Donnerstag, 31. Mai 2018

[Rezension Ingrid] Das Leben des Vernon Subutex 2 von Virginie Despentes



„Das Leben des Vernon Subutex 2“ setzt die Geschichte des ersten Bands der dreiteiligen Serie von Virginie Despentes ohne weitere zeitliche Unterbrechung fort. Am Anfang des Romans werden alle wichtigen Figuren mit einer kurzen Beschreibung, welche Rolle sie im vorigen Geschehen gespielt haben, vorgestellt. Der fortsetzende Band ist zwar selbständig lesbar, aber der Gesamtzusammenhang erschließt sich dem Leser besser durch Kenntnisse des ersten Teils.

Vernon ist weiterhin obdachlos. Er hat sich einen wettergeschützten Unterschlupf im Hinterhof eines verlassenen Hauses am Rand eines Gemeinschaftsgartens gesucht. Ihm ist kalt, er hat gerade erst eine starke Erkältung überstanden und immer wieder träumt sein Verstand sich weg, ohne dass Vernon darüber Kontrolle hat. Durch seine unaufdringliche Art bekommt er Kontakt zu weiteren Obdachlosen, die ihm von ihrem Essen Teile abgeben. Unterdessen vermissen und suchen seine Freunde und Bekannten ihn, bei denen er nach Aufgabe seiner Wohnung Zuflucht gesucht hatte. Über die sozialen Medien halten sie Kontakt zueinander und sie verabreden sich in der am Park gelegenen Bar Rosa Bonheur. Nach einiger Konfusion erhalten sie endlich Kenntnis über den Inhalt der Kassetten des verstorbenen Rockstar Alex Bleach, die dieser bei Vernon zurückgelassen hat. Die Aussagen von Bleach ermöglichen allen den unverstellten Blick auf dessen Leben und bringen für einige eine unerwartete Wahrheit ans Licht.

Auch diesmal bildet Vernon die Klammer um die geschilderten Handlungen. Während im ersten Teil jedoch immer mehr Figuren hinzukamen und die Erzählung auf diese Weise sich auffächerte, greift Virginie Despentes diesmal die einzelnen Charaktere auf und beleuchtet deren Hintergrund zunehmend tiefer. Sie ließ mich aus der Sicht eines allwissenden Erzählers die Beweggründe der Charaktere für ihr Handeln erfahren Die Autorin bedient sich dabei einer Sprache, die kein Blatt vor den Mund nimmt wenn es darum geht, in die menschlichen Abgründe zu schauen. Den Glanz und Glamour der Film- und Musikbranche stellt sie sarkastisch und frech dar. Noch etwas weiter gedacht gipfelt es in der aktuellen MeToo-Debatte. Virginie Despentes beschreibt unter anderem den erfolgreichen Produzenten, der seine durch Anerkennung seiner Leistung gewonnene Macht ausspielt und das Pornosternchen, das seinen Beruf liebt und doch so behandelt wird wie die, die den Job nur für Geld und Drogen ausüben. Viele werden erst durch die Umstände zu dem gemacht, was sie heute sind. Klar stellt die Autorin heraus, dass Übermut dabei nicht gut tut. Alles fügt sich zusammen zu einem Bild der Gesellschaft von Paris, in denen man als Leser aber durchaus Ähnlichkeiten auch zu deutschen Städten findet.

Zumindest äußerlich lässt Vernon sich zu einem gewissen Rahmen der Pflege überreden und erhält von seinen Freunden eine kleine Aufgabe gestellt, die ihm Freude macht. Das Ende lässt hoffen, dass er es schafft, sich vom Obdachlosendasein zu verabschieden. Sollte man gelesen haben!


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Titel: Das Leben des Vernon Subutex 2
Autorin: Virginie Despentes
Übersetzerin: Claudia Steinitz
Erscheinungsdatum: 15.02.2018
Verlag: Kiepenheuer & Witsch (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen

