Dienstag, 10. August 2021

Rezension: Wildtriebe von Ute Mank

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Wildtriebe
Autorin: Ute Mank
Erscheinungsdatum: 23.07.2021
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783423282888
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Der Roman „Wildtriebe“ von Ute Mank gibt Einblicke in das Leben auf dem Land über mehrere Generationen hinweg. Dabei stehen drei Frauen im Fokus. Im Vergleich verhält sich deren Leben wie Wildtriebe, ihre Wege führen sie trotz bestehender Werte und Konventionen in eine andere als die von ihren Angehörigen vorgesehene Richtung. Das Cover nahm mich optisch mit in die Natur, die im Buch eine tragende Rolle spielt, denn sie lässt alles Wachsen und Gedeihen und bildet die Erwerbsgrundlage in der Landwirtschaft.

Die Geschichte spielt etwa um die Wende vom 20. ins 21. Jahrhundert. Lisbeth, inzwischen etwa Mitte 70, hat den in einem kleinen hessischen Dorf gelegenen elterlichen Hof übernommen, nachdem ihre beiden Brüder im Zweiten Weltkrieg gefallen waren. Kurze Zeit nach dem Tod ihrer Geschwister hat sie ihre Mutter verloren. Ihr einziges Kind, ihr Sohn Konrad hat zu Beginn der 1970er Jahre seine langjährige Freundin Marlies geheiratet, die in einem Kaufhaus in der Stadt arbeitet. Die beiden haben eine Tochter Joanna. Zu Beginn des Romans begibt die 19-jährige Joanna sich nach ihrem Abitur auf große Fahrt, um ein Jahr Freiwilligenarbeit in Afrika zu leisten. Schon auf den ersten Seiten ist zu erfahren, dass Konrad inzwischen nur noch im Nebenerwerb Landwirt ist.

Ute Mank blickt auf das bewegte Leben der Frauen, vor allem aber auf das von Lisbeth und Marlies und ihr Verhältnis zueinander. Lisbeth hat schon früh gelernt, eigene Entscheidungen zu treffen, immer zum Wohl des Hofs und seiner Bediensteten. Sie war immer diejenige, die das Sagen hatte. Es ist schwierig für sie nun mir ihrer Schwiegertochter eine Berufsfremde im Haus zu haben. Wie es damals üblich war, hat Marlies ihre Arbeitsstelle nach der Heirat aufgegeben. Marlies wurde der Weg aufs Gymnasium von ihren Eltern untersagt, stattdessen wurde sie auf Ehe und Haushalt vorbereitet. Sie hat gelernt, den Entscheidungen ihrer Eltern nicht zu widersprechen. Lisbeth begegnet sie mit Respekt, aber es ist und bleibt zu viel Schweigen in ihrer Beziehung, um Vertrauen aufzubauen. In ihrer Rolle als Bäuerin ist sie nie richtig angekommen, ihre beruflichen Erfolge werden von ihrem familiären Umfeld nicht anerkannt.

Die Autorin beschreibt ein Verhalten, dass früher auf dem Dorf normal war, Platz für Selbstverwirklichung war hier meist nicht. Marlies fügt sich in die Gegebenheiten, doch sie schafft sich immer wieder Genugtuung, indem sie sich durch ihr Handeln dem Willen von Lisbeth bei Kleinigkeiten widersetzt. Schließlich erringt sie die Zustimmung ihres Ehemanns zu einigen für sie wichtigen Freiheiten. Ihrer Tochter eröffnet sie durch ihre Erziehung weite Wege und ist erstaunt darüber, dass Joanna manche ihrer eigenen Entscheidungen früher ihrer Großmutter mitteilt als ihr. Die Autorin begründet Lisbeths Verhalten Joanna gegenüber mit einem Geheimnis, das eigentlich in der Dorfgemeinschaft, in der jeder alles von jedem weiß, nicht sein kann. Für Lisbeth und Marlies hat die vermutete, gefestigte Meinung der Verwandten und Ortsbewohner maßgeblich zu ihrem Tun beigetragen, Joanna setzt sich unkonventionell darüber hinweg. Lisbeth ist mit dem Alter gelassener geworden, bleibt aber hauptsächlich Marlies gegenüber fast trotzig bei ihren Ansichten.

Ute Mank schildert in ihrem Roman „Wildtriebe“ das unterschiedliche stille Streben einer Bäuerin, ihrer Schwiegertochter und ihrer Enkelin um mehr Selbstbestimmtheit und Anerkennung ihrer Persönlichkeit. Durch ihren Schreibstil drückt die Autorin die nie gesagten Worte zwischen ihren Protagonistinnen aus und beschreibt eine reale Version des Lebens auf dem Land in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

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