Sonntag, 31. Juli 2022

Rezension: Wir sehen uns zu Hause von Christiane Wünsche

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Wir sehen uns zu Hause
Autorin: Christiane Wünsche
Erscheinungsdatum: 
Verlag: Fischer Krüger (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur
ISBN: 9783810530868

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Nach einem persönlichen Drama beschließt die 53-jährige Anne, eine der Hauptfiguren im Roman „Wir sehen uns zu Hause“ von Christiane Wünsche, die lange geplante Auszeit im alten Camper, ohne ihren Ehemann Peter zu starten. Es ist Juni 2019. Die in Kaarst wohnende Anne ist Lehrerin und hat ein Sabbatical gewählt. Peter ist einige Jahre älter und bereits Rentner. Gemeinsam haben sie sich auf eine achtmonatige Tour durch Nordeuropa gefreut. Von vielen gemeinsamen Urlauben mit dem Wohnmobil ist ihnen die dänische Insel Bornholm schon gut bekannt. Ihre 24-jährige Tochter Alina, die als Kind mit ihren Eltern auf Tour war, bleibt mit ihrem Freund in der Studentenwohnung in Düsseldorf. Beide ahnen beim Abschied nicht, dass das Leben für jede von ihnen eine besondere Herausforderung bereithält.

Anne hat in ihrem Gepäck einen Karton, in dem der plötzlich verstorbene Peter Erinnerungen an seine Familie aus Thüringen aufbewahrt hat. Dazu gehören unter anderem Fotos. Ihr selbst waren die Bilder bis vor kurzem fast alle unbekannt, aber einige der abgelichteten Personen kann sie aufgrund der Beschreibungen ihres Manns benennen. Persönlich begegnet ist sie Peters Familienmitgliedern und früheren Freunden nie. Die beiden haben sich am Tag des Mauerfalls in Berlin kennengelernt, seitdem ist der Kontakt zu Peters Familie abgebrochen.

Der Umgang mit der Trauer fällt sowohl Alina wie auch Anne schwer. Die Stille im Haus ist für Anne erdrückend und obwohl Peter in der Regel das Wohnmobil gelenkt und vor allem gewartet hat, traut sie sich, die Reise allein zu. Alina hat ihr Studium zu absolvieren und neben dem Kummer über den Tod des Vaters kommt nun noch die Sorge um das Wohlergehen ihrer Mutter auf der Fahrt. Während neue Situationen auf der Fahrt für Anne immer wieder Herausforderungen darstellen, wird auch Alina mit einem unerwarteten Problem konfrontiert. Hinzu kommt ein Brief an die beiden, der sowohl Mutter wie auch Tochter eine unerwartete Seite des liebevollen Ehemanns und Vaters zeigt.

Die Fahrt wird für Anne zu einer Reise in die Vergangenheit ihres Ehemanns. Manche Aussage von ihm zu Orten und Personen konnte sie nie zuordnen, hat aber niemals nachgehakt und stattdessen akzeptiert, dass ihr Mann nicht über sein Leben in der DDR reden wollte. Es ist einer dieser Punkte an denen Christiane Wünsche mit viel Feinsinn die Befindlichkeiten ihrer Figuren austariert. Überhaupt gestaltet sich die Geschichte auf der gefühlsmäßigen Ebene als authentisches Bild. Dank guter Recherche und eigener Erfahrungen wirken die beschriebene Umgebung und die handelnden Personen ebenso realistisch, das Geschehen vorstellbar.

Indem die Autorin mit schriftstellerischem Kniff hin und wieder den Fokus auf Figuren wirft, die bestimmte Begebenheiten erklären, klärt sie alle Geheimnisse aus der Vergangenheit Peters bis zum Ende hin für den Lesenden auf.

In ihrem Roman „Wir sehen uns zu Hause“ nahm Christiane Wünsche mich als Leserin mit auf einen Roadtrip im eigenen Land, den eine ihrer Protagonistinnen nach dem plötzlichen Tod des Ehemanns unternimmt. Sie zeigte mir wunderbare Orte und brachte mir die Vergangenheit im geteilten Deutschland näher. In ihrem Roman wechseln sich Freude wie auch Leid gleichmäßig ab und vermitteln eine lebensechte Geschichte. Gerne empfehle ich das Buch weiter.


Freitag, 29. Juli 2022

Rezension: Das Tor zur Welt - Träume von Miriam Georg

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Das Tor zur Welt - Träume
(Die Hamburger Auswandererstadt Band 1 von 2)
Autorin: Miriam George
Erscheinungsdatum: 19.07.2022
Verlag: rororo (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Taschenbuch mit gestalteten Klappen
ISBN: 9783499009211
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In der Auswandererstadt in Hamburg-Veddel, auch BallinStadt genannt, herrschte vor über 100 Jahren emsiges Treiben, das Miriam Georg in ihrem zweiteiligen Roman „Das Tor zur Welt“ einfängt. Im ersten Band mit dem Untertitel „Träume“ erzählt sie von zwei Frauen, die aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten kommen. Ebenso verschieden sind ihre Vorstellungen von ihrer Zukunft. Sie lernen sich im Jahr 1911 während ihrer Arbeit in der Auswandererstadt kennen.

Zunächst führte die Autorin mich als Leserin in das Alte Land im Jahr 1892. Hier lebt die 14-jährige Ava de Buur, eine der beiden Protagonistinnen, auf dem Moorhof mit denjenigen zusammen, die sie als ihre Familie ansieht. Ihre Eltern haben sie zurückgelassen, als sie nach Amerika ausgewandert sind. Die Arbeit ist hart, die Erträge gering. Dann kommt ein Unglück zum anderen und plötzlich findet Ava sich allein in Hamburg wieder. Sie beschließt zum Moorhof zurückzukehren.

Nach einem Zeitsprung in das Jahr 1911 lernte ich auch Claire Conrad kennen, eine Frau Ende Zwanzig und die zweite Hauptfigur. Ihre Eltern sind vor Jahren aus Amerika nach Hamburg zurückgekehrt. Sie kommt aus gutbetuchtem Haus, aber inzwischen ist ihr Vater verstorben und ihre Mutter leidet darunter, dass Claire keinen standesgemäßen Ehemann findet. Claire und Ava, die jetzt in Hamburg lebt, begegnen sich, trotz ihrer sehr unterschiedlichen Lebenswege, in der Auswandererstadt. Mit der Zeit wissen sie sich gegenseitig zu schätzen.

