Sonntag, 29. August 2021

Rezension: Eines Menschen Flügel von Andreas Eschbach

 

 

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Eines Menschen Flügel
Autor: Andreas Eschbach
Hardcover: 1257 Seiten
Erschienen am 26. November 2020
Verlag: Bastei Lübbe

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Die Geschichte spielt irgendwann in der Zukunft auf einem fernen Planeten, bei dem es tödlich ist, den Boden zu betreten. Denn dieser ist das Gebiet der Margors, eines geheimnisvollen Wesens, das die Menschen mit Haut und Haaren verschlingt. Die Ahnen, die einst auf dem Planeten gelandet sind, haben ihre Nachfahren daher mit Flügeln ausgestattet. Sie sind in Stämmen organisiert und leben auf großen Nestbäumen. Owen vom Stamm der Wen ist ein äußerst talentierter Flieger, dem es als erster Mensch gelungen ist, den stets bedeckten Himmel zu durchstoßen und die Sterne zu sehen. Dabei kommt er fast ums Leben und schweigt jahrelang über das Erlebte. Als er es eines Tages doch sein Geheimnis mit anderen teilt, wird er schnell zu einer Art Prediger. Schließlich werden Zweifel an der Wahrheit seiner Geschichte laut und man möchte das Beschriebene wiederholen - mit fatalen Folgen. Owens Sohn findet heraus, dass eine geheime Bruderschaft in die Ereignisse verwickelt war, und möchte zusammen mit seinen Freunden mehr über diese herausfinden.

Was mir besonders gut gefallen hat ist, dass jeder Abschnitt - mal ganz kurz, mal ziemlich lang - aus einer anderen Perspektive geschrieben wurde. So lernt man eine Vielzahl an Charakteren kennen, die man auf ihren Abenteuern begleitet. Die Geschichte nahm sich Zeit, mich mit der Welt und den unterschiedlichen Figuren bekannt zu machen. Dabei ahnte ich lange überhaupt nicht, worauf das Ganze hinauslaufen soll. Vorne im Buch ist eine Karte der bekannten Welt abgedruckt und ich fand es toll, dass die Geschichte mich in fast jede Ecke dieser Karte führte. Ich begleitete die Charaktere auf ihrem Weg durch Höhen und Tiefen. Sie erleben allerhand Aufregendes, sodass es nie langweilig wurde und ich gespannt weiterlas. Immer wieder wird es richtig brenzlig, doch die wirklich dramatischen Szenen hat sich der Autor bis zum Schluss aufgehoben. Es gibt ein großes Geheimnis, auf das die ganze Geschichte hinarbeitet und das schließlich zu einem richtigen Aha-Erlebnis führt. Plötzlich ergibt vieles einen Sinn und führt zu Konsequenzen ungeahnter Tragweite. Es lohnt sich absolut, bis zum Ende durchzuhalten und ich habe jede Seite dieses abenteuerlichen Sci-Fi Romans genossen. Wer Lust auf eine opulente Geschichte mit einer Vielzahl an Charakteren hat, die sich langsam entfaltet und Leser:innen in Staunen versetzen kann, der ist hier genau richtig!

Samstag, 28. August 2021

Rezension: Die Stadt der Tränen von Kate Mosse

 


Rezension von Ingrid Eßer


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Titel: Die Stadt der Tränen
Autorin: Kate Mosse
Übersetzer: Dietmar Schmiedt
Erscheinungsdatum:
Verlag: Lübbe (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
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Wenige Male im Jahr, aber immer wieder, reise ich buchig bis in das Mittelalter zurück. Nachdem ich vor Kurzem „Die brennenden Kammern“ von Kate Mosse gelesen habe, wollte ich unbedingt wissen, wie die Geschichte rund um das Ehepaar Piet und Minou Reydon weitergeht. Die Trilogie nimmt die Hugenottenkriege in den Fokus und umspannt eine dreihundertjährige Geschichte, die zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert spielt und von Frankreich über die Niederlande nach Südafrika führt, in dem wie beim ersten Teil auch diesmal ein kurzer Prolog handelt.

Das Geschehen des Folgebands „Die Stadt der Tränen“ beginnt zehn Jahre nach den letzten Erlebnissen und brachte mich nicht nur nach Puivert in den Süden Frankreichs, sondern auch zum niederländischen Amsterdam. Außerdem begleitete ich die Familie nach Paris zur später genannten „Bluthochzeit“ des Hugenottenkönigs Heinrich von Navarra mit der Katholikin Margarete von Valois, einer Tochter von Katharina von Medici. Die Ereignisse rund um dieses große Fest der damaligen Zeit, speziell der Bartholomäusnacht, veränderten das Leben von Piet und Minou nachhaltig.

