Samstag, 20. März 2021

Rezension: Das Fräulein mit dem karierten Koffer von Claudia Kaufmann

 


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Das Fräulein mit dem karierten Koffer
Autorin: Claudia Kaufmann
Taschenbuch: 320 Seiten
Erschienen am 24. Februar 2021
Verlag: FISCHER Taschenbuch

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Sabine ist im im Jahr 1964 neunzehn Jahre alt und arbeitet als Sekretärin. In zwei Jahren wird sie volljährig und endlich unabhängiger von ihrer Mutter Brigitte und deren neuem Mann Heinz, mit dem sie gar nicht zurecht kommt. Die beiden verbieten ihr den Umgang mit ihrer Nachbarin Rena, die im gleichen Alter ist wie Sabine und deren Mutter alleinerziehend ist. Doch Sabine gibt nichts auf die Warnungen vor schlechtem Umgang und lässt sich von Rena das Münchener Nachtleben zeigen.

Eines Tages lernt sie in der Diskothek den Studenten Michael kennen, der aus reichem Hause stammt. Die beiden beginnen, miteinander auszugehen, und er verschafft ihr einen aufregenden neuen Job. Auch die Anti-Baby-Pille will er ihr besorgen. Als Sabine die Packung in den Händen hält weiß sie jedoch, dass es schon zu spät ist. Sie bringt das Kind unehelich zur Welt und muss sich den vorwiegend unerfreulichen Konsequenzen stellen...

In den 1960er Jahren war es nicht nur mit einem gesellschaftlichen Stigma verbunden, ein uneheliches Kind zu bekommen. Zusätzlich erhielt die Mutter vom Staat einen gesetzlichen Vormund und wurde oft gedrängt, das Kind zur Adoption aufzugeben. In solch einer Situation findet sich die Protagonistin des Buches wieder, nachdem ihr Freund Michael sie nach der Bekanntgabe, nicht abtreiben zu wollen, verlässt.

Claudia Kaufmann schildert eindringlich, wie schwer es Frauen in einer solchen Situation gemacht wurde. Obwohl zu einer Schwangerschaft immer zwei gehören sind sie es, die von der Gesellschaft ausgegrenzt wurden. In Sabines Fall steht sie ohne Bleibe da, beim Arztbesuch und im Krankenhaus wird sie unmöglich behandelt und ihr Vormund erweist sich als manipulativer Altnazi.

Zum Glück hat Sabine Freunde, die ihr in dieser schweren Zeit zur Seite stehen. Doch auch sie haben ihr Päckchen zu tragen. Ihr Freund Holger, bei dem sie eine Weile unterkommen kann, ist homosexuell. Das ist zu jener Zeit noch immer strafbar, und Jahre zuvor hat er schlimmste Erfahrungen gemacht, die ein Trauma hinterlassen haben.

Das Tempo zieht zunehmend an und der Wandel, der in der Gesellschaft allmählich stattfindet, wird geschildert. Sabine kämpft für ihr persönliches Glück und beruflichen Erfolg und war gespannt, ob sie sich ein Leben ganz nach ihren Vorstellungen einrichten kann. Für meinen Geschmack ging es an mancher Stelle jedoch zu schnell voran.

„Das Fräulein mit dem karierten Koffer“ nimmt den Leser mit ins Jahr 1964 und zeigt auf, was es zu jener Zeit hieß, ein uneheliches Kind zu bekommen. Der Roman ist gut recherchiert und bietet ein kurzweiliges Leseerlebnis, bei dem man mitfiebern kann und ins Nachdenken gebracht wird.

 

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