Mittwoch, 26. Juli 2023

Rezension: Im Sturm - Ein Fall für Lilly Hed von Pernilla Ericson

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Im Sturm - Ein Fall für Lilly Hed
Die Vier-Elemente-Krimiserie (Band 2 von 4)
Autorin: Pernilla Ericson 
Übersetzerin aus dem Schwedischen: Friederike Buchinger
Erscheinungsdatum: 26.07.2023
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur
ISBN: 9783651001107
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Im zweiten Band der „Vier-Elemente“-Kriminalromanreihe der Schwedin Pernilla Ericson kämpft die Ermittlerin Lilly Hed entsprechend des Titels „Im Sturm“ bei der Aufklärung eines Mords gegen die Unbillen eines Unwetters. Ihr Auftrag führt sie diesmal in den Norden Schwedens. Dort treten die Kollegen vor Ort bei Fallermittlungen auf der Stelle. Im Rahmen des Projekts „Speerspitze“ sollen sie Verstärkung erhalten.

Lilly wird Liv Kaspis, die sie seit der Polizeischule kennt und seitdem eine Freundin ist, zur Seite gestellt. Liv ist die Protagonistin einer früheren Serie der Autorin. Als Person wird sie charakterlich gut beschrieben und in ihrem privaten Umfeld vorgestellt, so dass mir keine Vorkenntnisse fehlten. Sie hat als Kriminalkommissarin einige Fälle gelöst, die für Aufsehen sorgten. Die im Gegensatz zu ihrer manchmal impulsiven Kollegin deutlich ruhigere Lilly, die gerne die Kontrolle behält, hat sich als leitende Ermittlerin beim Landeskriminalamt bewährt.

Für beide Frauen wird ihr Einsatz zu einer Herausforderung. Am Tag ihrer Fahrt in den Norden wird für diese Gegend eine Sturmwarnung herausgegeben. Die Kollegen sind wie erwartet nicht erfreut über ihr Ankommen, weil sie diese als Kritik an ihrer eigenen Arbeit verstehen. Während die Ermittlerinnen sich vor Ort zu bewähren suchen, zieht ein heftiger Sturm auf, der unter anderem Bäume im nahen Wald entwurzelt, zu Fall bringt und Zufahrtsstraßen verschließt. Heftige Regenfälle vernichten eventuell wertvolle Spuren. Noch schlimmer wird es, als der Strom vollständig ausfällt und dadurch jeder Kontakt zur Außenwelt abbricht. Dadurch wurde mir als Leserin bewusst, wie sehr wir von elektronischen Errungenschaften abhängig sind. Die Ängste der Dorfbewohner werden geschürt, als ein weiterer Mord geschieht und ihnen bewusst wird, dass der Täter unter ihnen weilt.

Ich erfuhr am Rande der Ermittlungsarbeiten, wie Lilly gegen ihren gewalttätigen früheren Freund weiter vorgeht und auch, wie der Partner von Liv ohne sie Daheim zurechtkommt. Das besondere an diesem Kriminalroman ist das Spiel mit dem Gedanken, in einem abgeschlossenen Gebiet nicht nur einen Mörder zu überführen, sondern sich auch vor ihm zu schützen. Bei ihren Ermittlungen stoßen die beiden Kommissarinnen auf ein Meer des Schweigens. Im Ort kennt man sich untereinander und keiner will als Verräter dastehen, aber gleichzeitig möchte man nicht selbst zum Opfer werden. Das Motiv kristallisiert sich erst langsam heraus. Pernilla Ericson setzt ihre Figuren geschickt so ein, dass mehrere Täter in Frage kommen. Durch die Extremsituation wächst der Hass und die Wut der Einwohner, die sich schließlich gegen die Ermittler*innen und deren Ohnmacht zu richten beginnen.

„Im Sturm“ ist der zweite Kriminalfall für die schwedische Ermittlerin Lilly Hed. Gemeinsam mit der Kollegin und Freundin Liv Kaspis ermittelt sie in einem Sondereinsatz zu einem schwierigen Mordfall im Norden des Landes. Der Autorin Pernilla Ericson ist es wichtig zu zeigen, wie der Klimawandel sich auswirken kann und Wetterkapriolen zu ungewöhnlichen Situationen führen, die sich auch auf die Arbeit der Kriminalpolizei auswirken. Ihre Beschreibungen dazu sind wirklichkeitsnah sowie nachvollziehbar und tragen ein Stück zur Steigerung der Spannung bei, die bis zum Ende anhält. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung. Ich freue mich auf den dritten Band „In der Erde,“ der in 2024 erscheinen wird.