Der Titel des Buchs bezieht sich auf Amsterdam. Für Minou wurde die Stadt zur Zuflucht, in der sie hofft, Linderung für ihr schmerzendes Herz zu finden. Einfühlsam schildert die Autorin bewegende Geschehnisse mit Weltbedeutung, die auf geschichtlichen Fakten beruhen ebenso wie solche, die im Kreis der Familie Reydon spielen.

Durch ihre Fantasie gelingt es Kate Mosse die Begebenheiten lebendig werden zu lassen. Ihre Charaktere wirken glaubwürdig, genauso wie deren Tun und Lassen. Mir beschrieb sie das Umfeld gekonnt, so dass ich mir die Szenen sehr gut vorstellen konnte. Mehrere Handlungen laufen parallel, aber alles bleibt übersichtlich. Ich begegnete vielen bekannten Personen aus dem ersten Band wieder, aber auch interessant gestalteten neuen Figuren. Eine Auflistung der Hauptfiguren zu Beginn des Buchs gibt einen Überblick über fiktive und historische Charaktere. Das Lesen des Romans ist auch ohne Kenntnis des ersten Teils problemlos möglich.

Der Epilog spielt im Jahr 1594 und wirft noch einmal eine Frage auf, die zwar abschließend so stehen bleiben kann, auf deren Klärung ich mich aber im dritten Band der Trilogie freue. Wer gerne Romane liest, die im Mittelalter spielen, ist bei „Stadt der Tränen“ von Kate Mosse genau richtig.


Freitag, 27. August 2021

Rezension: Der Mauersegler von Jasmin Schreiber

 

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Der Mauersegler
Autorin: Jasmin Schreiber
Hardcover: 240 Seiten
Erschienen am 27. August 2021
Verlag: eichborn

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Prometheus ist mit seiner schwarzen Arztkutsche auf dem Weg nach Norden. Wo er hinwill? Was er da tun will? Darauf hat er keine Antwort, denn in ihm tobt ein umfassendes Gedanken- und Gefühlschaos. Trauer und Schuld dominieren, und so wird er nach seinem misslungenen Versuch, ins dänische Meer zu fahren, von einer alten Frau und ihrem Pony gefunden. Diese stellt sich als Aslaug vor, die zusammen mit ihrer Frau Helle sein Auto abschleppt. Die beiden besitzen einen Pferdehof und bieten ihm ein freies Zimmer an. Vor Pferden hat Prometheus Angst, dennoch bleibt er erst einmal bei ihnen und schaut, was diese Auszeit mit ihm macht.

Als Leserin wurde ich zu Beginn des Romans mitten hineingeworfen in den emotionalen Sturm, der in Prometheus innerem tobt. Ungefiltert strömten seine Gedanken und Gefühle auf mich ein. Ich fragte mich, was wohl geschehen ist, um solch eine Reaktion auszulösen.

In den folgenden Kapiteln gibt es immer wieder Rückblicke, die schrittweise erklären, was in der Vergangenheit geschehen ist. Ich lernte Prometheus und seinen besten Freund Jakob als Kinder kennen, die unzertrennbar waren und gemeinsam so einiges erlebt haben. Auf einer weiteren Zeitebene erfährt Prometheus, dass Jakob an Krebs erkrankt ist. Jakobs Überlegungen, wie er sich behandeln lassen möchte, stürzen Prometheus in ein Dilemma.

Immer wieder wird der Mauersegler als Motiv aufgegriffen, denn Jakob war begeistert von Vögeln und dank ihm weiß Prometheus so einiges über diese Vogelart. Sie verbringen den Großteil ihres Lebens in der Luft. Wenn ein geschwächter Mauersegler landet, dann kommt er oft nicht mehr allein die die Luft. Genau so fühlt sich Prometheus, während der Zeit, die er auf Aslaugs und Helles Hof verbringt.

Auf allen Zeitebenen ist Sterben und Tod immer wieder ein Gesprächsthema. Einfühlsam wird erzählt, welche Gedanken sich Prometheus und Jakob dazu gemacht haben. Für mich war es eine berührende, oftmals auch bedrückende Lektüre. Der Autorin gelingt es, mit ihrem Worten starke Bilder zu schaffen, die nachwirken.