Sonntag, 27. Mai 2018

[Kurzrezension Ingrid] Was man von hier aus sehen kann von Mariana Leky



„Was man von hier aus sehen kann“ von Mariana Leky ist eine Empfehlung meiner Tochter und Mitbloggerin Hanna, der ich sehr gerne nachgekommen bin. Luise wohnt mit ihrer Familie im Westerwald in einem kleinen Dorf. Wenn Luises Großmutter von einem Okapi träumt, dann stirbt jemand im Ort im Laufe der nächsten 24 Stunden. Als Luise 10 Jahre alt ist geschieht nach einem solchen Traum etwas Unfassbares, das mich tief berührt und traurig gestimmt hat. In dem kleinen Dorf wird viel von guter Nachbarschaft gehalten, man hilft sich gegenseitig. Hier bleibt wenig geheim, auch Streitigkeiten nicht. Lösungen findet man daher auch durch andere Dorfbewohner. Doch die größte Sorge von Luise und ihren Verwandten und Bekannten sind die unausgesprochenen Worte und die Zweifel darüber, sie je auszusprechen. Sie kann man nicht sehen, egal von wo man schaut. Der Roman zeigt einige Beispiele im Umgang mit diesen inneren Auseinandersetzungen während unerbittlich das Leben im Dorf und der ganzen Welt weitergeht. 

Mariana Leky schreibt mit viel Verve, tiefgründig und bewegend, jedoch gleichzeitig mit Charme und Witz, der einem ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Ich schließe mich den bisherigen begeisterten Stimmen zum Buch an und empfehle es gerne weiter.

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Titel: Was man von hier aus sehen kann
Autorin: Mariana Leky
Erscheinungsdatum: 18.07.2017
Verlag: Dumont

[Rezension Hanna] Feminist Fight Club - Jessica Bennett


 

In „Feminist Fight Club“ ruft Jessica Bennett zum Kampf gegen das Patriachat auf. Sie beschreibt Bürosituationen, in es zu meist subtilem Sexismus kommt und nennt Kampftaktiken, mit denen man darauf reagieren kann. Außerdem erzählt sie davon, wie sie vor einigen Jahren mit Freundinnen einen Feminist Fight Club gegründet hat, um sich gegenseitig zu beraten und unterstützen, und gibt Tipps, wie man seinen eigenen Club gründen kann.

Ich beschäftige mich beruflich unter anderem mit dem Thema Frauenförderung und in dem Rahmen wurde mir das Buch schon vor einiger Zeit auf Englisch empfohlen. Dass nun die Übersetzung vorliegt habe ich zum Anlass genommen, es endlich zu lesen. Zu Beginn erklärt die Autorin die Grundidee des „Feminist Fight Club“ und erzählt von ihrer eigenen Erfahrung in der Gründung eines solchen Clubs.

Den Großteil des Buches machen anschließend drei Teile aus, in denen verschiedene Situationen, Verhaltensweisen und Sprüche geschildert werden und Tipps gegeben werden, wie man darauf reagiert. Es geht um „Gegenspieler“, die „Saboteurin“, also wie man sich selbst im Weg steht und „Fallen“, meist klischeehafte Aussagen, die man schon mal gehört hat oder hören könnte. Außerdem gibt sie Rätschläge für die nächste Gehaltsverhandlung und beschreibt unter dem Schlagwort „WWJD = What would Josh do?“ typische Verhaltensweisen eines männlichen Kollegen und was man sich davon abschauen kann.

Die Autorin führt viele wichtige Punkte und Beobachtungen rund um Sexismus am Arbeitsplatz an und nennt meist auch Studien, die das belegen. Viele der geschilderten Situationen sind alltäglich und jede Leserin wird davon schon welche erlebt und beobachtet haben. Die Tipps sind nicht sehr überraschend, sondern eher ein Appell, so etwas nicht auf sich sitzen zu lassen, sondern eine bewusste Reaktion folgen zu lassen. Es bringt ins reflektieren, welche dieser Situationen man selbst kennt und wie man bislang reagiert hat.

Das Buch bleibt eher an der Oberfläche und legt den Fokus klar auf Situationen im Büro, wobei nicht alles davon unbedingt auf andere berufliche Situationen übertragbar ist. Man merkt dem Buch auch seinen amerikanischen Ursprung an, denn als Beispiele werden vor allem bekannte amerikanische Politiker und Firmen genannt. Die Übersetzerin Viola Krauß hat an einigen Stellen gute Ergänzungen vorgenommen zum Beispiel mit Hinweisen auf Merkel und den deutschen Regelungen zur Elternzeit.