Montag, 24. Juli 2023

Rezension: Vom Ende der Nacht von Claire Daverley


Vom Ende der Nacht
Autorin: Claire Daverley
Übersetzerin: Margarita Ruppel
Hardcover: 448 Seiten
Erschienen am 24. Juli 2023
Verlag: hanserblau

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Rosie und Will sind schon einige Jahre in derselben Stufe, doch erst als Zwölftklässler unterhalten sie sich nachts am Lagerfeuer bei einer Party zum ersten Mal. Die beiden sind sehr unterschiedlich, doch gleich fasziniert voneinander. Während Will signalisiert, dass er gerne mit ihr zusammensein möchte, blockt Rosie trotz ihrer Gefühle für ihn ab, um sich auf den Abschluss und die Aufnahme an der Oxford University zu konzentrieren. Ihr Entschluss gerät ins Wanken, doch dann teilt ein schreckliches Ereignis die Leben der beiden in ein Davor und Danach. Die beiden leben ohne einander weiter und kommen doch nicht ganz voneinander los.

Das Buch beginnt mit einem Prolog, in welchem mit wenigen Sätzen ein schwerer Schicksalsschlag beschrieben wird, nach dem Rosies Leben für immer ein anderes ist. Danach springt die Geschichte einige Zeit zurück und beginnt bei dem Moment, in dem Rosie und Will erstmals ein Gespräch am nächtlichen Lagerfeuer miteinander führen. Auch ihre zweite längere Unterhaltung findet mitten in der Nacht statt: Will hat mit Rosies Zwillingsbruder Josh bei diesem zu Hause Mathe gelernt und ist vom Schnee überrascht worden, sodass er einen Schlafplatz auf der Couch gefunden hat. Schlaflos treffen Rosie und Will in der Küche aufeinander.

Die Faszination, welche die beiden füreinander empfinden, wurde mir als Leserin gelungen vermittelt. Rosie ist mit ihrer Entscheidung, sich dennoch nicht auf Will einzulassen, hart zu sich selbst und ich war neugierig, ob sie ihre Disziplin und Zielstrebigkeit nicht doch irgendwann über Bord wirft und sich ins Leben stürzt. Doch der Prolog, bei dem ich trotz seiner Kürze mühelos entschlüsseln konnte, was vorgefallen ist, schwebt die ganze Zeit wie eine dunkle Gewitterwolke über der Handlung, die sich nach rund 150 Seiten entlädt.

Der Roman ist nicht nur eine Liebesgeschichte, sondern beschreibt auch einfühlsam, wie das Leben spielen kann. Es geht um Verlust und Schuldgefühle, welche einen ganzen Lebensweg mit seinen Entscheidungen beeinflussen können. Und um Momente, in denen man am Scheideweg steht und sich entscheiden muss, welche Richtung man einschlägt und welche Wünsche und Ziele vielleicht für immer unerfüllt bleiben werden. Für mich war es eine emotionale und gefühlvolle Geschichte, die mich in einen Sog gezogen hat.

Auf den letzten 80 Seiten hat mich der Roman dann allerdings fast verloren. Diesen letzten Handlungstwist brauchte es für mich nicht, ich war geradezu sauer auf die Autorin, dass sie ihren Charakteren auch das noch zumutet. Unterm Strich bleibt "Vom Ende der Nacht" aber eine Lektüre, die ich sehr gerne gelesen habe und daher weiterempfehlen kann.

Donnerstag, 20. Juli 2023

Rezension: Blue Skies von T.C. Boyle

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Blue Skies
Autor: T. Coraghessan Boyle
Übersetzer aus dem Englischen: Dirk van Gunsteren
Erscheinungsdatum: 15.05.2023
Verlag: Hanser (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783446276895
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Mit seinem Roman „Blue Skies“ unterhält T.C. Boyle den Lesenden mit einem besorgniserregenden Szenarium, das sich an der Ost- beziehungsweise Westküste der USA abspielt. Der Titel wird zum Homonym, wenn die Sonne nicht nur auf die Erde strahlt, sondern ihre gesamte Kraft ununterbrochen wirkt. Die Geschichte spielt irgendwann zwischen heute und der nahen Zukunft. Es ist unverkennbar, dass die Figuren der Geschichte zunehmend die Folgen des Klimawandels spüren und damit lernen müssen umzugehen. Die Umschlaggestaltung reizt durch Gegenfarben, die mich neugierig auf den Inhalt machten.