In der Gegenwart gibt es kleine Momente der Ruhe und des Innehaltens, die ich am liebsten festhalten wollte, in den Rückblenden auch Phasen der Unbeschwertheit. Im Vergleich zum Debütroman der Autorin erlebte ich die Geschichte aber als weniger skurril und deutlich ernster. Insbesondere beim Thema des Umgangs mit der Schuld werden unterschiedliche Auffassungen vertreten, die mich ins Nachdenken brachten.

„Der Mauersegler“ ist ein Roman über Freundschaft, Trauer und Schuld. Jasmin Schreibers Worte sind poetisch und berührend. Sie lenkt den Blick gelungen auf Details und ließ mich die Emotionen der Charaktere ungefiltert spüren. Sehr gerne empfehle ich das Buch weiter!

Rezension: Die Leuchtturmwärter von Emma Stonex

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Die Leuchtturmwärter
Autorin: Emma Stonex
Erscheinungsdatum: 25.08.2021
Verlag: S. Fischer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783103970371
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Die Leuchtturmwärter Arthur, Bill und Vince und ihre Lebensgefährtinnen sind die Protagonisten im nach ihrem Beruf benannten Roman von Emma Stonex. Hohe Wellen umtoben den auf dem Cover abgebildeten Leuchtturm, hohe Wellen im übertragenen Sinne schlägt auch das unerwartete spurlose Verschwinden der Wärter. Die Autorin wurde zu ihrer Erzählung von einer wahren Geschichte inspiriert.

Ein Leuchtturm wird immer von drei gleichzeitig anwesenden Wärtern bedient. Im Winter 1972 ist das der Oberwärter Arthur, der schon viele Jahre im Dienst ist, der erfahrene Bill sowie Vince, der erst seit Kurzem dem Beruf nachgeht. Am Silvestertag wird der Turm von Mitarbeitern der Betreibergesellschaft angesteuert, doch sie finden den Turm ohne Wärter vor, die Zugangstür ist verschlossen, der Tisch für zwei Personen gedeckt und zwei Uhren sind zur gleichen Zeit stehen geblieben. Im letzten Logbucheintrag ist von einem Sturm zu lesen, doch zu Silvester war es windstill. Die Frage, was geschehen ist, verlangt nach einer Klärung.

Die Autorin erzählt auf zwei Handlungsebenen. Einerseits schaut sie auf die drei Männer bei ihrer Arbeit im Leuchtturm in den Tagen und Wochen vor dem Verschwinden. Andererseits nimmt sie die drei Lebenspartnerinnen der Wärter zwanzig Jahre später in den Fokus, denn ein Journalist greift die Geschichte erneut auf und möchte dabei Licht ins Dunkel des ungeklärten Falls bringen. Schrittweise blickt Emma Stonex auf Szenen im Leben jeder einzelnen Figur und deckt dabei deren kleine Geheimnisse auf, so dass sich für den Leser und die Leserin schrittweise ein Bild der Charaktere ergibt, geprägt durch die von den jeweils Handelnden erzählten Passagen und den Aussagen Dritter. Unterschwellig ist stets eine gewisse Spannung vorhanden.

Emma Stonex wechselt häufig die Perspektive, wobei es immer klar bleibt, wer gerade im Mittelpunkt steht. Teile lässt schreibt sie in der Ich-Form, andere übernimmt sie als allwissender Erzähler, ergänzt um fiktive Berichte. Im Laufe der Geschichte bietet sie verschiedene Erklärungen für das Verschwinden an, mal rational gedacht, aber auch mystisch. Als Leserin erhielt ich ein immer tieferes Verständnis für die Handlung, ohne dass sie mir je wirklich greifbar wurde, sondern immer mehr zum Nachdenken brachte über die Frage, was Wahrheit und was Lüge ist.

Das Setting schafft eine eigenwillige Stimmung durch das schicksalergebene Warten der Angehörigen auf die Rückkehr der Wärter in einer eigens für sie geschaffenen Kolonie mit Blick auf den Turm und das angespannte Miteinander der Hüter des Leuchtturms umgeben von der unberechenbaren Kraft des Meers. Sie sind aufeinander angewiesen, ihr Wechsel und ihre Versorgung sind vom Wetter abhängig. Unterdessen führen ihre Frauen ihr Leben zwar in eigenen Wohnungen, die aber nah zueinander liegen, in einem Umfeld, dass ihnen wenig Freizeitaktivität bietet. Das beruflich erworbene Ansehen der Männer ist auch in ihrem Verhältnis untereinander zu spüren, sowie einige Rivalitäten.

