorn. Ich habe allerdings echte Aussprachen vermisst und denke, dass man aus den Geheimnissen noch mehr hätte machen können. Von mir gibt es deshalb gute drei Sterne für diesen Familien- und Liebesroman, der seinen Blick auf das Glück und Unglück verschiedener Generationen wirft.

Freitag, 24. November 2017

[Rezension Hanna] Die Verzauberung der Schatten - V. E. Schwab


*Werbung* 
Die Verzauberung der Schatten
Autorin: V. E. Schwab
Übersetzerin: Petra Huber
Taschenbuch: 640 Seiten
Erschienen am 23. November 2017
Verlag: FISCHER Tor
Die Reihe

Weltenwanderer-Trilogie

Band 1: Vier Farben der Magie (Rezension)
Band 2: Die Verzauberung der Schatten
Band 3: Die Beschwörung des Lichts (ET 26. April 2018)

Inhalt
Nach dem entscheidenden Kampf im Weißen London haben sich die Wege und Lila und Kell im Roten London getrennt. Lila entdeckt die für sie neue Welt auf ihre Weise: Sie wird Crew-Mitglied auf dem Nachtfalken, einem Freibeuterschiff, dessen geheimnisvoller Kapitän Alucard einiges von der Magie zu wissen scheint. Kell steht unterdessen unter ständiger, vom König befohlener Bewachung. Rhy, dessen Leben nun mit Kells verbunden ist, bringt sich trotzdem immer wieder in Gefahr. Als im Roten London das große magische Turnier „Essen Tasch“ ansteht, kreuzen sich einige Wege erneut. Und so mancher gibt sich nicht damit zufrieden, nur zuzuschauen. Aber keiner ahnt, was in der Zwischenzeit im Weißen London vor sich geht…

Meinung
Die Autorin V.E. Schwab konnte mich in „Vier Farben der Magie“ mit ihrer kreativen Idee eines vierfach existierenden London und einer spannenden Story begeistern. Nun brannte ich darauf, zu erfahren, was insbesondere aus Lila und Kell geworden ist, und stürzte mich mit Vorfreude in die Geschichte. Seit den Ereignissen des ersten Bandes ist eine Weile vergangen. Für Kell ist wieder eine Art von Alltag eingekehrt. Er erledigt Aufträge für den König, darf aber nichts mehr über die Weltengrenzen schmuggeln und wird streng bewacht. Lila hat sich unterdessen ins Abenteuer gestürzt.

Beim Versuch, ein Schiff zu erbeuten, ist Lila ausgerechnet bei Freibeutern gelandet, die auf See ein abenteuerlicheres Leben führen, als sie zunächst dachte. Es kommt zu spannenden und unterhaltsamen Zwischenfällen. Besonders amüsant waren ihre Schlagabtäusche mit Alucard, dem Kapitän, der mehr über sie herausfinden möchte, aber nichts von sich selbst preisgibt. Er ist es auch, der sie im Umgang mit Magie unterrichtet und schließlich den Befehl gibt, für das „Essen Tasch“ ins Rote London zurückzukehren. Dort sind die Vorbereitungen angeleitet von Rhy in vollem Gange. In dieser Position hat er für den an seiner Rolle am Hof zweifelnden Kell ein ganz besonderes Geschenk.

Die Handlung fokussiert sich in diesem zweiten Band auf das Rote London und das anstehende Turnier. Es gibt nur kurze Besuche im Grauen London, und was im Weißen London vor sich geht erfährt man in Zwischenkapiteln. Ich fragte mich, wann dies die Haupthandlung beeinflussen wird. Damit lässt die Autorin sich aber Zeit und bietet rund um das „Essen Tasch“ mitreißende Ereignisse. Lila fügt sich immer besser in die Welt ein, Kell grübelt über seine Zukunft und widersetzt sich von Rhys animiert erneut Befehlen des Königs, und mit Alucard betritt ein neuer interessanter Charakter die Bühne.

Erst ganz zum Schluss kommt es zur Ausführung eines lang vorbereiteten Plans, über den der Leser mit der Zeit immer mehr erfahren hat. Hier werden mit höchst spannenden Entwicklungen die Weichen für den abschließenden dritten Teil gestellt. Ich freue mich schon jetzt darauf, ein letztes Mal an die Seite der Charaktere zurückzukehren, die ich inzwischen ins Herz geschlossen habe und bei denen ich mich frage, ob sie ihren Platz der Welt bzw. den Welten finden werden. Ich hoffe, dass dann auch die verschiedenen Welten mit ihrer unterschiedlichen Magie und die Interaktion zwischen ihnen wieder im Mittelpunkt der Handlung stehen.