Die Protagonistin Ottilie hat das Rentenalter bereits erreicht, aber ihr Ehemann wird als Arzt seine Praxis noch eine Weile weiterführen. Die beiden leben in Kalifornien, das von Hitze geplagt wird, unter Wassermangel leidet und infolgedessen Brände drohen. Ihr Sohn Cooper ist Entomologe. Er hat seiner Mutter empfohlen, ihre Ernährung umzustellen und Insekten statt Fleisch zu essen. Während Cooper unweit von zuhause seine Studien betreibt, lebt Ottilies Tochter Cat seit geraumer Zeit in Florida. Der Bundesstaat wird zunehmend von Stürmen und Überschwemmungen heimgesucht. Aus Langeweile und damit ihre Fotos in den Sozialen Medien mehr Aufmerksamkeit erhalten kauft die Influencerin sich einen Tigerpython. Doch sie hat die Gefahr, die von der Schlange ausgeht, unterschätzt. Außerdem hat sie mit dem Kauf das Unverständnis ihres Bruders auf sich gezogen, der sich durch seine Lebensweise für die Natur in jeder Form einsetzt.

Der Klimawandel ist da, in den unterschiedlichsten Formen und bedroht Existenzen, unabhängig von Alter, Geschlecht und Einkommen. Ottilie und ihre Familie gehören zur oberen Mittelschicht. Der Autor verdeutlicht beispielhaft, dass sie sich von ihrem Geld sicher einen guten Lebensstil leisten, aber sie die Erwärmung der Erde allein mit monetären Mitteln nicht aufhalten können. Wesentlich dafür wäre ein Umdenken. Auch in dieser Hinsicht setzt T.C. Boyle seine Figuren mit Bedacht. Während Cooper seine Arbeit dem Naturschutz widmet, hat seine Schwester zwar einen Hass gegen die extremen Wetterlagen entwickelt, hält aber an ihrem Status quo fest. Der Autor spitzt ihr Schicksal durch zahlreiche Wendungen zu. Insgesamt fließt in Cats Umfeld reichlich Alkohol, mit dem man sich ironischerweise zwar die Welt schön trinken, aber auf keiner Weise ändern kann, im Gegenteil. 

Ich spürte beim Lesen, dass dem Autor das Thema Klimaschutz sehr am Herzen liegt. Die Erzählung erfordert Hintergrundwissen, das T.C. Boyle dank seines Interesses und sehr guter Recherche ganz nebenher einflechtet. Es fehlt auch in diesem Roman nicht an Zynismus, der zu seinem Schreibstil gehört. Aus eigener Erfahrung heraus kann ich empfehlen, den Roman an sehr warmen Tagen zu lesen, denn damit intensiviert sich die Vorstellung der fiktiven Geschehnisse.

T.C. Boyle konnte mich in seinem Roman „Blue Skies“ immer wieder neu mit den Handlungen seiner abwechslungsreich gestalteten Figuren überraschen. Er zeigt, dass das alltägliche Leben durch den Klimawandel zur ständigen Herausforderung werden kann. Die Geschichte bleibt auf diese Weise im Gedächtnis und hallt nach, weswegen ich sie gerne weiterempfehle. 

Samstag, 15. Juli 2023

Rezension: Hirn gegen Hayley von Hayley Morris


Hirn gegen Hayley
Autorin: Hayley Morris
Broschiert: 304 Seiten
Erschienen am 5. Juli 2023
Verlag: Penguin Random House (Heyne)

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Hayley Morris ist seit 2021 mit unterhaltsamen Kurzvideos auf diversen Social Media Plattformen erfolgreich, in denen sie sich zum Beispiel als Hirn oder Uterus verkleidet. In "Hirn gegen Hayley" gibt sie Einblicke in ihr bisheriges Leben und wie dieses von der unerwünschten Stimme im Hinterkopf, die sich in den unpassendsten Momenten einmischt, beeinflusst wurde. Ob in der Schule oder im Arbeitsleben, bei Dates oder in Beziehungen, die nervige Stimme in ihren Kopf funkt ihr ständig dazwischen. 