Die Sprache der Autorin ist humorvoll und oft sarkastisch. Mein Humor wurde dabei nicht immer getroffen, für mich hätten die ständigen Verweise auf weibliche und männliche Genitalien zum Beispiel nicht sein müssen. Doch hinter allem steckt ein durchaus ernstes Thema, und der Autorin gelingt es, diesen Ernst trotz aller Witze aufzuzeigen und es nicht ins Lächerliche zu ziehen.

Zu Beginn des Buches wird gesagt, dass man es entweder am Stück lesen oder hin und her blättern kann. Ich habe mich zu Erstem entschlossen und sah mich vielen Wiederholungen der gleichen Appelle in leichten Variationen gegenüber. Es scheint mir doch eher zum gezielten Blättern geeignet. Mich konnte das Buch unterhalten und zum Reflektieren bringen, auch wenn der Humor nicht immer meiner war und mir mehr Tiefe gewünscht hätte. Ihr arbeitet im Büro mit mehr als fünf Mitarbeitern, wollt euch mehr Gehör verschaffen und eins eurer großen Rollenvorbilder ist Beyoncé? Dann solltet ihr Euch dieses Buch näher anschauen!


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Feminist Fight Club
Autorin: Jessica Bennett 
mit Illustrationen von Saskia Wariner und Hilary Fitzgerald Campbell
Übersetzerin: Viola Krauß
Broschiert: 320 Seiten
Erschienen am 29. März 2018
Verlag: Bastei Lübbe

[Rezension Ingrid] Krokodilwächter von Katrine Engberg


Der Thriller „Krokodilwächter“ ist das Debüt der Dänin Katrine Engberg und der Beginn einer Serie mit Kriminalfällen in Kopenhagen bei der die Polizeiassistenten Jeppe Körner und Anette Werner ermitteln. Der Titel erinnert an einen Vogel gleichen Namens, dem nachgesagt wird, dass er in den Mäulern von Krokodilen nach Essensresten sucht. Die Krokodile lassen sie gewähren und so profitieren beide Tiere davon. Ein vergleichbares Verhalten gibt es in der Künstlerszene wie sie im Buch dargestellt wird. Eine der handelnden Figuren stellt ihre Kontakte zum Verkauf von Kunst zur Verfügung und zum Ausgleich zeigt der Künstler sich bei bestimmten Gelegenheiten an ihrer Seite.  Das Titelbild steht symbolisch für blutende Messerschnitte. Eines der Opfer im vorliegenden Thriller trägt derartige Verletzungen.

In einem Mehrfamilienhaus in Kopenhagen wird die im ersten Stock wohnende Julie ermordet. Sie ist erst vor wenigen Monaten zur Aufnahme eines Studiums hierher zu ihrer Freundin gezogen, die im Moment aber im Urlaub ist. Ihr Gesicht wurde von einer Klinge verunstaltet, die Schnitte sehen so aus, als ob sie geplant gesetzt wurden. Ein Motiv ist zunächst nicht zu erkennen. Doch bald schon sieht die Vermieterin von Julie, die im gleichen Haus im obersten Stock lebt, eine Verbindung zu der Beschreibung eines Mords, den sie für eine kleine Schreibgruppe sichtbar, ins Internet gestellt hat. Die beiden Ermittler Körner und Werner wähnen sich der Lösung des Falls bereits sehr nahe als einer der Verdächtigen tot aufgefunden wird. Die bereits gefundenen Spuren müssen neu interpretiert werden.

In „Krokodilwächter“ stimmt einfach alles. Die polizeilichen Ermittler, die Katrine Engberg sich ausgedacht hat, haben Wiedererkennungswert. Jeppe und Annette arbeiten seit etwa acht Jahren als Partner bei den Ermittlungen. Jeppe Körner hat gerade seinen Scheidungsantrag erhalten. Die Ehe mit Therese ist vermutlich daran gescheitert, dass sich kein Nachwuchs einstellte. Er hat Phantomschmerzen im Rücken, die er mit Medikamenten unterdrückt. Sehr viel Wert legt er auf Hygiene. Annette ist mit ihrem Mann seit Jugendtagen zusammen. Zum Ehepaar gesellen sich drei Border Collies. Während Annette groß und kräftig ist mit sonnengebräunter Haut, ist Jeppe schlank, blond und hellhäutig.