Die beiden Protagonistinnen des Romans kommen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten. Beide werden auf unterschiedliche Weise daran gehindert, ihre Träume zu verwirklichen. Während Ava sich wünscht, ihre Eltern in Amerika zu suchen, möchte Claire an der Seite des von ihr geliebten Mannes die Welt bereisen. Ava fehlt zur Verwirklichung ihres Traums eindeutig das Geld, bei Claire ist der Verhinderungsgrund nicht ganz so einfach. Sie ist an die Konventionen der angesehenen Gesellschaft von Hamburg gebunden, auf deren Einhaltung ihre Mutter Wert legt und sich dazu sogar Unterstützung holt. Claire ist eine Rebellin, die sich wieder und wieder gegen die an sie gerichteten Ansprüche auflehnt. Dennoch wünscht sie sich manchmal, dass sie über ihren Schatten springen könnte, um dann liebevoller behandelt zu werden. Für eine von beiden rückt der Traum zum Greifen nah, bis er von der anderen zerstört wird.

Während die sanftmütige Ava von Beginn an meine Sympathie hat, ist es mir deutlich schwerer gefallen eine ebensolche für die leicht aufbrausende, verwegene Claire zu entwickeln. Sie ist störrisch, manchmal unbelehrbar und doch erweckte sie mein Mitleid aufgrund des starren Konzepts, dem sie zu folgen hat. Daraus ist ersichtlich, dass sich nicht alles Glück durch genügend Geld erkaufen lässt.

Miriam Georg erweckt im weiteren Verlauf des Romans die quirlige Auswandererstadt zum Leben, was ich als Thema sehr interessant fand. Sowohl Ava als auch Claire finden hier ein Betätigungsfeld. Dazu reihen sich als Figuren noch ein Manager der BallinStadt und ein Fotograf ein, deren Berufe jeweils nochmal einen anderen Gesichtspunkt einbringen. Ich fand es ansprechend, darüber zu lesen, wie viele Menschen vor ihrer Abreise in die Neue Welt Unterkunft finden und verköstigt werden mussten. Auch eine in ihren Einzelheiten sehr berührende Reise nach Amerika wird von der Autorin geschildert.

„Das Tor zur Welt – Träume“ ist der erste Teil einer Dilogie von Miriam George mit ergreifenden Porträts zweier fiktiver Protagonistinnen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten, die sich in der Auswandererstadt Hamburg bei ihrer Arbeit kennenlernen. Unterschiedliche Wege haben sie hierhin geführt und ein großer Cliffhänger zum Ende ließ mich als Leserin ungeduldig auf die Fortsetzung wartend zurück mit der Frage, ob es eine glückliche Zukunft für beide geben kann, vielleicht sogar gemeinsam. Sehr gerne empfehle ich den Roman weiter.



Mittwoch, 27. Juli 2022

Rezension: Der Anfang von morgen von Jens Liljestrand

 


Titel: Der Anfang von morgen
Autor: Jens Liljestrand
ÜbersetzerInnen: Thorsten Alms (Didrik), Karoline Hippe (Vilja)
Franziska Hüther (Melissa) und Stefanie Werner (André)
Erscheinungsdatum: 27.07.2022
Verlag: S. Fischer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783104916378

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Im Roman „Der Anfang von morgen“ zeigt der Schwede Jens Liljestrand ein erschreckendes Szenario, das im Zuge des Klimawandels irgendwann in der baldigen Zukunft sich entwickeln könnte, auf den auch der Titel anspielt. Ebenso die farbliche Gestaltung des Umschlags nimmt Bezug darauf und scheint den Interessierten zu warnen. Während des Lesens saß ich auf meiner Terrasse, es waren 34 Grad und im Radio hörte ich davon, dass in Brandenburg ein Wald brennt. Wie schnell doch die Realität die Fiktion einholen kann!

Der PR-Berater Didrik von der Esch urlaubt mit seiner Frau und seinen drei Kindern im Sommerhaus seiner Schwiegermutter, das etwa 300 km nordwestlich von Stockholm am Siljan-See steht. Die anhaltende Hitze hat zu Waldbränden geführt, die dem Aufenthaltsort immer näherkommen. Die Familie muss fliehen und Didrik versucht die Kontrolle zu behalten. Er inszeniert sich gegenüber seiner Familie und in den Sozialen Medien als Held, indem er aus der Masse der Flüchtenden durch das Brechen geltender Regeln und Gesetze auffällt. Er führt die Sicherheit der Familie und die Freiheit als Grund dafür an. Neben seinen Argumenten vermutete ich aber auch, dass Didrik erwartete, an Ansehen zu verlieren, wenn er keine Lösung für die anstehenden Probleme findet. Dennoch hat er kurze Momente der Reflexion über seine Fehler im Leben. In seiner Ehe gibt es schon länger Probleme. Er ist immer noch in Melissa verliebt, mit der er eine außereheliche Beziehung hatte. Mir wurde er nicht sympathisch, genauso wenig wie die anderen drei Hauptfiguren.

Währenddessen spielt Melissa in der schwedischen Hauptstadt Housesitter für eine Wohnung eines ehemaligen Tennisprofis. Ihr ist es einerlei von welchem Ort aus sie ihre Influencer-Postings absetzt, ihr Interesse zielt darauf, möglichst viele Likes dafür zu erhalten. Mit ihren Fotos versucht sie, das Schöne auf der Welt festzuhalten, ungeachtet des Klimawandels. Sie empfindet es als radikal, voller Freude und Glück zu leben und lässt sich gerne dafür bezahlen, ihren Followern die erfreulichsten Seiten ihres Lebens zu zeigen. Für sie sind die Einschränkungen der Bevölkerung durch das Chaos, das durch die Waldbrände und der dadurch erfolgten Evakuierungen von Orten ausgelöst wurde, lästig. Ihr eigenes Wohlbefinden stellt sie vor dem des Allgemeinwohls. Ihre Perspektive ist genauso beeindruckend wie die von Didrik und setzt die zeitliche Schilderung der Ereignisse rund um das Desaster fort.

Als Sohn des früheren Tennisstars, auf dessen Wohnung Melissa aufpasst, hat der 19-jährige André mit den Anforderungen seines Vaters zu kämpfen, der nicht versteht, dass er sich beruflich mit dem Thema Leid auseinandersetzen möchte. Obwohl er das Geschehen in Frage stellt, kooperiert er mit einer Gruppe, die ihre Message verbreiten möchte, mit der er selbst sich aber nicht näher auseinandersetzt. Mit André und Vilja, der 14-jährigen Tochter von Didrik, zeigt der Autor zwei jüngere Sichtweisen auf das Chaos.