Die Autorin präsentiert auf charmante Art die Normalität des Grübelns und des Überdenkens. Sie verdeutlicht, dass es völlig normal ist, sich zu viele Gedanken zu machen und dass man keineswegs seltsam ist, wenn man sich in Alltagssituationen völlig verrückte oder sogar gefährliche Sachen ausmalt. Dabei macht sie auch vor oftmals tabuisierten Themen keinen Halt und spricht über Furzen und Kacken, Sexfantasien und Mordgedanken.

Das Buch ist kurzweilig und in den humorvollen Schilderungen konnte ich mich an einigen Stellen selbst wiederfinden. Die meisten Ratschläge der Autorin sollte man allerdings nicht zu ernst nehmen. Ihre eigenen Erfahrungen stellt sie oftmals überspitzt dar. In anderen Kapiteln dreht sie den Witzfaktor herunter, schlägt sie einen ernsten Ton an und gibt ungeschminkte Einblicke in ihr Innerstes, zum Beispiel bei den Kapiteln über den Tod ihres Vaters. Durch dieses Hin und Her wusste ich manchmal nicht, woran ich bei dem Buch gerade bin. Auch die inhaltliche Abfolge der Themen wirkte auch mich etwas wahllos und wild zusammengestellt.

Insgesamt ist "Hirn gegen Hayley" ein unterhaltsames Buch, das die wilde Gedankenwelt auf amüsante Weise beleuchtet. Ihr werdet euch an vielen Stellen verstanden fühlen, solltet jedoch keine ernst gemeinten Tipps und Fakten erwarten. 

Montag, 10. Juli 2023

Rezension: Eifelfrauen - Das Haus der Füchsin von Brigitte Riebe

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Eifelfrauen - Das Haus der Füchsin (Band 1 von 2)
Autorin: Brigitte Riebe
Erscheinungsdatum: 13.06.2023
Verlag: Wunderlich (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783805200684

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In einem kleinen abgelegenen Eifelort, dort, wo sich nach dem Sprichwort Fuchs und Hase gute Nacht sagen, steht das Haus, das die Fabrikantentochter Johanna Fuchs 1920 erbt. Bereits bei der ersten Erkundung fühlt sie sich zu dem Anwesen hingezogen. In mondhellen Nächten wird der Garten von einer Fähe besucht, was neben dem Nachnamen der Erblasserin dem Haus den Namen gegeben hat. Aber Verwandte und Freunde sind skeptisch, ob die verwöhnte 21-Jährige dort allein zurechtkommt. Brigitte Riebe wirft in ihrem Roman „Eifelfrauen – Das Haus der Füchsin“ auf den ersten Seiten diese Frage auf, wodurch sich eine gewisse Hintergrundspannung ergibt. Sie führt ihre Protagonistin über etliche Höhen und Tiefen bis zum Jahr 1938. Der Band gehört zu einer Dilogie, daher wird es eine Fortsetzung geben.

Johanna ist die jüngste der fünf Geschwister der Familie Fuchs, die ein präsentables Haus in Trier besitzt. Der erste Weltkrieg hat einen großen Verlust gebracht und die Geschäfte laufen mäßig, aber die Hoffnung auf einen Aufschwung bleibt dem Tabakfabrikanten und das zeigt er auch nach außen hin. Als die Nachricht über das Erbe am Tag ihrer Volljährigkeit eintrifft, ist Johanna sehr erstaunt, denn der Name ihrer Tante Lisbeth ist in ihrer Gegenwart noch nie im Haus gefallen, soweit sie sich erinnern kann.

Es ist eine große Herausforderung für sie, das Erbe anzutreten, die nicht nur in der Anzahl und Schwere der Arbeit auf dem Anwesen liegt, sondern auch darin, sich gegen den Willen der Eltern durchzusetzen, die strikt dagegen sind, dass ihre Tochter allein in das etwa zwei Stunden entfernte Dorf zieht. Dabei lernte ich die Entschlossenheit der Protagonistin kennen, ihre Neugier darauf das Geheimnis, rund um ihre Tante zu lüften und ihre Kraft dazu, sich in einer unbekannten Umgebung zu bewähren und sich unter den oft distanziert wirkenden Einwohnern Respekt zu verschaffen.