Mit ihrem Roman „Die Leuchtturmwärter“ hat Emma Stonex mir Einblicke in den gleichlautenden Beruf verschafft, der heute allerdings meist durch entsprechende Technik im Turm ersetzt wird. Basierend auf einer wahren Begebenheit, die zu Beginn des letzten Jahrhunderts geschehen ist, bietet sie in ihrer Erzählung mögliche Erklärungen für das spurlose Verschwinden der drei Wärter vom Turm, die genügend offene Enden für eigene Überlegungen lassen. Den besonderen Lesegenuss bringt die Kombination aus den Fakten, die das Leben eines Wärters des Leuchtfeuers mit sich bringt und den fiktiven Gedanken und Gefühlen ihrer Figuren, in die Emma Stonex tief eindringt und sie dem und der Lesenden vermittelt. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung dafür.


Donnerstag, 26. August 2021

Rezension: Junge mit schwarzem Hahn von Stefanie vor Schulte

 

Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Junge mit schwarzem Hahn
Autorin: Stefanie vor Schulte
Erscheinungsdatum: 25.08.2021
Verlag: Diogenes (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Leseexemplar als Taschenbuch
ISBN: 9783257804379
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Der Roman „Junge mit schwarzem Hahn“ ist das Debüt von Stefanie vor Schulte. Sie entführte mich als Leserin damit in eine dunkle Zeit mit mittelalterlichem Charakter. In eine raue Welt voller Misstrauen, Hass, Gewalt und Ungerechtigkeit setzt sie ihren Protagonisten, den elfjährigen Martin, ein vom Gemüt her freundliches und aufgeschlossenes Kind. Er ist die titelgebende Figur, der Junge mit dem schwarzen Hahn. Dem Titel entsprechend ist immer ein Hahn an seiner Seite oder genauer gesagt, meist unter seinem verdreckten Hemd versteckt.

Am Rand des kleinen Dorfs lebt Martin für sich allein. Sein Vater hat vor langer Zeit seine Familie mit dem Beil erschlagen, nur er hat unbeschadet überlebt. Den Dorfbewohnern bietet er kleine Dienstleistungen an und wird meist mit etwas Essen dafür belohnt, ohne dass er darum betteln muss. Ein Maler, der zu einem Auftrag ins Dorf kommt, erkennt die Besonderheit des Jungen, die darin besteht, dass er über eine sehr gute Beobachtungsgabe verfügt und Zusammenhänge schnell erkennen kann. Inzwischen wurde Martin Zeuge, wie ein Reiter die junge Tochter einer Bekannten bei einem Gang zum Markt entführt.

Weil er überzeugt ist, dass er im Ort keine lebenswerte Zukunft haben wird, kommt es ihm gelegen, den Maler auf seinem weiteren Weg nach Beendigung dessen Auftrags zu begleiten. Und ganz nebenher schafft er es auch sich seine eigenen Herzensangelegenheiten zu erfüllen, die unter anderem darin bestehen, das Rätsel der Kindesentführung zu lösen und den Grund für das Massaker in seiner Familie zu finden. Seine Wünsche bilden den roten Faden in der Geschichte.

Martin spiegelt das Gute im Menschen wider und bringt einen Lichtblick in eine düstere Welt. Stefanie von Schulte beschreibt das Dorf und seine Bewohner als arm und dadurch um ihr eigenes tägliches Wohl besorgt, angepasst, schicksalsergeben, aber auch eitel, gemein und ausbeuterisch. Daneben strahlt der Junge Besonnenheit, Mut und Wärme aus. Obwohl er schon Entsetzliches erleben musste, schaut er nach vorn und verzweifelt nicht. Durch seine Eigenschaften ragt er aus der Gesellschaft hervor und wird durch seine Andersartigkeit an den Rand gedrängt. Das Einflechten von mystischen Elementen gibt dem Roman etwas Fabelhaftes. Die Rolle des Hahns in Bezug zu Martin ist den Einwohnern des Orts suspekt. Doch für Martin ist er die Verknüpfung zu seiner Vergangenheit und an heitere Kindertage. Er bietet ihm Wärme und Geborgenheit und führt ihn auf seine Weise auf dem für ihn vorgesehenen Weg, ihm vertraut er blind.