Zeitlich umspannt der vierte Teil, der von Vilja erzählt wird, die Geschehnisse vom Beginn bis zum Ende der Woche, in denen die Geschichte spielt. Vilja entdeckt dabei ihre soziale Ader. Ihre Hilfsbereitschaft basiert aber auf Unwahrheiten. Es klären sich dabei einige lose Handlungsfäden auf. Aber der Esprit, die beeindruckende Art, die mich in die Geschichte hineingezogen hat, der Schrecken über das, was aus der anhaltenden Hitze entstehen kann, hat mir gefehlt, leider auch schon in der Erzählung von André, in der sich das Geschehen zu sehr der Zerstörung von Eigentum zuneigte.

Jens Liljestrand erreicht es mit seinem Roman, auf die Folgen der Klimakrise aufmerksam zu machen. Strategien für eine Bewältigung bietet er nicht an. Er zeigt auf, wozu Menschen in Notsituationen fähig sind, noch dazu, wenn sie sich in einer Menge Verzweifelter bewegen und der Verstand durch das Beobachten des Verhaltens anderer ausgehebelt wird. Teilweise schweift er vom roten Faden ab, was sich aber durch die Gedankengänge der einzelnen Hauptfiguren erklärt.

Am Ende des Romans bleibe ich zurück mit einer gewissen Furcht vor den kommenden Auswirkungen, die sich aufgrund des Klimawandels ergeben könnten. Dennoch bleibt auch die Hoffnung, dass solche fiktiven Geschichten über die Folgen der Klimakrise wie der hier vorliegende Roman „Der Anfang von morgen“ dazu beitragen, aufzurütteln und allen vor Augen zu führen, dass wir jetzt handeln müssen.


Montag, 25. Juli 2022

Rezension: Die Stadt ohne Wind - Das Mädchen des Waldes von Eléonore Devillepoix

 


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Die Stadt ohne Wind - Das Mädchen des Waldes
Autorin: Eléonore Devillepoix
Übersetzerin: Amelie Thoma
Hardcover: 488 Seiten
Erschienen am 16. Mai 2022
Verlag: Insel Verlag

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Arka hat Hyperborea nach der Zerstörung der Kuppel verlassen, um in ihre Heimat, den Wald der Amazonen, zurückzukehren. Sie ahnt nicht, dass sowohl die totgeglaubte Penthesilea als auch ihr Mentor Lastyanax nach ihr suchen. In Hyperborea bereiten unterdessen die Themiskyraner ihre Machtübernahme vor. Ihr Vorgehen weckt dabei den Unmut von Alkander, dem Meister der Lemuren, der andere Vorstellungen von den nächsten Schritten und seiner eigenen Position hat. Bald kommen Dinge ans Licht, welche die Ereignisse in neuem Licht erscheinen lassen.

Der zweite Teil dieser Dilogie rief mir zum Start auf einer Seite in aller Kürze die wichtigsten Charaktere und ihre aktuelle Situation in Erinnerung. Es folgte ein Prolog, der mich in die Vergangenheit und den Amazonenwald führte, wo ich mehr über das Schicksal der siebenjährigen Kandri erfuhr, die mir bis dato unbekannt war. Zurück in der Gegenwart wechseln sich Kapitelabschnitte aus der Sich von Arka, Alkander, Lastyanax, Pyrrha und Petroklos ab und weckten meine Neugier, wie es für Hyperborea und die einzelnen Charaktere weitergehen wird.

Der Start ist eher ruhig, wobei ein unerwarteter Schauplatzwechsel für eine erste Überraschung sorgt. Während Arka versucht herauszufinden, wo ihr Platz in der Welt ist, schmieden Lastyanax und Pyrrha Pläne zur Befreiung der anderen Magier und Alkander schmiedet Pläne zur Sicherung seiner Macht. Rückblicke und Hintergrundinformationen halfen mir, die Charaktere noch besser zu verstehen.

Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass die Amazonen in diesem zweiten Band eine größere Rolle spielen und ich viele Einblicke in ihr Leben im Wald erhielt. Dieses ist alles andere als perfekt: Zwar haben sie eine funktionierende Gesellschaftsform aufgebaut, doch um diese zu erhalten haben sie einige erschreckende Prinzipien und die Bedrohung in Form des Fluchs ist allgegenwärtig. 

Ich hatte einige Zeit das Gefühl, dass zwar viele Pläne geschmiedet werden, die Handlung aber auf der Stelle tritt. Es wird politisch taktiert und Vorbereitungen werden getroffen. Die Beschreibungen der Autorin ließen dabei die einst prachtvolle und nun von Kälte beherrschte Stadt vor meinem inneren Auge lebendig werden. In der zweiten Hälfte steigt die Spannung dann deutlich an und ich fieberte mit, welche Pläne scheitern und welche erfolgreich sein werden. Zum Ende hin ging es mir dann beinahe schon zu schnell, wobei ich den Abschluss sehr gelungen fand. Ich kann das Buch an alle Fantasy-Leser:innen empfehlen, die zum Beispiel auch die Spiegelreisenden-Saga mochten!

Samstag, 23. Juli 2022

Rezension: Das Strahlen des Herrn Helios von Meike Stoverock



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Das Strahlen des Herrn Helios
Autorin: Meike Stoverock
Hardcover: 272 Seiten
Erschienen am 23. Juli 2022
Verlag: Klett-Cotta

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Skarabäus Lampe ist ein Hase, der sich in Überstadt als Meisterdetektiv einen Namen gemacht hat. In der Frühausgabe der Zeitung liest er, dass der Direktor des Wanderzirkus, der aktuell vor den Toren der Stadt gastiert, ermordet wurde. Der Mörder gilt bereits als gefasst, weshalb Lampe das Büro des Anwalts von Oben, einem Fisch, aufsucht, der mit der Verteidigung betraut wurde. Dieser nimmt Lampes Hilfe gerne an, denn der Hase ist sich sicher, dass die Polizei den falschen erwischt hat. Gemeinsam mit seinem Partner, dem Kater Zarachrias Bärlein, sowie Inspektor Sutton, der wie fast alle Polizisten ein Hund ist, rollt Lampe die Ermittlungen im Zirkusumfeld neu auf.

Das Cover des Buches hat mich neugierig auf die Geschichte gemacht. Hier ist Skarabäus Lampe mit seiner Narbe im Gesicht zu sehen sowie der Gorilla Dante, der im Mordfall von der Polizei als Täter identifiziert wurde. In der unteren Ecke sieht man außerdem den Kater Zacharias Bärlein. Er ist mit seinen sieben Jahren noch ein Kind, aber von besonders hellem Verstand, weshalb er von Lampe ausgebildet wird und quasi zur Familie gehört.

