Sonntag, 13. September 2020

Rezension: Das Glück in vollen Zügen von Lisa Kirsch

 


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Das Glück in vollen Zügen
Autorin: Lisa Kirsch
Taschenbuch: 384 Seiten
Erschienen am 26. August 2020
Verlag: FISCHER Taschenbuch

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Marie wohnt in Herrsching am Ammersee in einem Bauwagen direkt am Wasser. Der Wagen steht auf dem Grundstück ihrer Mutter, die nach dem Tod ihres Ehemanns begonnen hat, ihr Leben neu zu sortieren. Jeden Tag pendelt Marie mit dem Zug nach München. Das tut auch Johannes, der aus der Großstadt zurück nach Herrsching gezogen ist, um bei seinem demenzkranken Vater zu leben und ihn zu unterstützen. Beide haben sich schon häufiger im Zug gesehen, aber noch nie miteinander geredet. Durch einige Zufälle glauben sie, dass der jeweils andere vergeben ist. Bevor es zu einem Gespräch kommen kann werden die Leben der beiden gehörig durcheinander gewirbelt.

Der Roman schlägt einen lockeren Ton an. Marie genießt ihr Leben am Ammersee mit morgendlichen Schwimmrunden und der Rottweilerhündin Dexter an ihrer Seite. Diese ist schwanger, sodass die Aufregung allmählich steigt. Weniger begeistert ist Marie hingegen von den Plänen ihrer Mutter, mit ihr auf eine Gala zu gehen, wo alles was in München Rang und Namen hat anwesend sein muss.

Johannes nimmt Marie zum ersten Mal wahr, als diese im Zug unbeeindruckt von den Menschen um sie herum ein Umzieh-Manöver von lässig zu chic absolviert. Auch anders herum ist Marie auf Johannes aufmerksam geworden, allerdings eher wegen der merkwürdigen Telefonate, die er im Zug führt. Die Kapitel sind abwechselnd aus der Sicht der beiden geschrieben, sodass man erfährt, was sie übereinander denken und wie ihr Verhalten auf den jeweils anderen wirkt.

Die beiden fahren aber nicht nur Zug, sondern jeder sieht sich einigen Herausforderungen gegenüber. Marie kommt mit dem neuen Freund ihrer Mutter nicht klar und bereitet sich darauf vor, dass ihre Hündin Welpen bekommt. Johannes muss feststellen, dass die Demenz seines Vaters schnell voranschreitet und überlegen, welche Unterstützung er benötigt. Trotz dieser ernsten Themen verliert das Buch seine Leichtigkeit nicht und bietet immer wieder Szenen, die mich zum schmunzeln brachten.

Die Geschichte legt es darauf an, den Leser mit zahlreichen verpassten Chancen verrückt zu machen. Der Zufall will es immer wieder so, dass die beiden sich zum Beispiel knapp verpassen oder aufgrund eines mitgehörten Gesprächs die Situation falsch deuten. Für meinen Geschmack dauerte diese Phase aber zu lang an.

„Das Glück in vollen Zügen“ ist eine locker erzählte Pendler-Geschichte mit vielen turbulenten und unterhaltsamen Momenten. Sie spricht aber auch ernste Themen an, denen die beiden Protagonisten sich stellen müssen. Romantik spielt eine eher untergeordnete Rolle, denn Marie und Johannes erleben das meiste ohne den jeweils anderen. Ein Roman für alle, die die Phase des gegenseitigen Beobachtens vor dem ersten Gespräch am spannendsten finden!

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