Samstag, 21. Mai 2016

[Rezension] Der irische Löwe - Annelie Wendeberg



 Der irische Löwe
Autorin: Annelie Wendeberg
Übersetzer: Jürgen Bürger und Kathrin Bielfeldt
Taschenbuch: 208 Seiten
Erschienen am 12. Mai 2016
Verlag: Kiepenheuer & Witsch

Die Reihe
Anna Kronberg

Band 0.5: Der irische Löwe
Band 1: Teufelsgrinsen (Rezension)
Band 2: Tiefer Fall (Rezension)
Band 3: Die lange Reise (Rezension)

Inhalt
London, 1885: Garret ist einer der besten Diebe von St. Giles, einem der Elendsviertel in London. Mit der Krankenschwester Anna macht der irische Hüne Bekanntschaft, als er nachts mit einer Schusswunde in ihre Wohnung einbricht, um sich von ihr versorgen zu lassen. Von da an begegnen sich die beiden häufiger und Garret beginnt, Anna zu beschützen, die sich für ihre Patienten in die gefährlichsten Ecken wagt. Auf besonders dünnes Eis bewegt sie sich, als sie eine Prostituierte versorgt, welcher der Mund aufgeschlitzt wurde. Anna ist entschlossen, den Hinweisen auf den Täter nachzugehen. Doch plötzlich ist das Opfer spurlos verschwunden…

Meinung
Eine Sache gleich vorweg: Das Buch „Der irische Löwe“ ist das Prequel zur Anna Kronberg-Trilogie. Während die Bücher „Teufelsgrinsen“, „Tiefer Fall“ und „Die lange Reise“ eine übergreifende Handlung haben, spielt dieser Teil vier Jahre vor den Ereignissen. Als großer Fan dieser absolut ungewöhnlichen Protagonistin habe ich mich sehr gefreut, mehr über ihr Doppelleben vor den mir schon bekannten, verhängnisvollen Ereignissen zu erfahren.

Die Geschichte wurde gleich zu Beginn interessant, denn die allererste Begegnung von Anna und Garret wird erzählt. Die Beziehung der beiden zueinander steht im weiteren Buchverlauf im Fokus und mir haben die beiden zusammen wirklich sehr gut gefallen. Garret will Anna gern beschützen, muss aber bald merken, dass es da gar nicht so viel zu beschützen gibt. Oder wägt sich Anna in falscher Sicherheit und kann ein bisschen muskelbepackte Rückendeckung doch gut gebrauchen?

Auch Anna selbst lernt man in ihrer Rolle als Krankenschwester in St. Giles besser kennen. Ihr Doppelleben wird dabei nur kurz angerissen. Als einzige Krankenschwester weit und breit, die für ihre Arbeit in den meisten Fällen nicht entlohnt werden will, versorgt sie Schusswunden und Entzündungen, diagonstiziert die Syphilis, nimmt Abtreibungen vor und manches mehr. Wer sich bei so etwas leicht ekelt, der sollte besser einen Bogen um das Buch machen, denn die Autorin nimmt hier kein Blatt vor den Mund und schildert in klaren Worten die Realität im 19. Jahrhundert.

Auch viele andere Menschen, die in St. Giles leben, lernt man während der Lektüre besser kennen. Vom Bordellbetreiber bis zur Prostituierten, vom Besitzer einer Garküche bis zum Straßenjungen ist alles dabei. Die Autorin gibt dem Leser schonungslose Einblicke in ihr Leben, ihre Gedanken und Gefühle. Die Kriminalhandlung fügt sich in dieses Setting nahtlos ein. Sie folgt keinem üblichen Skript, vielmehr stellen nach dem Verschwinden der Prostituierten verschiedene Personen Nachforschungen an. Diese werden allerdings nicht allzu intensiv betrieben, weshalb ich mich trotz der begrenzten Möglichkeiten gefreut hätte, wenn noch mehr Spuren verfolgt worden wären. Auf den letzten Seiten konnten mich unerwartete Ereignisse noch einmal überraschen.

Fazit
In „Der irische Löwe“ steht Annas Leben als Krankenschwester in St. Giles und ihre Bekanntschaft mit dem Dieb Garret im Mittelpunkt der Geschichte. In schonungsloser, klarer Sprache lässt die Autorin das dreckige Elendsviertel lebendig werden. Das Verschwinden einer Prostituierten sorgt für Spannung, hätte für mich aber noch stärker thematisiert werden können. Gleichzeitig war ich neugierig, wie sich das Verhältnis zwischen Anna und Garret entwickeln wird. Gerne empfehle ich dieses Buch sowohl an Fans der Trilogie weiter als auch an Leser, die Anna Kronberg noch nicht kennen – lasst euch die Bekanntschaft mit dieser ungewöhnlichen Frau nicht entgehen!


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