Dieser fantastische Krimi hat mir von der ersten Seite an großen Lesespaß bereitet. Die Autorin hat Charaktere erschaffen, die ich gleich ins Herz geschlossen habe. Erklärungen zum geschichtlichen Ursprung bleiben Randbemerkungen, sodass ich die von zivilisierten Tieren bevölkerte Welt schnell als gegeben hinnahm. In dieser gibt es allerhand zu entdecken, und ich merkte beim Lesen die Freude, mit der die studierte Biologin am Werk war. Ich erfuhr beispielsweise, wie Fische an Land überleben und sich in die Gesellschaft integrieren konnten, warum bei der Polizei fast nur Hunde arbeiten und warum Dreischnecks auf den Straßen beständig für Ärger bei anderen Verkehrsteilnehmern sorgen und trotzdem genutzt werden.

Die Ermittlungen führen den Meisterdetektiv zum Wanderzirkus, dessen Mitglieder auch die tierische Bevölkerung von Überstadt zum Staunen bringen. Ein Pfau, der als Fakir auftritt, ein bärtiges Walross, eine geheimnisvolle Eidechse, die kein Ziel verfehlt... Was wissen sie über die Ermordung des Löwen Helios, ihres Zirkusdirektors? Lampe entdeckt schnell neue Hinweise, die zu weiteren Fragen führen. Im Gespräch mit den Zirkusmitgliedern kommen Dinge ans Licht, die mit dem Mordmotiv zusammenhängen könnten - oder doch nich? 

Die Spannung steigt, als es zu einem weiteren Vorfall kommt, der Lampe persönlich betroffen und die Auflösung des Falls noch dringlicher macht. Die Beschreibungen der Ermittlungen fand ich unterhaltsam, auch wenn der Fall an sich viele klassische Elemente nutzt und ich die Lösung schon vor dem Finale kannte. Die Welt und ihre Charaktere haben mich aber so begeistern können, dass ich diese Geschichte wärmstens an alle weiterempfehle, die Lust auf einen fantastischen Cosy Crime haben!

Freitag, 22. Juli 2022

Rezension: Lieber mit dem Kopf durch die Wand als gar kein Durchblick von Alexandra Potter

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Lieber mit dem Kopf durch die Wand als gar kein Durchblick
Autorin: Alexandra Potter
Übersetzern: Karolin Viseneber
Erscheinungsdtum: 17.06.2022
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur mit Farbschnitt
ISBN: 9783492062275

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“Lieber mit dem Kopf durch die Wand als gar kein Durchblick” wünscht die Protagonistin Liv Brooks sich im gleichnamigen Roman der Engländerin Alexandra Potter. Die bisher in London lebende Liv hat nach ihrer Scheidung ein Cottage in Nettlewick, einem kleinen Dorf in Yorkshire, erworben und ist sich bewusst, dass der Renovierungsbedarf groß ist. Aber sie hat sich in das Häuschen verliebt, das an einem Ort steht, an dem sie früher gemeinsam mit ihrer Schwester die Ferien bei ihren Großeltern verbracht hat. Ihre Erinnerungen daran sind voller Wärme, die sich in den sonnengelben Punkten auf dem Cover und dem Buchschnitt in der gleichen Farbe widerspiegelt. Die Dots ergeben für den Lesenden ein angenehmes Bild und entsprechend fühlt Liv sich inmitten der verschiedenen Dorfbewohner wohl in ihrer neuen Heimat.

 

Liv hat Abstand zu ihrem bisherigen Leben gesucht und daher hat sie nach der Trennung von ihrem Mann auch ihre Stelle als Lehrerin und ihre Wohnung gekündigt. Weil sie sich allein fühlt, überlegt sie, ob sie sich einen Hund anschaffen soll. Wie der Zufall es möchte, verliebt sie sich im Tierheim in einen älteren Hund, von dem sie glaubt, dass er ihr gefühlsmäßig ähnlich ist. Harry verändert auf ganz besondere Weise ihr Leben, denn nachdem er seine anfänglichen Ängste überwunden hat, lässt er sich auf unbekannte Menschen ein und wird Liv dadurch zum Vorbild.

 

Alexandra Potter fügt einen Reigen von Figuren zu einem Roman voller Herzlichkeit. Eine der Personen, die dazu beiträgt, ist Valentine, ein Nachbar, dessen Frau im Pflegeheim wohnt und der deshalb jeden Morgen auf der Spaziergangsroute von Liv und Harry, einsam am Fenster zu sehen ist. Ferner begegnen die beiden dem sechsjährigen Stanley, der aufgrund seines Autismus Verhaltensauffälligkeiten zeigt. Nicht jedes Kapitel wird von Liv in der Ich-Form erzählt. In einigen Abschnitte konnte ich als Leserin zusätzlich außerhalb der Beschreibungen von Liz einige Figuren und Orte unvoreingenommen kennenlernen.

 

Zwischen Liv, Valentine und Stanley entsteht unter Mitwirkung von Harry ein ganz besonderes Verhältnis. Zu ihnen gesellt sich Maya, die sechszehnjährige Nachhilfeschülerin von Liv. Sie weist ihre Lehrerin auf aktuelle Probleme unserer Welt hin. Zunehmend gelingt es Liv, in der Ortsgemeinschaft Kontakte zu knüpfen. Sie überdenkt das Erlebte und zieht daraus ihre Lehren. Dadurch gelingt ihr mehr und mehr eine Anpassung an die Gepflogenheiten vor Ort und ihr Selbstvertrauen steigert sich. Es tut gut, darüber zu lesen, dass es zwar Sorgen gibt, für die es aber durch Zusammenhalt gelingt, Lösungen zu finden.

 

Natürlich darf in einer romantischen Komödie wie der vorliegenden die Liebe nicht fehlen. Als gebranntes Kind ist Liv zunächst noch nicht bereit für einen neuen Partner. Doch durch die schönen Erfahrungen in Nettlewick lässt sie sich bald auf neue leidenschaftliche Gefühle ein. Schließlich sind sogar zwei Männer an ihr interessiert, was zu Szenen mit amüsierender Eifersucht führt. Alexandra Potter reichert ihre Geschichte mit Briefen von Liz an eine mysteriöse empfangende Person an. Darin spiegeln sich nochmals von der Erinnerung her die wohligen Gefühle von Liv wider. 