Fazit
In „Die Verzauberung der Schatten“ dreht sich alles um das große magische Turnier „Essen Tasch“, das im Roten London stattfindet. Die Haupthandlung rund um die verschiedenen Welten kommt dabei leider kaum voran. Dafür erhält man als Leser die Gelegenheit, das Rote London und dessen Magie besser kennenzulernen. Unterhaltsame Dialoge, Täuschungen und Geheimnisse sowie actionreiche magische Turnierkämpfe konnten mich unterhalten. Wer „Vier Farben der Magie“ gelesen hat und die Idee des magieerfüllten Roten Londons mochte, der sollte unbedingt zur Fortsetzung greifen!


Donnerstag, 23. November 2017

[Rezension Ingrid] So klingt dein Herz von Cecelia Ahern


Bereits der Titel des Buchs „So klingt dein Herz“ von Cecelia Ahern weist darauf hin, dass Klänge im Roman eine wichtige Rolle spielen. Das Cover ist romantisch gestaltet mit zarten Wolken und Blütenzweigen. Im Mittelpunkt steht die 26-jährige Laura, die viele Gemeinsamkeiten mit einem scheuen Leierschwanz, engl. Lyrebird, hat. Auf dem Titelbild ist zwar ein Singvogel im unteren Drittel abgebildet, allerdings ein Dompfaff, auch Gimpel genannt.

Die Regisseurin Bo, ihr Lebensgefährte und Tontechniker Solomon und die Kamerafrau Rachel arbeiten in Irland an einer Reportage über die Zwillinge Tom und Joe, die ihr ganzes Leben gemeinsam auf dem Land verbracht und gearbeitet haben. Einer der beiden ist nun mit 80 Jahren verstorben. Während der Dreharbeiten begegnen sie im Wald einer jungen Frau, die auf seltsame Weise zwar wenig spricht, aber alle aufgefangenen Geräusche nachahmt. Bereits beim ersten Aufeinandertreffen von Solomon und Laura spannt sich ein magisches Band zwischen den beiden auf.

Bo kommt die Idee zu einer Dokumentation über Laura. Um sie präsenter zu machen und damit den Erfolg der Reportage zu steigern, empfiehlt sie der jungen Frau eine Beteiligung an einer Castingshow. Dazu muss Laura sich der ihr unbekannten Medienwelt stellen und der damit verbundenen Aufmerksamkeit. Ihre Vergangenheit verbirgt Geheimnisse, die nicht aufgedeckt werden sollen. Wird ihr das gelingen? Wird sie die Castingshow dennoch gewinnen? Ist es möglich, dass sie dabei auch Unterstützung und sogar Liebe findet?

In Ausschnitten aus einem Vogelkundebuch, die den drei Teilen des Romans vorangestellt sind, erfährt man einiges zum Leierschwanz. Tatsächlich hat der Charakter der Protagonistin gewisse Ähnlichkeiten zu diesem Vogel. Sie ist schön und klug. Ihr gelingt die exakte Nachahmung von Geräuschen. Auch mit Bo und ihrem Team schafft die Autorin interessante Figuren, die durch ihre Eigenarten für Bewegung in der Erzählung sorgen und Reibepunkte bilden.

Zwar hat mich die Darstellung der Vergangenheit von Laura nicht vollständig überzeugt, aber Cecelia Ahern hat erneut einen faszinierenden Hintergrund für eine ungewöhnliche Liebesgeschichte gefunden. Schon nach wenigen Seiten steht Laura im Mittelpunkt. Ihre Einzigartigkeit beeindruckt nicht nur den Leser, sondern vor allem die Figuren ihrer Umgebung. Dennoch konnte ich ihre Handlungen nicht immer nachvollziehen. Es verwundert kaum, dass sie die Menschen für sich einnimmt.

„So klingt dein Herz“ ist mehr als ein Liebesroman, denn die Autorin erzählt von der schillernden Welt des Showbiz, den Reiz der potenziellen Möglichkeiten eines Publikumslieblings, verschweigt aber auch nicht die Schattenseiten, wenn man den Ansprüchen nicht gerecht wird. Gekonnt stellt Cecelia Ahern die Macht von Ruhm und Geld dar.

Der Autorin gelang es auch diesmal wieder Gefühle ihrer Charaktere zu mir zu transportieren. Mit viel Fantasie baut sie ihre Geschichte mit einigen überraschenden Wendungen auf. Das Buch ist ein Muss für jeden Cecelia Ahern-Fan und für die Leser, die nach einem besonderen Liebesroman suchen.

