Samstag, 4. November 2023

Rezension: Mario und der Zauberer von Thomas Mann

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Mario und der Zauberer
Autor: Thomas Mann
Erscheinungsdatum der Leinenausgabe: 25.10.2023
Verlag: S. Fischer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Leineneinband
ISBN: 9783103975529
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Die Novelle „Mario und der Zauberer“ von Thomas Mann ist Ende Oktober 2023 zum ersten Mal in einer attraktiven Leinenausgabe aufgelegt worden, wurde aber 1930 erstmals publiziert. Der Schriftsteller lässt darin einen Protagonisten „ein tragisches Reiseerlebnis“, wie es auch im Untertitel heißt, schildern.

Der unbenannte Ich-Erzähler ist gemeinsam mit seiner Frau, der acht Jahre alten Tochter und dem etwas jüngeren Sohn an die italienische Mittelmeerküste gereist. Bereits im ersten Satz fasst er mit der Bezeichnung „atmosphärisch unangenehm“ zusammen, wie er im Rückblick gesehen, den Urlaub empfunden hat.

Bei den Touristen und dem Personal des Grand Hotels, in dem die Familie zunächst gastiert, nimmt er einen Hang dazu wahr, jede Handlung der Mitmenschen zu bewerten und sich schnell über vermeintlich von den Normen abweichenden Verhaltens zu empören. Familie Mann macht damit selbst eine unangenehme Erfahrung. Dennoch beschließen sie, nicht abzureisen. Für die Kinder steht bald eine besondere Attraktion in dem Besuch einer Zauberdarbietung bevor. Jedoch erweist sich die Veranstaltung unerwartet als Vorführung einiger willenlosen Publikumskandidaten, zu denen Mario gehört, ein Kellner, den auch die Manns kennengelernt haben. Die Novelle endet unerwartet dramatisch.

Gerade heutzutage ist die Geschichte wieder auf der Höhe der Zeit. Die Schilderungen lassen auf eine Reise der Familie Mann im Jahr 1926 schließen und auch der Schriftsteller bestätigt, dass die Begebenheiten auf wahren Ereignissen basieren. Zur damaligen Zeit wurde Italien von einem faschistischen Regime regiert. Das Niedergeschriebene ist voller Gefühl, die Abneigung der neuen Stimmungslage durch den Autor ist deutlich zu spüren und wird von ihm durch Beispiele untermauert.

Die Darbietung des Zauberers macht deutlich, wie leicht es ist, andere zu manipulieren und zum Mitmachen zu veranlassen. Sie zeigt aber auch einen Vorführer beziehungsweise Verführer, der sich an der Aufmerksamkeit seiner Zuschauer labt und dadurch zur Höchstform aufläuft. Die Ereignisse stimmten mich beim Lesen nachdenklich.

Thomas Mann beschreibt in seiner Novelle „Mario und der Zauberer“ ein persönliches Urlaubserlebnis in einer am Mittelmeer gelegenen Kleinstadt in Italien am Ende der 1920er Jahre, reichert es mit seiner Fantasie an und schafft dadurch ein Abbild der Gesellschaft im beginnenden Faschismus des südlichen Lands. Ich hoffe, dass das Werk noch viele Lesende finden wird, vor allem weil es bestechend aktuell ist.

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