In der RomCom “Lieber mit dem Kopf durch die Wand als gar kein Durchblick” von Alexandra Potter gelingt es der Protagonistin Liv mit ihrem Hund Harry die Herzen der Dorfbewohner an ihrem neuen Heimatort zu öffnen. Sie halten zusammen und helfen einander, manchmal nur durch Zuhören oder einigen aufrichtigen teilhabenden Worten. Ganz nebenher beginnt Liv sich dadurch auch wieder nach ihrer Scheidung auf das Abenteuer Liebe einzulassen. Der Roman hat stellenweise Tiefgang, ist mit Feinsinn geschrieben, lebensbejahend und bewegend. Gerne empfehle ich das Buch weiter.


Mittwoch, 20. Juli 2022

Rezension: Als das Böse kam von Ivar Leon Menger

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Als das Böse kam
Autor: Ivar Leon Menger
Erscheinungsdatum: 20.07.2022
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur
ISBN: 9783423263399
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„Als das Böse kam“ befand sich die 16-jährige Juno, Protagonistin und Ich-Erzählerin im gleichnamigen Thriller von Ivar Leon Menger, gemeinsam mit ihrem vier Jahre jüngeren Bruder und ihren Eltern auf einer einsamen Insel. Vater und Mutter haben Juno erklärt, warum sie seit vielen Jahren so abgeschieden leben. Die Jugendliche hat kaum Erinnerungen an die Zeit davor.

 

Die Kinder wissen, dass sie sich vor Fremdlingen hüten müssen, die die Insel erreichen, nur die Wächter sind gute Menschen. Doch die Kinder können die beiden Gruppen vom Äußeren her nicht unterscheiden. Eines Tages schwirrt ein großes seltsames Insekt über Junos Kopf und löst auf der Insel wie auch jenseits davon eine Folge von Geschehnissen aus, die für die Jugendliche augenöffnend sind.

 

Aus der mysteriösen Situation am Anfang her entwickelt sich zunehmend mehr Spannung. Aufgrund der besonders strengen Regeln, die die Eltern für ihre Kinder aufgesetzt haben und die die Beiden ständig beachten müssen, wuchs der Wunsch bei mir als Leserin nach einer schöneren Zukunft für Juno und ihren Bruder. Doch für die Zwei ist die Insel ihre Heimat. Sie leben in einfachsten Verhältnissen mit nur wenigen technischen Errungenschaften und haben nie andere Gegebenheiten kennengelernt. Jedoch wächst mit zunehmendem Alter Junos Neugier auf die Welt draußen und sie stellt interessierte Fragen dazu, ohne befriedigende Antworten zu erhalten.

 

Am Beginn wunderte ich mich über die Naivität der Protagonistin. Dadurch ist der ganze Thriller in einer einfachen Sprache gehalten. Doch der Autor findet nicht nur für die Arglosigkeit von Juno, sondern für alle Entwicklungen eine Erklärung. Leicht macht er es sich dabei nicht immer und baut manche Wendung ein, bei denen ich mich fragte, wie die Figuren aus der neuen vertrackten Situation entkommen würden, was meinen Lesefluss steigerte.

 

“Als das Böse kam” ist ein gelungener Thriller von Ivar Leon Menger, in dem er über das rätselhafte Leben seiner jugendlichen Hauptfigur, ihren Eltern und ihrem Bruder auf einer einsamen Insel schreibt. Die Spannung entwickelt sich am Anfang behäbig und nimmt ab dem Zeitpunkt stetig zu, an dem Unerwünschte und Störendes das Eiland erreichen, bis zu einem furiosen Finale. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

 


Sonntag, 17. Juli 2022

Rezension: Was auf das Ende folgt von Chris Whitaker


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Was auf das Ende folgt
Autor: Chris Whitaker
Übersetzer: Wolfgang Müller
Hardcover: 400 Seiten
Erschienen am 30. Juni 2022
Verlag: Piper

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Die Kleinstadt Tall Oaks in Kalifornien hat eigentlich eine ausgesprochen niedrige Kriminalitätsrate. Doch eines Tages verschwindet der dreijährige Harry Monroe dort spurlos. Seine Mutter Jess hat über Kamera beobachtet, wie er von einem Mann mit Clownsmaske aus seinem Kinderbett entführt wurde. Trotz einer großangelegten Suche fehlt jede Spur von Harry, auch Lösegeldforderungen sind nicht eingetroffen. Inzwischen sind einige Tage vergangen, der Medienrummel hat abgenommen und die Suchmannschaften haben aufgegeben. Nur der Polizist Jim sucht in den Aufnahmen der Zeugenaussagen weiter nach Hinweisen, während Jess immer noch Plakate aufhängt und an Türen klingelt. Wer könnte verdächtig sein? Tatsächlich scheinen einige etwas zu verbergen zu haben...

Mir hat "Von hier bis zum Anfang" im vergangenen Jahr sehr gut gefallen, weshalb ich mich darüber gefreut habe, dass mit "Was auf das Ende folgt" nun auch das Debüt des Autors ins deutsche übersetzt wurde. Im ersten Kapitel lernte ich den Polizisten Jim kennen, der sich noch einmal anhört, wie Harrys Mutter Jess die Entführung ihres Sohnes erlebt hat. Das Bild des Mannes mit der Clownsmaske, der den kleinen Jungen aus seinem Bett stiehlt, während die Mutter über Kamera nur hilflos zusehen kann, jagte mir Schauer über den Rücken.

Das Buch ist kein klassischer Ermittlungsroman, das merkte ich schon daran, dass die ersten Tage nach Harrys Verschwinden komplett übersprungen werden und die Geschichte erst weitererzählt wird, als kaum jemand mehr glaubt, dass der Junge gefunden wird. Bevor ich mehr darüber erfuhr, wie es Jess mit all dem geht, lernte ich erst einmal andere Bewohner der Kleinstadt kennen: Manny geht noch zur Schule, würde aber gerne ein echter Gangster sein, weshalb er grundsätzlich einen Dreiteiler mit Nadelstreifen und Fedora trägt. Sein bester Freund Abe ist davon nicht so recht überzeugt, soll aber mitmachen. Unterdessen beginnt Mannys Mutter, den Autoverkäufer Jared zu daten. In der Ehe von Henrietta und Roger kriselt es und Jerry, der im Fotoladen arbeitet, leidet unter der Fuchtel seiner schwer kranken Mutter.