*Werbung*
Titel: So klingt den Herz
Autorin: Cecelia Ahern
Übersetzerin: Christine Strüh
Erscheinungsdatum: 24.08.2017
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur

Dienstag, 21. November 2017

[Rezension Ingrid] Schloss aus Glas von Jeannette Walls


Im Roman „Schloss aus Glas“ schildert die US-Amerikanerin Jeannette Walls ihre Lebensgeschichte. Zig-mal sind ihre Eltern mit den Geschwistern in deren Kindheit und Jugend innerhalb der USA umgezogen. Der Traum des Vaters der Autorin ist es, ein Schloss aus Glas zu bauen, umfangreiche Pläne dazu arbeitet er im Laufe der Jahre aus. Doch stattdessen übernachtet die Familie sogar zunächst gelegentlich  unter freiem Himmel oder im Pkw, später meistens in irgendwelchen Bruchbuden. Jedes Mal, wenn  die Verwahrlosung der Kinder auffällt und das Sozialamt auf die Familie aufmerksam wird oder der Vater Ärger mit Arbeit und Kumpel hat, packt die Familie kurzfristig ihre wenigen Habseligkeiten und sucht sich einen neuen Aufenthaltsort. Je älter Jeannette und ihre Geschwister werden desto deutlicher wird ihnen, dass sie sich von der Familie lösen müssen, um der Armut zu entkommen und ihren eigenen Zielen nachzugehen. Es kristallisiert sich immer mehr ein eigener Traum heraus: New York und er rückt in greifbare Nähe …

Jeannette Walls schildert ihre Lebensgeschichte ohne Mitleid schüren zu wollen. Sie ist 1960 geboren worden. Ihre Eltern sind Freigeister, ihre Mutter ist Lehrerin, betrachtet sich aber als Künstlerin im Bereich Kunst und Schriftstellerei, die jedoch für ihre Werke keine Käufer findet. Der Vater ist ebenfalls intelligent, verfällt aber immer mehr dem Alkohol und vertritt vehement seine Meinung. Immer wieder denken sich die Eltern ungewöhnliche Spiele und Aktionen aus, die die Kinder zu schätzen wissen und glücklich dabei sind. Doch die Familie lebt von der Hand in den Mund. Beide Elternteile sind sehr kreativ wenn es darum geht ihren Kindern nicht nur die Welt, sondern auch ihre Lebenssituation zu erklären. Laissez-faire  ist angesagt.

Ich habe beim Lesen manches Mal im Stillen meinen Kopf geschüttelt, denn es ist oft kaum zu glauben, wie schwierig der Kampf ums Essen für die Kinder war, weil die Eltern ihre eignen Ansprüche stellten. Probleme gab es natürlich auch damit, Freunde zu finden. Denn die Geschwister galten als „Schmuddelkinder“, weil es meistens an Wasser zum Waschen fehlte und am Strom zum Heizen. Vorwürfe der Autorin gegen ihre Eltern fehlen weitestgehend, weil beide Eltern psychisch krank sind beziehungsweise waren. Das Handeln der Eltern ist daher kaum nachvollbar. Jeannette Walls sieht gute Seiten in dem Abenteuer, von einem Ort zum nächsten zu ziehen, ebenso wie die Nachteile einer alltäglichen Routine. Es bestand immer ein großer Familienzusammenhang vor allem bei den Geschwistern, deren größte Sorge es war, in unterschiedlichen Pflegefamilien untergebracht zu werden, wenn sie von der Fürsorge aufgegriffen würden. Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft haben die Geschwister nie aufgegeben.

Die Geschichte ist erschütternd und berührend und fasziniert doch gleichzeitig durch die ungewöhnliche Lebensweise. Der Roman wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben. „Schloss aus Glas“ ist ein Buch, das ich jedem zum Lesen empfehle, der an tragischen Lebensgeschichten interessiert ist. 
*Werbung*
Titel: Schloss aus Glas
Autorin: Jeannette Wall
Übersetzerin: Ulrike Wasel
Erscheinungsdatum: 2006, unveränderte Filmausgabe 21.08.2017
rezensierte Buchausgabe: Taschenbuch

Der Film zum Buch war erstmalig am 21.09.2017 in deutschen Kinos zu sehen.

Samstag, 18. November 2017

[Rezension Hanna] Flugangst 7A - Sebastian Fitzek



*Werbung* 
Flugangst 7A
Autor: Sebastian Fitzek
Hardcover: 400 Seiten
Erschienen am 25. Oktober 2017
Verlag: Droemer HC

Inhalt
Die hochschwangere Nele steht kurz vor ihrem geplanten Kaiserschnitt. Ihrem Vater Mats, mit dem sie seit Jahren nur sporadisch Kontakt hat, hat sie erlaubt, sie nach der Geburt zu besuchen. Deshalb steigt Mats, der als Psychiater tätig ist und selbst von schlimmster Flugangst geplagt wird, in den für ihn ersten Flug seit Jahren von Buenos Aires nach Berlin. Kurz nach dem für ihn nervenaufreibenden Start erhält er einen Anruf, der alle anderen Ängste in den Schatten stellt: Seine Tochter wurde entführt. Wenn er will, das sie überlebt, soll er sein Flugzeug zum Absturz bringen – mithilfe eines psychisch labilen Passagiers…

Meinung
Von Sebastian Fitzeks letzten Büchern hat mir „Passagier 23“ am besten gefallen, weshalb mich die Buchbeschreibung neugierig machte: Erneut wird dem Leser ein Szenario auf begrenztem Raum geboten – diesmal nicht auf einem Schiff, sondern über den Wolken. Zu Beginn des Buches begegnet der Leser Dr. Martin Roth, den man schon aus anderen Büchern des Autors kennt. Er will einen Patienten mit Locked-in-Syndrom befragen, der nur noch blinzeln kann. Was hat es damit auf sich?