Ich mag es sehr in Thrillern, mehr über das Privatleben der Ermittler zu erfahren. Hier lässt die Autorin noch einigen Spielraum für weitere Bände der Reihe. Neben den beiden Polizeiassistenten nimmt auch Esther de Laurenti, die Autorin der Mordbeschreibung und Universitätsprofessorin der Literaturwissenschaft im Ruhestand die gerne zu viel Rotwein trinkt, einen breiteren Platz im Thriller ein. Zunächst war ich auf eine gewisse Weise schockiert als sie sich recht schnell zum Mord bekennt. Aber natürlich ist das anders gemeint. Unterdessen rückt auch ein anderer Verdächtiger ins Blickfeld, der aber dann selbst zum Opfer wird. Die Charaktere fügen sich realitätsnah in das angenommene Alltagsleben mit aufzuklärendem Mordfall ein.

Gekonnt legte die Autorin immer wieder neue Spuren aus. Die Fakten, die Kathrine Engberg nach und nach Preis gibt, ergeben schließlich ein schlüssiges und nachvollziehbares Gesamtbild. Bereits auf den ersten Seiten wird Julie ermordet aufgefunden, so dass von Beginn an mit der Suche nach dem Täter Spannung aufgebaut und der Spannungsbogen aufgrund unerwarteter Wendungen bis zum Schluss aufrechterhalten wird. Kleine Cliffhanger zum Ende der Kapitel führten dazu, dass ich schnell weiterlesen wollte, um zu erfahren, wer die Taten begangen hat. Gelungener Auftakt der Serie! Ich freue mich auf weitere Fälle.

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Titel: Krokodilwächter
Autorin: Katrine Engberg
Übersetzer: Ulrich Sonnenberg
Erscheinungsdatum: 28.03.2018
Verlag: Diogenes (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Leseexemplar

Samstag, 26. Mai 2018

[Rezension Hanna] Der Kreidemann - C.J. Tudor



Im Jahr 1986 sind Eddie Munster, Fat Gav, Hoppo, Metal Mickey und Nicky eine Gang, die zusammen durch dick und dünn geht. Im Jahr 2006 rekapituliert Eddie die Monate, in denen sich alles ändern sollte. Erst kommt ein neues Lehrer an die Schule: Mr. Halloran ist ein Albino und deshalb ganz blass, und er bringt die Gang auf die Idee, sich mit Kreide Botschaften zu hinterlassen. Dann kommt es zu einem Unfall, einem Überfall, schweren Beschuldigungen und schließlich einem grausigen Fund… und irgendjemand scheint die Kreidezeichen der Gang für seine Zwecke zu missbrauchen. Auch im Jahr 2006 scheinen die Ereignisse noch nicht ganz abgeschlossen.

Schon im Prolog dieses Thrillers kommt es zu einer schauderhaften Entdeckung: Jemand findet Teile einer Mädchenleiche im Wald und nimmt den Kopf mit, den die Polizei nie findet. Wer hat den Kopf mitgenommen? Ist es die gleiche Person, die den Mord begangen hat? Warum findet die Polizei die Leiche erst einige Stunden später?

Meine erste Vermutung nach diesem Prolog war, dass die Geschichte im selben Tempo weitergeht und nun alle paar Seiten eine Leiche gefunden wird, doch dem ist nicht so. Wer eine rasante, blutrünstige Story erwartet, ist hier falsch. Stattdessen wird die Geschichte in ruhigem Tempo abwechselnd auf zwei Zeitebenen erzählt. Im Jahr 2006 wohnt Eddie, aus dessen Sicht die Geschichte erzählt ist, noch immer in seinem Elternhaus und ist inzwischen Lehrer. Er hat nur noch zu zwei Freunden aus der alten Gang Kontakt. Doch erhält er einen Brief mit einem Strichmännchen am Galgen und einem Stück Malkreide. Warum spielt ausgerechnet jetzt jemand auf die Ereignisse von damals an und warum? Eddie blickt ins Jahr 1986 zurück und erzählt dem Leser, was damals vorgefallen ist beginnend mit dem Tag, an dem sein zwölfjähriges Ich Mr. Halloran kennenlernte und gemeinsam mit ihm ein Leben rettete.