Bei der großen Personenzahl fiel es mir zu Beginn schwer, den Überblick zu behalten und ich habe mir aufgemalt, wer die Charaktere sind und in welcher Beziehung sie zueinander stehen. Interessant fand ich, dass es keine klare Trennung zwischen Haupt- und Nebencharakteren gibt. Jeder scheint wichtig zu sein, viele haben etwas zu verbergen. Welche Geheimnisse hier wohl gehütet werden? Dank vieler Andeutungen wurde meine Neugier immer wieder aufs neue entfacht und ich las gespannt weiter. Ich hätte mir manchmal jedoch noch eine stärkere Verknüpfung der Handlungsstränge gewünscht. Der Autor hat viele Überraschungen in petto, durch welche die Handlung unvorhersehbar bleibt. Es gibt amüsante Szenen, aber auch viele berührende und dramatische Momente. Zum Ende hin wird es noch mal besonders emotional. 

"Was auf das Ende folgt" startet zwar mit einer Entführung, hat jedoch nicht nur die Aufklärung dieses Verbrechens als Thema. Vielmehr begleitete ich verschiedene Charaktere auf der Suche - nach der Wahrheit, nach etwas Verlorenem, nach einem Platz im Leben. Gerne empfehle ich diesen Roman weiter.

Mittwoch, 13. Juli 2022

Leseeindruck: Nach dem Sturm kommt das Licht von Amanda Prowse


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Nach dem Sturm kommt das Licht
Autorin: Amanda Prowse
Übersetzer:in: Alex Wolf
Taschenbuch: 400 Seiten
Erschienen am 14. Juni 2022
Verlag: Tinte & Feder

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Merrin Kellow wohnt in Port Charles, einem kleinen Fischerdorf in Cornwall. Als ihr Freund Digby Mortimer ihr einen Heiratsantrag macht, scheint ihr Glück perfekt zu sein. Doch dann kommt alles anders als gedacht und sie verlässt ihre Heimat, um woanders neu anzufangen.

Ich hatte leider von Beginn an meine Probleme mit der Geschichte. Nach wenigen Seiten erfuhr ich von Merrin selbst, dass sie keinen großen beruflichen Ehrgeiz besitzt und davon träumt, verheiratet zu sein und Kinder großzuziehen. Auf 120 Seiten wird dann sehr detailliert der Hochzeitstag geschildert, dessen dramatische Wendung mich emotional wenig mitnahm, da ich noch keinerlei Zeit hatte, die Charaktere besser kennenzulernen und mich ihnen deshalb nicht nahe fühlte. Für meinen Geschmack waren die Entwicklungen sehr klischeehaft und übertrieben dramatisiert.

Schließlich gibt es Zeitsprünge, welche die Geschichte vorankommen lassen, doch die Beschreibungen der einzelnen Abschnitte waren weiterhin langatmig und die sehr blumige, geradezu schwülstige Sprache war gar nicht mein Fall. Die Charaktere bleiben eindimensional und passend zu Merrins eingangs benannten Ambitionen bleibt das einzige erstrebenswerte Ziel für sie und auch fast alle weiteren weibliche Charaktere eine Heirat. Auf dem Weg zum Happy End wartet eine Handlung voller Melodram, bei der ich irgendwann nur noch geblättert habe. 

Sonntag, 10. Juli 2022

Rezension: Kein Sommer ohne dich von Emily Henry

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Kein Sommer ohne dich
Autorin: Emily Henry
Übersetzerin:Katharina Naumann
Erscheinungsdatum: 01.07.2022
Verlag: Knaur (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Taschenbuch mit Klappen
ISBN: 9783426525197
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In der romantischen Komödie „Kein Sommer ohne dich“ schaut die US-Amerikanerin Emily Henry auf die platonische Freundschaft von Poppy und Alex, die seit zehn Jahren jeden Sommer gemeinsam in den Urlaub fahren. Sie haben sich beim Studium in Chicago kennengelernt und dabei festgestellt, dass sie in der gleichen Stadt in Ohio aufgewachsen sind. Das Cover versprüht entsprechend des Themas ein schönes Urlaubsfeeling.

Bereits im Prolog las ich vom amüsanten Zusammenspiel von Poppy und Alex und bekam einen Vorgeschmack davon, was mich auf den nächsten Seiten erwarten würde. Die Autorin lässt Poppy als Ich-Erzählerin auf zwei Zeitebenen erzählen, einerseits in der Gegenwart, beginnend mit der Planung ihrer nächsten Reise. Auf der anderen Seite erinnert sich die Protagonistin an die gemeinsamen Urlaube mit Alex in den vergangenen Sommern.

Poppy ist inzwischen 30 Jahre alt und arbeitet für ein Reisemagazin. Sie ist als Jugendliche gemobbt worden und hat alles darangesetzt, ihr altes Leben hinter sich zu lassen. Neue Bekanntschaften schließen und schöne Orte entdecken mit jemandem den sie mag wurden zu ihrem ihr Lebensziel. Zunächst hat auf Social Media dazu gepostet, wie man günstig reist. Sie hat sich dadurch einen Namen gemacht, der ihr dabei half, bei dem Magazin einen Job zu finden. Inzwischen ist sie unzufrieden darüber, dass es ihr an Wünsche für die Zukunft fehlt.

Obwohl Alex einen anderen Lebensplan verfolgt, hat er Poppy urlaubsmäßig immer gerne begleitet. Alex ist Lehrer und sehr bodenständig. Er hat schon früh seine Mutter verloren und sich um seine jüngeren Brüder gekümmert. Nur zum Studium hat er seine Heimat verlassen. Keinesfalls möchte er seiner besten Freundin seine eigenen Lebensziele aufdrängen. Poppy weiß, dass sie sich immer auf ihn verlassen kann und er ihr bei jeder Schwierigkeit mit Rat und Tat zur Seite steht. Ihre verschiedenen Auffassungen sind Gesprächsthemen der beiden.

Von Beginn an machte Poppy mir als Leserin deutlich, dass es vor zwei Jahren, also auf der letzten gemeinsamen Reise, eine Begebenheit gab, die zu einem großen Schweigen zwischen ihr und Alex geführt hat. Die Autorin klärt erst ganz zum Schluss auf, was damals geschehen ist und auf diese Weise die Geschichte spannend macht. Zum ersten Mal spürt Poppy vor sieben Jahren eine Änderung in ihrer Beziehung zu Alex, zwei Jahre später ist sie sich darüber sicher.

Die beiden geben einander viel, das wurde mir als Lesende in vielen Situationen deutlich. Sie lachen miteinander, necken sich liebevoll und sind ein gutes Team im Überwinden unbehaglicher Situationen. Emily Henry versteht es, die Motive für die jeweilige Lebensplanung beider Protagonisten überzeugend darzustellen. Glücklicherweise endet die Geschichte entsprechend dem Genre Liebeskomödie zu der sie gehört.

