Dienstag, 15. Dezember 2020

Rezension: Der Mädchenwald von Sam Lloyd

 

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Der Mädchenwald
Autor: Sam Lloyd
Übersetzerin: Katharina Naumann
Broschiert: 448 Seiten
Erschienen am 15. Dezember 2020
Verlag: Rowohlt Polaris

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Die dreizehnjährige Elissa ist eine erfolgreiche Schachspielerin, die in Kürze in die englische Nationalmannschaft aufgenommen werden könnte. Doch während des entscheidenden Turniers wird sie in der Pause in einen Lieferwagen gezerrt und entführt. Detective Superintendent Mairéad MacCullagh wird mit der Leitung des Falls betraut und ist fest entschlossen, Elissa zu finden. Im Gegensatz zu ihr weiß der zwölfjährige Elijah, der mit seiner Familie in einem Cottage im Wald lebt, wo sich Elissa befindet. Sie ist nicht die erste, die er in dem unterirdischen Gefängnis findet. Zwar will er dem Mädchen auf seine Weise helfen, doch befreien kann er sie nicht...

Die zahlreichen positiven Stimmen nach der Veröffentlichung des Originals haben mich neugierig auf dieses Debüt aus England gemacht. Von der ersten Seite an entwickelt die Geschichte dank kurzer, flotter Kapitel eine Sogwirkung. Man begegnet Elijah an Tag 6, wo er nach einer kurzen Befragung auf der Polizeiwache von seinem Vater nach Hause gebracht wird. Warum er überhaupt dort war wird nicht erklärt, denn Elijahs einzige Sorge gilt der Frage, ob dieser Zwischenfall das Mädchen in ihrem Gefängnis im Wald in Gefahr gebracht hat.

Danach springt das Buch zu Tag 1 und beschreibt zunächst aus der Perspektive von Elissa und danna us der von Mairéad den Tag der Entführung. Wer ist der Täter, und was hat er mit Elissa vor? Die Ereignisse bringen in kurzer Zeit nervenaufreibende Spannung in die Geschichte. Elissa ist ein intelligentes und analytisch denkendes Mädchen, das im Angesicht ihrer Situation große Ängste aussteht, gleichzeitig aber versucht, einen kühlen Kopf zu bewahren und zu Elijah durchzudringen, dessen Verhalten zahlreiche Fragen aufwirft. Mairéad geht unterdessen körperlich bis an ihre Grenze und darüber hinaus, um die Ermittlungen voranzutreiben.

Ein Zitat auf der Innenseite der Buchdeckel versprach einen überraschenden Twist, auf den ich neugierig wartete. Während ich mitfieberte, ob Elissa einen Weg aus ihrer Gefangenschaft findet oder Mairéad entscheidende Hinweise erhält, entwickelte ich so einige Theorien. Tatsächlich lag ich mit einigen Vermutungen gar nicht so weit daneben, die Kombination der verschiedenen Enthüllungen hat mich aber dennoch überraschen können. Der Autor spielt geschickt mit der Frage, was Realität ist und was nicht, wodurch er mich in die Irre führen konnte.

Aus dem Charakter der Emittlerin Mairéad hätte man noch mehr machen können. Sie macht sich selbst unglaublich viel Druck und hört nicht auf ihren Körper, doch in Summe erfährt man wenig über sie. Der Fokus des Buches liegt außerdem sehr auf dem Geschehen im Mädchenwald, ich hätte mir aber vor allem zum Ende hin eine ausführlichere Auseinandersetzung mit der Motivation der Handelnden gewünscht.

Die zahlreichen Fragezeichen, die mir am Anfang im Kopf herumschwirrten, werden nach und nach beantwortet. Das macht das Buch zu einem Pageturner, denn das nächste Puzzlestück ist immer nur wenige Seiten entfernt und das Gesamtbild trotzdem lange nicht zu erkennen. Wer temporeiche, atmosphärisch erzählte Thriller mit Rätselfaktor mag, der ist im Mädchenwald von Sam Lloyd genau richtig!

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