Die Geschichte nimmt sich viel Zeit, um dem Leser das Beziehungsgeflecht begreiflich zu machen. Es erklärt, wie die Mitglieder der Gang 1986 zueinander stehen und was sich während der fatalen Ereignisse und in den Jahren danach verändert hat. Darüber hinaus blickt es auf die anderen Charaktere der Kleinstadt, mit denen die Freunde Kontakt haben wie ihre Eltern und Lehrer. Alles nur, um vom Täter abzulenken? Nein! Im Laufe der Lektüre begreift man, wie geschickt die Autorin verschiedene Handlungselemente miteinander verknüpft hat und wie gut man die einzelnen Charaktere kennen muss, um nachvollziehen zu können, was geschehen ist. Als Leser kann man viel spekulieren und liegt vielleicht sogar mal richtig, doch die Geschichte besitzt eine gewisse Komplexität, durch die man unmöglich alles durchschauen kann.

„Der Kreidemann“ wird in ruhigem Tempo erzählt und setzt bietet dem Leser psychologische Spannung mit unerwarteten Vorfällen und überraschenden, aber plausiblen Antworten. Vieles ist nicht so, wie es zunächst den Anschein hat. Damit hat mich das Buch bis zu seinem verblüffenden und doch einleuchtendem Ende unterhalten können. Ein wirklich gelungenes Debüt!


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Der Kreidemann 
Autorin: C.J. Tudor
Übersetzer: Werner Schmitz
Hardcover: 384 Seiten
Erscheint am 29. Mai 2018
Verlag: Goldmann
(Vorab-Veröffentlichung der Rezension mit Genehmigung des Verlags)

Mittwoch, 23. Mai 2018

[Rezension Hanna] Die Legenden der besonderen Kinder - Ransom Riggs


„Die Legenden der besonderen Kinder“ nimmt den Leser mit in die Welt der Besonderen. Millard Nullings hat einige der Legenden aufgeschrieben, welche die Besonderen von Generation zu Generation weitergeben. Da geht es zum Beispiel um eine Prinzessin mit einer gespaltenen Zunge, die ihre Gabe geheim halten muss. Oder einen Jungen, der Strömungen kontrollieren kann. Auch die historisch belegte Geschichte der ersten Ymbryne findet man in dieser Sammlung.

Nachdem mich die Trilogie rund um die besonderen Kinder sehr begeistern konnte, habe ich mich über die Nachricht gefreut, dass es mit den Legenden einen Ergänzungsband geben wird. In diesem lässt Ransom Riggs den Lesern der Trilogie bereits bekannten Millard Nullings zu Wort kommen. Dieser hat zehn verschiedene Legenden aus seiner Welt zusammengetragen. Nach einem unterhaltsamen Vorwort, in dem darauf hingewiesen wird, dass der Inhalt wirklich nur für die Augen von Besonderen bestimmt ist, geht es mit der ersten Legende los.

Den Legenden vorangestellt ist jeweils eine Illustration von Andrew Davidson. Diese greifen immer ein Detail aus der Geschichte auf – meist zeigen sie den oder die Besonderen, um die es in der Geschichte geht. Die gelungenen Illustrationen sowie die hochwertige Aufmachung des Buches machen dieses zu einem kleinen Schmuckstück.

Die Legenden haben Märchencharakter: In vielen Fällen müssen die Charaktere lange mit Rückschlägen und Ablehnung kämpfen, dabei gibt es immer eine Moral und fast immer ein Happy End. Dabei sind die einzelnen Legenden sind abwechslungsreich und geben ganz verschiedene Einblicke in die Welt der besonderen. In der Trilogie hat man einen Teil dieser Welt schon kennengelernt. In den Legenden trifft man deshalb einige bekannte Wesen wieder wie Ymbrynen oder die sprechende Emu-Raffe. Man lernt aber auch Besondere mit bislang unbekannten Fähigkeiten kennen und erfährt, was sie mit diesen Gutes und Böses vollbringen können.

Das Buch kann man theoretisch ganz ohne Vorkenntnisse lesen. Mehr Spaß macht es aber auf jeden Fall, wenn man wenigstens „Die Insel der besonderen Kinder“ gelesen oder als Film gesehen hat – dann kennt man den „Autor“ Millard und die Welt der Besonderen, in der die Geschichten angesiedelt sind. Wen die Welt der Besonderen begeistern kann, für den ist dieses Buch die perfekte Ergänzung!


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Die Legenden der besonderen Kinder
Autor: Ransom Riggs
illustriert von Andrew Davidson
Übersetzerin: Silvia Kinkel
Hardcover: 208 Seiten
Erschienen am 3. April 2018
Verlag: Knaur HC

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