Sonntag, 17. Januar 2021

Rezension: Der Tausch von Julie Clark

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Der Tausch - Zwei Frauen, zwei Tickets, ein Ausweg
Autorin: Julie Clark
Übersetzerinnen: Gabriele Burkhardt und Astrid Gravert
Erscheinungsdatum: 11.01.2021
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur als Leseexemplar 
ISBN: 9783453424975

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Der Roman „Der Tausch – Zwei Frauen, zwei Tickets, ein Ausweg“ der US-Amerikanerin Julie Clark ist eine hochspannende und gefühlvoll erzählte Geschichte von Claire und Eva, die ihre Identität miteinander tauschen. Das Cover zeigt den Blick aus einem Flugzeugfenster und symbolisiert dadurch, dass die beiden Frauen den Wechsel am Flughafen, kurz vor ihrem Einchecken zu ihrem jeweiligen Flug ausführen. Claire und Eva sind sich bewusst, dass es dadurch kein Zurück in ihr altes Leben ohne eine tödliche Bedrohung für sie geben wird.

Claires Ehemann Rory gehört zu einer erfolgreichen einflussreichen Politikerdynastie und führt die bisher geleistete Arbeit der Familie fort. Von der Kunstgeschichtlerin Claire wird erwartet, dass sie Repräsentationsaufgaben übernimmt. Um seine Ansichten durchzusetzen, wird Rory Claire gegenüber zunehmend gewalttätiger. Daher hat sie viele Wochen dazu benötigt, den perfekten Zeitpunkt abzupassen, um aus ihrem Leben zu fliehen. In letzter Minute führt eine Änderung bei der Übernahme von Verpflichtungen durch Rory dazu, dass ihr Plan auffliegt. Spontan ergibt sich stattdessen am Flughafen eine andere Möglichkeit, als sie dort auf Eva trifft, die ihr davon erzählt, dass sie sich mit Fragen zu Ungereimtheiten zum Tod ihres Manns auseinanderzusetzen habe und sie am liebsten an einen anderen Ort fliehen möchte. Ein Tausch der Bordkarten könnte für beide die Chance auf einen Neuanfang bedeuten. Allerdings hat Eva ihr nicht die Wahrheit erzählt.

Für beide Frauen ist es beängstigend, dass sie an einem Punkt stehen, an dem ihnen ein selbstbestimmtes Leben nicht mehr möglich erscheint. Denn durch ihr Umfeld werden sie auf eine je eigene Weise von anderen Personen fremdgesteuert, die Erwartungen an sie stellen. Die vermuteten Sanktionen bei Nichterfüllung der Ansprüche flössen ihnen Furcht ein. Es wird deutlich, dass Verschwinden zwar eine Option ist, aber sehr schwierig. Julie Clark versteht es, von Beginn an Spannung aufzubauen. Der Titel des Prologs weist darauf hin, dass die Handlung am Tag des Absturzes stattfindet. Für mich passte diese Angabe zunächst nicht zur Inhaltsangabe und allein durch die Überschrift war ich auf das Schlimmste gefasst, was mich auch schnell weiterlesen ließ.

Die Autorin lässt Claire als Ich-Erzählerin auftreten. Sie blickt zurück bis auf ihre Kindheit und die Anfänge ihrer Liebe zu Rory. Durch ihre Schilderungen konnte ich gut den Wandel in der Beziehung der Eheleute nachvollziehen und Claires zunehmende Angst. Evas Leben wird von Julie Clark als allwissende Erzählerin beschrieben. Auch hier wird deutlich, warum Evas Eigenständigkeit zunehmend eingeschränkt ist und sie keinen anderen Ausweg mehr sieht, als ihre Identität zurück zu lassen.

Sowohl Claire als auch Eva lassen sich zwar einschüchtern, doch sie geben nicht auf, nach einer Lösung zu suchen. Während die Geschichte sich anhand der Schilderungen von Claire ständig in die Zukunft entwickelt, wird Evas Leben im Rückblick erzählt. Dadurch bleibt ein bestimmtes Detail bis zum Schluss offen und steigert zusätzlich die Spannung des Romans, die allein schon durch die Frage hoch ist und bleibt, ob die beiden Frauen in ihrem neuen Leben sich zurechtfinden werden.

„Der Tausch“ von Julie Clark ist ein geschickt konstruierter Roman, der mich bis zum Ende, das nochmal mit einer unerwarteten Wendung glänzt, ganz in seinen Bann gezogen hat und den ich daher sehr gerne uneingeschränkt empfehle.


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