Stefanie von Schulte schreibt in ihrem Roman „Junge mit schwarzem Hahn“ auf den Punkt und macht mit Eindringlichkeit klar, dass sich in einer solch dunklen Umgebung Hoffnung entwickeln kann entgegen der auf den Gegebenheiten beruhenden Vermutungen. Für mich ist die Geschichte ein überraschend reifes Debüt und daher empfehle ich das Buch gerne weiter.

Mittwoch, 25. August 2021

Rezension: Die Leuchtturmwärter von Emma Stonex

 

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Die Leuchtturmwärter
Autorin: Emma Stonex
Übersetzerin: Eva Kemper
Hardcover: 432 Seiten
Erschienen am 25. August 2021
Verlag: S: FISCHER

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Ende Dezember 1972 verschwinden alle drei Wärter des Maiden Rock, einem Leuchtturm mitten im Meer 28 km südwestlich von Land’s End, Cornwall. Die Tür ist von innen verschlossen, der Tisch für zwei gedeckt, die Uhren sind um viertel vor neun stehen geblieben und im Wetterbericht ist ein Sturm notiert, den es nicht gab. Was ist damals wirklich geschehen? Das möchte der Autor Dan Sharp 1992 im Rahmen der Recherche für sein neues Buch endlich herausfinden. Helen, die Witwe von Oberwärter Arthur Black, ist bereit, ihm nach all der Zeit ihre Sicht der Dinge zu schildern. Das kann Jenny, die mit Wärter Bill Walker verheiratet war, nicht auf sich sitzen lassen. Für sie ist Helen eine Lügnerin, deren regelmäßig eintreffende Briefe sie nicht liest. Die beiden haben seit den Ereignissen damals nicht mehr miteinander gesprochen. Michelle, die damalige Freundin des jungen Hilfswärters Vincent Bourne, hat inzwischen eine Familie mit einem anderen Mann. Sie will mit den alten Geschichten nichts mehr zu tun haben.

Der Roman ist inspiriert von einem Vorfall im Jahr 1900, als alle drei Wärter von einem Leuchtturm auf der Insel Eilean Mòr verschwanden. Der von Emma Stonex erzählte Fall ist jedoch noch mysteriöser als sein historisches Vorbild, denn der Leuchtturm war von innen verschlossen. Die Geschichte beginnt mit der Entdeckung dieses Umstandes, als die Ablöse für Bill Walker am Turm eintrifft und niemand sie erwartet. Der Fall sorgt für Schlagzeilen, doch was wirklich geschehen ist wird nie aufgedeckt. Trident House, bei dem die Wärter angestellt waren, gibt sich mit der einfachsten Erklärung zufrieden und unterbindet weitere Nachforschungen. Die Hinterbliebenen haben unterdessen ihre eigenen Theorien entwickelt.

Die Erzählung springt zwischen den Jahren 1972 und 1992 hin und her. Im Jahr 1972 erfährt man, was die drei Wärter in den Wochen vor dem Ereignis erlebt haben. Ich lernte jeden einzelnen von ihnen besser kennen und erfuhr, was sie bewegt und wie sie mit dem Leben auf engsten Raum mitten im Meer klarkommen. Warum haben sie sich für diesen Beruf entschieden? Wie war die es für die in der Anfangszeit, und wie ist es heute? Emma Stonex gibt authentische Einblicke in das Leben der Wärter auf einem Leuchtturm mitten im Meer.

Im Jahr 1992 begegnet man den Witwen von Arthur und Bill sowie der ehemaligen Freundin von Vincent. Sie reagieren höchst unterschiedlich auf Dan Sharps Nachforschungen. Durch diese kommen alte Geheimnisse und Konflikte ans Licht. Als Leserin erhielt ich später auch Einsicht in die alten Zeugenaussagen. Sobald bei mir der Eindruck entstand, dass sich eine Erklärung für die Ereignisse abzeichnet, erhielt ich neue Informationen, die das vermutete Motiv in Frage stellen oder ein ganz anderes zur Option stellen. Es gibt verschiedenste Möglichkeiten, was passiert sein könnte und was der Auslöser war. Über dem ganzen Roman liegt ein Schleier des Mysteriösen, was mir sehr gefallen hat.

„Die Leuchtturmwärter“ ist ein ruhiger, höchst atmosphärisch erzählter Roman, der mich immer wieder überraschen konnte. Im Laufe der Geschichte kommen laufend neue Informationen ans Licht, die aber auch zu falschen Schlüssen führen können. Ich lade Euch herzlich ein, in den Roman einzutauchen und Euch selbst auf die Suche nach der Wahrheit zu begeben.

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