Emily Henry beweist in ihrem Roman “Kein Sommer ohne dich” viel Einfühlungsvermögen um die Veränderung in der Beziehung ihrer Hauptfiguren, der besten Freunde Poppy und Alex bewegend darzustellen und die Lesenden durch das Herausspielen der Gegensätze der beiden aufzuheitern. Die RomCom passt perfekt zu einem Sommerurlaub, kann aber auch überall anders gelesen werden. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.

Freitag, 8. Juli 2022

Rezension: Unterwegs in Kanada - Das große Reisebuch

 


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Unterwegs in Kanada - Das große Reisebuch
Broschiert: 392 Seiten
Erschienen am 3. März 2022
Verlag: Kunth Verlag

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Schon 2019 hatte ich geplant, im Folgejahr zum ersten Mal nach Kanada zu fahren. Dieses Jahr soll es nun endlich so weit sein. Auf der Suche nach einem Reisebuch, mit dem ich mich auf den anstehenden Urlaub einstimmen kann, bin ich auf diesen Titel gestoßen.

Auf rund 400 Seiten hat ein sechsköpfiges Team des Kunth Verlags Informationen und Bilder aus allen Ecken Kanadas zusammengetragen. Jedes Kapitel widmet sich einem der insgesamt drei Territorien und zehn Provinzen Kanadas, beginnend mit den nördlich gelegenen Territorien von Ost nach West und anschließend den südlicher gelegenen Provinzen ebenfalls im Osten beginnend. Beim chronologischen Lesen beginnt man also bei der besonders rauen, wilden und kalten Natur des Landes, bevor man zu bevölkerungsreicheren Gegenden wie British Columbia und Ontario vorstößt, die auf vergleichsweise vielen Seiten dargestellt werden.

Jedes Kapitel beginnt mit einem doppelseitigen Foto und einer anschließenden Informationsseite mit den wichtigsten Daten und einigen allgemeinen Informationen. Danach folgen Seiten mit Informationen zu einzelnen Orten oder Sehenswürdigkeiten. Nationalparks sind oft auf einer Doppelseite dargestellt, welche immer die Abschnitte Highlights, Tipps und Praktische Informationen umfassen. Dazwischen gibt es Infoboxen von klein bis doppelseitig, die sich bestimmten Tierarten widmen oder Themen wie der Norwestpassage und Polarlichtern. 

Schon beim ersten Blättern fallen die vielen großen Fotografien ins Auge, mit denen die einzelnen Orte und Themen verbildlicht werden. Ein Blick ins Bildverzeichnis zeigt, dass diese von zahlreichen unterschiedlichen Fotografen stammen und vorwiegend über Shutterstock bezogen wurden. Meiner Meinung nach ist dem Team eine sehr stimmungsvolle und abwechslungsreiche Auswahl gelungen, welche den Facettenreichtum dieses großen Landes zeigt. Auf vielen Seiten ziehen ganzseitige oder sogar doppelseitige Fotografien die Blicke auf sich. Sie werden immer von einer Bildunterschrift oder einem kurzen Text begleitet.

Im vorletzten Teil des Buches sind unter dem Motto "Die schönsten Reiserouten" sechs höchst unterschiedliche Routen beschrieben. Ein wenig musste ich schmunzeln, dass die erste Route die Nordwestpassage ist, die gleich mit dem Hinweis versehen ist, dass die komplette Route kaum angeboten wird und sehr teuer ist. Hier lag der Fokus der Auswahl tatsächlich mehr auf der Schönheit der Roten als deren touristischer Umsetzbarkeit. Auf den letzten Seiten rundet ein Reiseatlas das Buch ab.

"Unterwegs in Kanada: Das große Reisebuch" eignet sich Bestens, um sich einen Überblick über das gesamte Land zu verschaffen. Wer einen Kanadaurlaub plant kann dieses Buch gut für die Entscheidung nutzen, in welche Ecken des Landes die Reise führen soll. Für eine detaillierte Planung einzelner Abschnitte reicht das Buch jedoch nicht aus, da zum Beispiel keine Öffnungszeiten enthalten sind. Auch wenn alle Städte im Buch vertreten sind, liegt der Fokus stärker darauf, für die eindrucksvolle Natur und insbesondere die Nationalparks zu begeistern. Meine Vorfreude auf Kanada hat das Buch steigern können, gerne empfehle ich es weiter!

Dienstag, 5. Juli 2022

Rezension: Du schenkst mir die Welt von Paige Toon


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Du schenkst mir die Welt
Autorin: Paige Toon
Übersetzerin: Andrea Fischer
Broschiert: 464 Seiten
Erschienen am 29. Juni 2022
Verlag: FISCHER Krüger

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Angie hat schon immer davon geträumt, die Welt zu bereisen wie einst ihre Mutter, die kurz nach ihrer Geburt gestorben ist. Inzwischen ist Angie 29 Jahre alt und hat selbst von ihrem eigenen Land Australien noch nicht viel gesehen, denn sie wohnt mitten in der Wüste in Coober Pedy und hat dort jahrelang ihre an Alzheimer erkrankte Großmutter gepflegt. Doch nun ist diese verstorben, und Angie ist sich unsicher, wie es für sie weitergehen soll. Da findet sie einen nie verschickten Brief ihrer Mutter an ihren angeblich unbekannten Vater mit Name und Adresse in Rom. Angie erfährt, dass sie Teil einer italienischen Großfamilie auf der anderen Seite der Welt ist. Damit steht ihr erstes Reiseziel fest. Voller Spannung fliegt sie für drei Monate in die Ewige Stadt, um ihren Vater und ihre weitere Verwandtschaft kennenzulernen.

Das Buch beginnt mit dem traurigen Moment des Todes von Angies Großmutter. Angie hat sich jedoch schon lange vorher von ihre Großmutter verabschiedet, die sie aufgrund ihrer Alzheimer-Erkrankung zuletzt nicht mehr erkannt hat. Für sie endet damit das Kapitel der ihrer Pflegetätigkeit, die sie über Jahre an ihren Heimatort und zuletzt fast nur noch an ihr Haus gefesselt hat. Bevor sie Pläne schmieden kann, was sie mit ihrer neuen Freiheit anfangen will, taucht der Brief an ihren Vater auf, der nicht schwer aufzuspüren ist und sie unbedingt kennenlernen will. Nach 50 Seiten sitzt sie bereits im Flugzeug.

