Dienstag, 29. Oktober 2013

[Rezension Hanna] Solang die Welt noch schläft von Petra Durst-Benning



☆ Inhalt ☆


Berlin, 1889: Als Tochter des Hufschmieds arbeitet Josefine in der Schmiede ihres Vaters mit. Seit dem Tod ihres Bruders ist das Verhältnis zu ihren Eltern jedoch mehr als schwierig. Erst als ihre Nachbarin Frieda ihr einen Kuraufenthalt im Schwarzwald ermöglicht, lernt Josefine, das Leben wieder zu genießen. Die Luft dort tut ihr gut, und bald entdeckt sie eine für Frauen zu dieser Zeit ungewöhnliche, da verpönte Freizeitbeschäftigung für sich: Das Velofahren! Zurück in Berlin trifft sich Josefine mit ihren Freundinnen Clara und Isabelle, um im Verborgenen Veloziped zu fahren. Doch Josefines Leidenschaft veranlasst sie zu einer folgenschweren Entscheidung…

☆ Meinung ☆


Die ersten Kapitel des Buches spielen im Jahr 1891: Josefine erlebt ihren ersten Tag im Frauengefängnis, in dem sie die nächsten dreieinhalb Jahre verbringen soll. Was hat Josefine verbrochen? Neugierig blickte ich mit Josefine in die Vergangenheit zu ihrer ersten Bekanntschaft mit einem Veloziped, heutzutage besser als Fahrrad bekannt, zurück.

Das Buch startet mit mehreren bedrückenden Ereignissen, die eine recht düstere Atmosphäre aufkommen lassen: Das Gefängnis, ein Brand… Josefine scheint kein beneidenswertes Leben zu führen. Umso schönes war es zu beobachten, wie Josefine ihre Leidenschaft fürs Velofahren entdeckt. Gleichzeitig wird jedoch auch die gesellschaftliche Reaktion auf das Velofahren der Frauen beschrieben. Die ist eher ablehnend – für Frauen ziemt sich so etwas nicht! Doch davon möchte Josefine wie viele andere Frauen nichts wissen. Gut konnte ich nachvollziehen, wie sich die Fahrerinnen beim heimlichen Fahren fühlen mussten.

Josefine präsentiert sich als starker Charakter, die sich von ihrem Ziel nicht abbringen lässt. Von den drei Freundinnen hat mir ihr Charakter in diesem Buch am meisten gefallen. Die zweite im Bunde ist Isabelle, die sich ebenfalls für das Velofahren begeistert. Als Tochter aus reichem Hause hat sie einen viel besseren Zugang zu den bislang sehr teuren Velozipeden. Ihr Reichtum lässt sie gelegentlich überheblich reagieren, dahinter verbirgt sich jedoch eine aufrichtige Freundin. Schließlich gibt es noch Clara, die dem Velofahren von Beginn an skeptisch gegenüber steht. Kann das ihre Freundschaft gefährden?

Nachdem Josefine aus dem Gefängnis entlassen ist, scheint sich auch für sie allmählich alles zum Besseren zu wenden. Der Leser darf sich auf eine kämpferische Geschichte freuen, die spannende und gefühlvolle Momente bereithält. Auch über Isabelles und Claras Weg erfährt man so einiges, denn auch sie müssen sich mit großen Veränderungen in ihrem Leben auseinandersetzen.

Petra Durst-Benning ist es gelungen, die Gesellschaft am Ende des 19. Jahrhunderts lebhaft darzustellen. Sie hat verschiedenste Nebencharaktere geschaffen, welche eine ganz unterschiedliche Haltung zum Velofahren der Frauen vertreten und damit die verschiedenen Meinungen abbilden. Durch Gespräche über gesellschaftliche Entwicklungen und Zeitungsartikel erhält man auch immer wieder Informationen über globale Entwicklungen. Ebenfalls interessant sind die technischen Hintergründe des Velofahrens, über die man dank Josefines Interesse für mechanische Fragen so manches erfährt. Hier schweift die Autorin nicht in trockene Details ab, sondern ermöglicht es dem Leser mit kurzen Schilderungen, sich das Aussehen und die Funktionsweise von Velozipeden zu dieser Zeit gut vorzustellen.

In „Solang die Welt noch schläft“ stehen die Beginne des Velofahrens im Zentrum der Geschichte. Dieses wird spannend und gefühlvoll mit der Geschichte drei junger, befreundeter Frauen verbunden, deren Leben nicht unterschiedlicher sein könnte. Vor allem Josefines großer Traum ist es, mit dem Veloziped unbehelligt auf Berlins Straßen fahren zu können. Kann sie diesen Traum wahr werden lassen? Ich empfehle das Buch gerne weiter und freue mich schon  auf den bereits veröffentlichten zweiten Teil der Jahrhundertwind-Trilogie, „Die Champagnerkönigin“.



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Gebundene Ausgabe: 496 Seiten
Erscheinungsdatum: 9. März 2012
Verlag: List Hardcover
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