Die promovierte Historikerin Brigitte Riebe bettet ihre Erzählung in ein Stück deutscher Geschichte ein, das nicht allgemein bekannt ist. Zu Beginn der 1920er Jahre ist die Zeit der Separatisten, die in den belgisch und französisch besetzten Gebieten des westlichen Deutschen Reichs einen eigenen Staat gründen wollten. Darüber hinaus erlebt Johanna aber auch die Zeit des Aufstrebens der Nationalsozialisten, die ihre Fühler bis in die kleinsten Ortschaften ausstreckten und vor denen es schließlich kein Ausweichen mehr gab.

Was mir am Schreibstil der Autorin besonders gefällt ist die Verknüpfung der Historie mit authentisch gestalteten Figuren. Brigitte Riebe findet genau das richtige Maß an Wissen, dass sie über die Zeitgeschichte dem Lesenden vermittelt, ohne abzuschweifen. Daher fällt es mir beim Lesen leicht, mir die Personen in ihrem Umfeld vorstellen. Das Agieren der Figuren ist begründet und vielfach mit Gefühlen versehen, weswegen ich es gut nachvollziehen konnte.

Der Roman „Eifelfrauen – Das Haus der Füchsin“ von Brigitte Riebe ist eine fesselnde und bewegende Geschichte über eine junge willensstarke Frau, die in Trier, einer der ältesten Städte Deutschlands wohlbehütet in einem betuchten Unternehmerhaushalt aufwächst. Zu Beginn der 1920er Jahre tritt sie in einem kleinen fiktiven Eifeldorf ihr Erbe an und scheut vor keiner machbaren Arbeit zurück. Schließlich findet sie für sich eine eigene besondere Form ihre Empfindungen auszudrücken. Ich fühlte mich bestens unterhalten und daher vergebe ich gerne eine Lesseempfehlung.


Samstag, 8. Juli 2023

Rezension: Morgen mach ich bessere Fehler von Petra Hülsmann


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Morgen mach ich bessere Fehler
Autorin: Petra Hülsmann
Taschenbuch: 429 Seiten
Erschienen am 22. Mai 2023
Verlag: Bastei Lübbe

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Elli und ihre sechsjährige Tochter Paula leben in einer WG auf einem Bauernhof in Plön. Ihr Kunststudium hat Elli abgebrochen, als sie Paula bekommen hat. Inzwischen arbeitet sie in einem Bioladen und engagiert sich in ihrer Freizeit bei den Guerilla-Gärtnernden. Eine Familienfeier führt Elli und Paula ins Allgäu - weil jedoch kein Zug fährt, müssen die beiden spontan auf den klapprigen VW Passat ihrer Mitbewohnerin ausweichen. Obendrein fordert Ellis Mutter sie auf, Onkel Heinz aus der Seniorenresidenz in Hamburg abzuholen und mitzubringen. In ihrer Erinnerung ist er die Boshaftigkeit in Person. An der ersten Tankstelle gesellt sich noch der Schnöselanwalt Cano dazu, der Paula 500 Euro für eine Fahrt nach München bietet. Auf ihrem Roadtrip wird das ungleiche Quartett mit zahlreichen Herausforderungen und chaotischen Situationen konfrontiert.

Ich habe mich sehr gefreut, diesen schon vor längerer Zeit angekündigten Roman endlich lesen zu können. Die Autorin ist während des Schreibens an einer Depression erkrankt, mit der sie in den sozialen Medien und im Nachwort offen umgeht. Nun hat sie den Roman beenden können und nahm mich als Leserin mit auf einen unterhaltsamen Roadtrip mit vier sehr unterschiedlichen Charakteren.

Petra Hülsmann versteht es, den Leser mit ihrem humorvollen Schreibstil von Anfang an zu fesseln. Die Geschichte wird aus der Perspektive von Elli erzählt, was mir als Leserin einen direkten Einblick in ihre Gedanken und Gefühle gibt. Mit ihren Ecken und Kanten wirkt sie authentisch, gelegentlich ging mir ihr Verhalten allerdings auch auf die Nerven.

Obwohl die vier Hauptcharaktere auf den ersten Blick sehr unterschiedlich wirken, entwickeln sie im Laufe der Geschichte zunehmend Verständnis füreinander. Insbesondere die Beziehung zwischen Elli und Cano, der zunächst als arroganter Schnösel erscheint, entwickelt sich auf unerwartete Weise und sorgt für einige amüsante und auch emotionale Momente.