Coober Pedy als Ausgangspunkt der Geschichte ist ein ungewöhnlicher und faszinierender Ort, der vor meinem inneren Auge lebendig wurde. Der Wüstenort ist als Opal-Hauptstadt der Welt bekannt und viele der nur rund 1800 Einwohner wohnen in unterirdischen Höhlen, die in den Fels hinein gebaut wurden. Adelaide als nächstgelegene Stadt ist über acht Autostunden entfernt. Die Erfahrung, fast drei Jahrzehnte dort zu leben, hat Angie sehr geprägt. Es steht im starken Kontrast zum Leben des Weltenbummlers Alessandro, den sie in Rom im Restaurant ihrer Familie kennenlernt.

Alessandro gehört ebenfalls zur Familie, ist mit Angie jedoch nicht direkt verwandt. Er arbeitet wie ihr Vater im Restaurant der Familie und bietet sich an, ihr etwas von der Stadt zu zeigen. Die beiden verstehen sich von Beginn an gut, doch Alessandro macht immer wieder dicht und gibt wenig über sich preis. Ich fand es schön, Angie beim Kennenlernen ihrer Familie und zu begleiten und gleichzeitig an ihrer Seite Rom zu erkunden. Auch die weiteren Angestellten des Restaurants lernte ich besser kennen. Es ist ein bunter Haufen, der sowohl für Partys als auch für einiges an Drama gut ist, das Angie beobachtend miterlebt.

Nachdem sich die Ereignisse zu Beginn überschlagen haben, wird es im Mittelteil etwas ruhiger. Ich ließ mich durch Rom und das Umland treiben und erlebte zahlreiche Feelgood-Momente, die das Buch zu einer passenden Urlaubslektüre machen. Schließlich werden einige Geheimnisse gelüftet, die für große Emotionen sogen. Für meinen Geschmack ist die Autorin in Sachen Dramatik hier etwas übers Ziel hinausgeschossen, der Abschluss wirkte im Vergleich zu einfach. Insgesamt habe ich mit dem Buch schöne und unterhaltsame Lesestunden verbracht. Ich empfehle das Buch an alle weiter, die Lust auf einen emotionalen Selbstfindungs-, Familien- und Liebesroman vor beeindruckenden Kulissen haben.

Sonntag, 3. Juli 2022

Rezension: Akte Nordsee: Am dunklen Wasser von Eva Almstädt

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Akte Nordsee: Am dunklen Wasser
1. Band der Reihe "Fentje Jacobsen und Niklas John ermitteln"
Autorin: Eva Almstädt
Erscheinungsdatum: 27.05.2022
Verlag: Lübbe (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchasugabe: Taschenbuch mit Klappen
ISBN: 9783404185740
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„Akte Nordsee“ bezeichnet eine neue Kriminalserie von Eva Almstädt. Mit „Am dunklen Wasser“ legt sie den ersten Fall für die beiden Ermittelnden, der Anwältin Fentje Jacobsen und den Journalisten Niklas John, vor. Fentje hat vor fünf Jahren ihre beste Freundin Clara verloren, als diese beim Schwimmen in der Nordsee ertrunken ist. Nicht nur dadurch, sind ihr die Gefahren des Wassers bewusst, sondern auch, weil sie in der Nähe des Meeres auf der Halbinsel Eiderstedt aufgewachsen ist und immer noch dort lebt.

Die 29-jährige Fentje betreibt nicht nur eine Anwaltskanzlei, deren Räumlichkeiten sich auf dem Bauernhof ihrer Großeltern befinden. Sie hilft auch tatkräftig bei den landwirtschaftlichen Arbeiten mit. Eines Tages findet sie bei der Kontrolle der Schafe einen jungen Mann mit Namen Tobias Asmus bewusstlos auf der Weide liegend vor. Später erzählt dieser, dass er sich an die letzten Stunden nicht erinnern kann und bittet Fentje ihn zu seiner Freundin zu fahren, denn dort vermutet er sein Auto. Im Garten finden beide die Freundin von Tobias tot vor. Wenig später wird Tobias des Mordes verdächtigt und Fentje übernimmt seine Verteidigung.

Unterdessen sind im nahe gelegenen Internat zwei Schülerinnen verschwunden, die sich ein schönes Wochenende machen wollten. Jedoch sind sie montags immer noch nicht zurückgekehrt. Es stellt sich die Frage, ob ihnen ein Verbrechen zugestoßen ist und ob es einen Zusammenhang zu dem Mord gibt, denn die Freundin von Tobias war eine Lehrerin der beiden.

Die Serie spielt dort, wo Eva Almstädt sich gut auskennt: an der Nordsee. Es ist schön, zwischen den Zeilen die Begeisterung der Autorin für die Landschaft zu spüren. Weil die Kriminalpolizei wenig Anstalten macht, sich intensiver den Anzeichen für einen Mord zu widmen und Tobias vorverurteilt, übernimmt Fentje die Ermittlerrolle. Sie ist engagiert in den Dingen, die sie tut, gerechtigkeitsliebend und neugierig. Interesse an der Aufklärung des Falls, allerdings aus ganz anderen Gründen, hat auch der 34 Jahre alte Niklas John. Er ist Journalist der örtlichen Tageszeitung und hat regelmäßig Artikel abzuliefern. Ein Mord rechtfertigt das Aufdröseln einer interessanten Story, welches einiges an Platz auf den Seiten einnimmt und das Kaufverlangen der Kundschaft weckt. Niklas ist im betuchten Elternhaus aufgewachsen, mag teure Autos und Markenware.

Es kommt in den Dialogen von Fentge und Niklas regelmäßig zum amüsanten Schlagabtausch der beiden vom Charakter her verschiedenen Hauptfiguren. Im Laufe der Geschichte lernen die zwei, einander zu schätzen. Dennoch bleiben sie bewusst auf Abstand, obwohl sie sich immer sympathischer werden. Auch ich als Leserin mochte die beiden, für ihre je eigene Art.

Die Autorin legt mehrere Fährten aus und bringt unterschiedliche Tatverdächtige ins Spiel Sie brachte mich dabei zum Miträtseln, ob die Fälle zusammenhängen und wer schuldig wird. Die Einbettung der Ermittelnden in einen ansprechenden privaten Hintergrund fand ich gelungen.

Insgesamt konnte Eva Almstädt mich mit dem Auftakt ihrer neuen Serie „Akte Nordsee“ überzeugen. Die Spannungskurve steigt vom Auffinden des bewusstlosen, späteren Beschuldigten an und bleibt hoch bis zur Auflösung der Fälle. Gerne empfehle ich das Buch allen Lesenden im Genre Krimi weiter. 


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