Die Frage bleibt erst einmal unbeantwortet. Stattdessen lernt man Nele und ihren Vater Mats kennen, zwischen denen gerade tausende Kilometer liegen. Nele wird in Berlin in Kürze ihr Kind zur Welt bringen. Sie hat sich vor Jahren durch eine Tattoo-Nadel mit HIV infiziert, weshalb für sie ein Kaiserschnitt angesetzt ist. Sie ist auf sich allein gestellt, denn ihren Ex hat sie vor die Tür gesetzt, als er bei ihrem Geständnis, schwanger zu sein, handgreiflich geworden ist. Ihren Vater, der ihre Mutter im Stich gelassen hat, will sie erst am Tag nach der Geburt sehen. Nele ist ein starker und selbstbewusster Charakter, gleichzeitig fragte ich mich aber, ob sie sich nicht zu viel zumutet.

Als Neles Fruchtblase einige Stunden vor dem geplanten Kaiserschnitt platzt, steigt ihr Vater gerade ins Flugzeug. Aufgrund seiner Phobie kennt er alle Statistiken rund um Flugzeugabstürze wie die gefährlichsten Phasen beim Flug und die besten Plätze, von denen er gleich mehrere gebucht hat. Er hat interessante Fakten rund ums Fliegen auf Lager. Mit seinem phobischen Verhalten sorgt er allerdings für Unruhe und wird vom Flugpersonal argwöhnisch beobachtet. Doch schon nach wenigen Seiten rückt all das durch die schreckliche Nachricht von Neles Entführung in den Hintergrund.

Die Geschichte nimmt schnell an Tempo auf und schafft im Nu eine schockierende Situation. Die Kapitel sind kurz, oft mit Cliffhangern versehen und die Perspektive wechselt ständig, sodass der Lesern gleichzeitig an verschiedenen Orten ist und mitfiebert. Die meisten Kapitel sind aus der Sicht von Mats, Nele und Feli. Letztere macht sich auf Mats Bitte auf eigene Faust auf die Suche nach seiner Tochter.

In Neles Kapiteln wird beschrieben, wie es ihr in der Hand ihres Entführers ergeht. Hier zielt alles darauf ab, durch Gewalt zu schockieren. Mats muss währenddessen abwägen, was er tun soll. Dabei hat mich gestört, dass moralische Überlegungen zu kurz kommen – für Mats ist zu schnell klar, dass er versuchen will, den Absturz herbeizuführen, damit seine Tochter leben kann. Seine Versuche, die psychisch labile Person an Bord zu manipulieren, sorgten aber für die gelungene psychologische Spannung, die ich bis dahin vermisst habe. Schnell wird klar, das hinter diesem „Fall“ noch mehr steckt, als es zunächst den Anschein macht. Es geht bei weitem um mehr als ein Jahre zurückliegendes Trauma. Felis Suche in Berlin lässt unterdessen hoffen, dass sie einen entscheidenden Hinweis findet.

Unerwartete Wendungen in allen Handlungssträngen zeigen, dass alles komplexer ist als gedacht. Die Lage spitzt sich immer weiter zu, lässt den Leser aber lange nicht die Zusammenhänge erkennen. Als diese schließlich klarer wurden konnten sie mich nicht voll überzeugen, denn hier kommt für mich zu viel Ungeheuerliches zufällig zusammen. Eine Überraschung hat der Autor sich bis ganz zum Schluss aufgehoben, deren Idee ich gelungen fand.

Fazit
In „Flugangst 7A“ soll der Psychiater Mats durch Manipulation eines labilen Passagiers ein Flugzeug zum Absturz bringen, um seine hochschwangere Tochter Nele zu retten. Neles Kapitel schockieren den Leser mit roher Gewalt, während Mats Aktivitäten zwar nicht hinterfragt werden, aber die von mir erwartete psychologische Spannung bieten. Der Autor schafft ein beklemmendes Szenario, dessen komplexe Zusammenhänge ich nicht so glaubwürdig fand, bei dem ich aber mitfiebern konnte. Ich vergebe knappe vier Sterne für diesen Schrecken über den Wolken.
 


-->