Die Reise an sich ist mit allerlei Hindernissen unterschiedlichster Art gespickt, die für reichlich Unterhaltung sorgen und keine Langeweise aufkommen lassen. Dabei gelingt es der Autorin, die Spannung aufrechtzuerhalten und den Leser immer wieder mit unvorhersehbaren Ereignissen zu überraschen. Mich konnte dieser chaotische Roadtrip gut unterhalten, weshalb ich ihn gerne weiterempfehle!

Mittwoch, 5. Juli 2023

Rezension: I'm Glad My Mom Died von Jennette McCurdy

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: I'm Glad My Mom Died
Autorin: Jennette McCurdy
Übersetzerinnen: Sylvia Biecker und Henriette Zeltner-Shane
Erscheinungsdatum: 24.05.2023
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur
ISBN: 9783596708888
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In ihrem Buch „I’m Glad My Mom Died” beschreibt die US-Amerikanerin Jennette McCurdy wie es dazu kam, dass sie bereits mit sieben Jahren eine Statistenrolle in der Serie Akte X spielte. Mit 23 Jahren beendete sie ihre Schauspielkarriere und betätigt sich seitdem als Regisseurin und Drehbuchautorin. Ein belletristischer Roman ist in Vorbereitung.

Jennette McCurdy bekam ihre erste Rolle als Schauspielerin mit acht Jahren, wurde aber vor allem sieben Jahre später als Samantha Puckett in der Fernsehserie iCarly bekannt, die von 2007 bis 2014 auf Nickelodeon lief. Man muss die Serie nicht kennen, um Verständnis für die geschilderten persönlichen Probleme der Autorin zu finden. Wer Interesse hat, der sollte sich Ausschnitte der Folgen auf YouTube anzuschauen.

Die Karriere ihrer Tochter wurde von Jennettes Mutter von Kindheit an gefördert. Als Jennette zwei Jahre alt war, erkrankte ihre Mutter an Krebs und danach wollte sie alles tun, damit sie ein gutes Leben hat. Dazu gehörte auch, ihr möglichst jeden Gefallen zu erfüllen und ihrem Wunsch nachzukommen, als Schauspielerin berühmt zu werden. Die Einnahmen aus der Tätigkeit als Darstellerin waren in der Familie willkommen. Jennettes Wertvorstellungen wurden von Kindheit an durch christliche Ansichten des Elternhauses geprägt.

Ohne Pathos schildert die Autorin, wie zeitaufwendig die Jobs waren und dass sie kaum Möglichkeit hatte, Freundschaften zu Gleichaltrigen aufzubauen. Stattdessen entwickelte sie schon früh erste Zwangshandlungen. Sie beschreibt den Druck, der bei den Produktionen auf ihr lag. Nicht nur gute Schauspielkunst, sondern auch die widerspruchslose Ausführung von Anweisungen sicherten ihr Folgeaufträge. Außerdem war ihr Aussehen wichtig, allem voran ihr Gewicht. Stets war ihre Mutter an ihrer Seite und hegte und pflegte sie nach ihren eigenen Maßstäben. Die Biografie gewährt Einblicke in die Unterhaltungsindustrie, was ich persönlich sehr interessant fand.

Jennette entwickelte zunehmend Essstörungen und findet außerdem Trost im Alkoholkonsum. Auch als junge Frau kann sie sich nicht vollständig aus der Bevormundung durch ihre Mutter lösen, obwohl der Wunsch dazu da ist. Aus diesem Zwiespalt heraus ist der Buchtitel zu verstehen. Sie beschreibt ihre inneren Konflikte nachvollziehbar. Ihr ist jedoch auch bewusst, dass sie Vorteile aus ihrem Job zieht und das Agieren ihrer Mutter ihr Bekanntheit verschafft hat, so dass sie ein bemitteltes Leben führen kann. Lob für ihre Arbeit hat sie immer geschätzt und ihr Freude bereitet.

Jennette McCurdy Autobiografie „I’m Glad My Mom Died” ist eine ergreifende Lektüre, denn offen und ehrlich blickt die Autorin auf ihr Leben zurück, in dem sie von ihrer Mutter zu einer Karriere als Schauspielerin geführt wurde und keine Möglichkeit fand, die zunehmend toxische Beziehung zu beenden. Selbst über deren Tod hinaus kämpfte sie mit Problemen, die sich über Jahre hinweg aufgebaut hatten. Mich hat dieses Buch bewegt und wird mir sicher in Erinnerung bleiben, daher empfehle ich es gerne weiter.


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