Übersetzerinnen aus dem Französischen: Patricia Klobusiczky und Brigitte Große
Im Roman „Rückkehr nach St. Malo“ der französischen Autorin
Hélène Gestern habe ich leider nicht die fesselnde Geschichte gefunden, die der
Klappentext verspricht. denn die Handlung verweilt häufig auf der Stelle. Der
Geschichtsprofessor Yann de Kérambrun kehrt geraume Zeit nach dem Tod seines
Vaters und während seiner laufenden Scheidung von seinem Wohnort Paris in das
geerbte Haus der Familie nach Saint-Malo zurück. Dort erinnert er sich an die
Sommer seiner Kindheit. Im Original heißt das Buch „Cézembre“ nach einer
kleinen Insel, die etwa vier Kilometer von Saint-Malo entfernt liegt.
Yann schwelgt in Erinnerungen und erzählt von seinem
Urgroßvater, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine
Schiffsantriebsgesellschaft gründete. Das Unternehmen besteht auch weiterhin
und wird von Yanns Cousine geführt. Im Haus stößt Yann auf alte Dokumente und Notizbücher
des Firmengründers. Ich benötigte etwa hundert Seiten, um näher zu erfahren,
wohin die Geschichte eigentlich führen will: Der Protagonist versucht
aufzuklären, warum seine männlichen Vorfahren mehr Härte statt Liebe gegenüber
ihren Nachkommen zeigten.
Hélène Gestern erzählt nicht nur von der mühsamen Recherche
Yanns weitere Details zur Vergangenheit seiner Familie durch Verwandte und
Bekannte zu erhalten, sondern sie beschreibt auch ausführlich die Landschaft an
der bretonischen Küste sowie die Insel Cézembre und deren historisch verbürgte
Bedeutung Yann ergründet vor allem die familiären Geschehnisse vor dem Ersten
Weltkrieg. Demgegenüber ist die Geschichte der Insel weitgehend mit
dramatischen Geschehnissen im Zweiten Weltkrieg verbunden.
Der zeitliche Fokus springt von Kapitel zu Kapitel und kehrt
immer wieder in die Gegenwart zurück, in der der Protagonist beginnt, sich neu
zu verlieben. In kursiv gesetzten Einschüben wechselt die Autorin häufig die
Erzählerperspektive und lässt dabei oft unbenannte Figuren eine kurze
Begebenheit schildern. Manchmal erleichternd diese Passagen die Einordnung der
Ereignisse und liefern kleine passende Puzzleteil für den Lesenden. Das Familiengeheimnis
erweist sich schließlich als weitaus komplexer, als Yann zu Beginn seiner Nachforschungen
erwartet hat.
Obwohl sich die realistische Handlung in behäbigem Tempo
entwickelt, wollte ich wissen, wie sich die Fäden letztlich entwirren. Daher
habe ich quergelesen und war mit dem Ende versöhnt.
