Sonntag, 27. Dezember 2015

[Rezension Hanna] Straße der Schatten - Jennifer Donnelly


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Strasse der Schatten von Jennifer Donnelly 
Übersetzt von Ulrike Budde
Hardcover: 448 Seiten
Erschienen am 9. November 2015
Verlag: Pendo

Inhalt
New York, 1890: Josephine Montfort stammt aus einer wohlhabenden Familie. Gemeinsam mit anderen vornehmen Töchtern besucht sie ein Pensionat und soll sich bald mit dem begehrten Junggesellen Bram verloben. Doch Jos eigentlicher Traum ist es, journalistisch tätig zu sein, Enthüllungsberichte zu schreiben und sie zu veröffentlichen. Ihr Leben wird erschüttert, als ihr Vater durch einen tragischen Unfall stirbt. Doch kurz darauf erfährt Jo zufällig, dass es vermutlich gar kein Unfall war, sondern Selbstmord oder gar Mord. Gemeinsam mit dem jungen Journalisten Eddie will Jo die Hintergründe aufklären. Dabei gerät sie bald in ein Geflecht aus Intrigen und Geheimnissen und bringt sich selbst in Gefahr…

Meinung
Die Protagonistin Jo lernt der Leser in einem kurzen Prolog kennen, in welchem sie sich gerade an die Aufgabe machen will, einen Toten aus seinem Grab auszubuddeln. Wie ist Jo in diese Situation gekommen? Wessen Grab ist es? Wer sind die Männer, die bei ihr sind? Mit diesen Fragen im Gepäck sprang ich zwei Monate in die Vergangenheit und traf Jo in einer völlig anderen Umgebung wieder: In einem Pensionat für wohlhabende Töchter New Yorks. Dort versucht sie gerade, ihre Geschichte über die Ausbeutung junger Arbeiterinnen in einer Textilfabril in der Zeitschrift des Pensionats zu veröffentlichen, ihre erster Artikel, bei dem sie wie eine Reporterin heimlich Interviews geführt hat.

Schnell merkte man, dass Jo sich mit ihrer Freiheitsliebe in ihrem Leben eingesperrt fühlt, denn ihre journalistischen Bestrebungen werden nicht gern gesehen. Mit der Nachricht vom Tod ihres Vaters und den Gerüchten rund um eine mögliche Ermordung geraden die Dinge dann schnell ins Rollen. Gemeinsam mit dem Reporter Eddie stellt sie Nachforschungen an. Die beiden kommen aus zwei völlig verschiedenen Welten. Während Jo wohlbehütet aufgewachsen ist und bis dato nicht einmal wusste, was eine Prostituierte ist, hatte Eddie eine Kindheit unter schwierigen Bedingungen. Eddie mochte ich auf Anhieb sehr, er ist schlau, gewitzt, etwas vorlaut und stets bemüht, Jo zu beschützen. Mit Jo hatte ich leider so meine Probleme. Im einen Moment verhält sie sich gerissen und mutig, dann aber wieder schrecklich naiv, was für mich nicht so ganz passte.

Das Buch versucht vor allem, den Kontrast zwischen Jos wohlbehütetem Upper Class-Leben und ihren Abenteuern, die sie durch die gemeinsamen Nachforschungen mit Eddie in Downtown erlebt, herauszustellen. Letzteres ist für Jo eine komplett neue Welt, deren Spielregeln sie erst lernen muss. So manche Situation wäre für sie böse ausgegangen, wenn sie nicht durch Zufälle immer wieder gerettet wird. Im Gegensatz dazu steht Jos Teilnahme an Familienfeiern und Treffen mit ihren Freundinnen, in denen über ihre anstehende Verlobung und Belanglosigkeiten geredet wird. Gut konnte ich verstehen, dass sie diesen Veranstaltungen gerne entflieht und sich einfach nicht damit abfinden möchte, dass ihr ganzes Leben so verlaufen wird. Die Kapitel über Jos vornehmes Leben zogen sich für mich allerdings zunehmend in die Länge.

Jos und Eddies Ermittlungen bestehen aus Befragungen, Nachforschungen an Schauplätzen und sogar Besuchen im Leichenschauhaus. Die beiden müssen bald feststellen, dass sie mit ihren Nachforschungen in ein Wespennest gestochen haben und bald selbst Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Trotz der Abenteuer der beiden bleibt das Tempo der Geschichte durch die Einschübe über Jos langweiliges Leben am Tage ruhig. Erst zum Ende hin nimmt die Geschichte wirklich an Tempo auf und konnte mich mitreißen. Die ganze Geschichte funktioniert allerdings nur aufgrund von zahlreichen großen Zufällen, sodass es für mich irgendwann nicht mehr glaubhaft war. Immerhin wurde ich mit einem Ende entschädigt, das ich für gelungen halte.

Fazit
„Strasse der Schatten“ erzählt von der vornehmen New Yorker Tochter Jo, die durch Nachforschungen zum Tod ihres Vaters zum ersten Mal das Leben Downtown kennen lernt und in ein Netz aus Intrigen gerät. Während der Reporter Eddie meine Lieblingsfigur des Buches war, wirkte Jo auf mich etwas zu naiv. Auch wenn die Geschichte nur aufgrund von Zufällen funktioniert, hat mir der Kontrast zwischen den beiden Welten, in denen Jo sich bewegt, faszinieren können. Wenn ihr Lust auf eine Reise ins historische New York mit seinen glänzenden und seinen düsteren Seiten habt, dann ist „Strasse der Schatten“ das richtige Buch für Euch!

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