Sonntag, 7. Juni 2015

[Rezension] Iris Grädler - Meer des Schweigens

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Titel: Meer des Schweigens
Autorin: Iris Grädler
Erscheinungsdatum: 05.03.2015
Verlag: Dumont Verlag 
Buchausgabe: Taschenbuch
(Haupt-)Handlungsort: St Magor Cornwall/England
Handlungszeit: Gegenwart




Ein Geheimnis, eine Lüge und eine Rache sind grob gefasst nach Angabe des Klappentextes die Zutaten zum Buch „Meer des Schweigens“, dem Debütroman der gebürtigen Deutschen, heute aber in Namibia wohnenden Iris Grädler. Wie auf dem Coverbild ziehen über einem kleinen Küstenort Cornwalls dunkle Wolken auf, als zuerst ein toter Hund und drei Tage später eine männliche Leiche, die in eine Plane gewickelt ist, angeschwemmt werden. Für den zuständigen Detective Inspector Collin Brown ist es der erste Mordfall  seit er sich vor einigen Jahren von Southhampton an die Küste versetzen ließ. Entsprechend ungewohnt für die Teammitglieder ist die Vorgehensweise, da sie eher an beschaulich vonstattengehende Ermittlungen gewöhnt sind. Doch die Bewohner befürchten weitere Morde und drängen auf eine schnelle Aufklärung. Diese Sorge fand ich etwas zu übertrieben dargestellt. Aber zunächst sieht es so aus als ob das Meer sein Geheimnis nicht preisgeben will, wer der Tote ist und warum er ermordet wurde.
Die Erzählung besteht aus drei Erzählsträngen, die parallel verlaufen und zu denen die Autorin ohne festen Rhythmus wechselt. Neben den Mordermittlungen lernt der Leser Elisabeth kennen, die aus Australien nach Southhampton zur Beerdigung ihres Bruders Anthony gereist ist, mit dem sie zuletzt vor 20 Jahren Kontakt hatte. Warum das so, offenbart sich im Laufe des Romans. Anthonys beste Freundin und Exfrau Martha zweifelt den attestierten natürlichen Tod von ihm an. 

In einer dritten Geschichte geht es um den gutsituierten, allein stehenden Frührentner Elroy Smitton und Su, die mit ihrer Tochter in einer Wohnung auf seinem Grundstück lebt. Su hat bisher wenig Glück gehabt und sieht es nun als ihre Aufgabe sich nebenher ein wenig um Elroy zu kümmern mit der Hoffnung auf eine Beziehung. Argwöhnisch und misstrauisch beobachtet sie, dass Elroy eine andere Frau kennenlernt, der er offensichtlich sehr zugeneigt ist. Unterbrochen werden die Handlungen von insgesamt zehn Geboten, die jedoch mit den allgemein Bekannten der Bibel wenig zu tun haben, sondern stattdessen einem kranken Geist zuzuordnen sein können. Der Zusammenhang wird wie so vieles es ganz zum Ende hin begreifbar.

Diese drei Erzählungen stehen zunächst ohne Zusammenhang nebeneinander bevor die erste Verknüpfungspunkt erscheint. Iris Grädler widmet sich den einzelnen Figuren ihrer Geschichte sehr ausführlich. Es entsteht jeweils eine facettenreiche Charakterisierung, die dem Leser interessante Persönlichkeiten näher bringen. Ihnen ist meistens bereits viel Unbill im Leben widerfahren. Manches mal blickt sie dabei auch unter die Oberfläche der Gesellschaft. Der Leser könnte nun aufgrund der ausführlichen Schilderungen begreifen, warum die Personen so und nicht anders handeln, wenn die Autorin nicht die wohldosierten Hintergrundinformationen erst nach und nach offenlegen würde, so dass sich auf der Suche nach weiteren Fakten ein schnelles Weiterlesen lohnt. Das trägt zum Spannungserhalt bei. Überhaupt bleibt der Spannungsbogen bis zum Schluss bestehen, flacht aber mittig durch allzu weite Ausschweifungen etwas ab. Eine der Geschichten wird unerwartet erst zum Ende hin weiter- und mit den anderen beiden Erzählungen zusammengeführt.

Ebenso wie die Personen vermag die Autorin die Umgebung so ausführlich zu beschreiben, dass man sich diese sehr gut vorstellen kann. Irritierend war jedoch eine Dienstreise Collins nach Manchester, also in den Norden Englands, in deren Zusammenhang aber mehrmals von Schotten und Schottland gesprochen wurde. Etwas übertrieben fand ich die Sorge der Bewohner des Küstenstädtchens in Hinsicht auf weitere Morde.

„Meer des Schweigens“ ist ein Kriminalroman, aber auch eine vielschichtige Familiengeschichte mit gut gehüteten Geheimnissen. Immer im Hinterkopf blieb mir die im Klappentext erwähnte Rache, die denn am Ende als Handlungsmotiv die Erzählungen miteinander verbindet und das Buch zu einem lesenswerten und unterhaltsamen Buch macht.

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