Donnerstag, 6. Februar 2014

[Rezension Hanna] Hab und Gier von Ingrid Noll



☆ Inhalt ☆


Die Rentnerin Karla ist äußerst überrascht, als sie von ihrem ehemaligen Kollegen Wolfram eine Einladung zum Gabelfrühstück erhält. Nach einigem Zögern nimmt sie an. Sie trifft Wolfram in seiner großen Villa, wo er ihr mitteilt, an einem inoperablen Tumor zu leiden und bald sterben zu müssen. Daher macht er ihr ein Angebot: Kümmert sie sich um ihr Grab, erhält sie ein Viertel seines Vermögens. Pflegt sie ihn bis zum Tod, die Hälfte. Und bringt sie ihn um, wobei er Zeitpunkt und Todesart selbst auswählen will, ist die die Alleinerbin. Karla ist entsetzt und weiht ihre ehemalige Kollegin Judith ein. Die scheint weniger Skrupel zu haben. Gemeinsam entwickeln sie einen Plan, der bald zum Selbstläufer wird und ungeahnte Konsequenzen nach sich zieht…

☆ Meinung ☆


Die Geschichte beginnt ganz harmlos mit einem Gabelfrühstück zwischen alten Kollegen. Als Witwer sucht Wolfram nach jemandem, der sich nach seinem Tod um sein Grab kümmert – kein ungewöhnlicher Wunsch. Die Aussicht auf eine großzügige Entlohnung lässt Karla gleich zusagen. Karla beginnt zu überlegen, wie hoch genau wohl ihr Erbe ausfallen wird und spekuliert darüber gemeinsam mit ihrer Freundin Judith. Bis zu diesem Zeitpunkt wirkte das Handeln der Personen völlig alltäglich.

Wolframs ungewöhnliche Alternativangebote sind es, die den Stein schließlich ins Rollen bringen und Karla in eine Zwickmühle bringen: Begnügt sie sich mit der Hälfte des Vermögens? Oder wirft sie ihre Moral über Bord und sichert sich alles? Hier beobachtete ich erstaunt die Interaktionen zwischen ihr und ihrer ehemaligen Kollegin Judith. Diese wittert als „gute Freundin“ ebenfalls das große Geld und animiert Karla zu fragwürdigem Verhalten. Schließlich weiht Judith auch noch ihren Ex-Freund Cord in die Pläne ein, womit das unfreiwillige Trio komplett ist.

Was folgt, ist eine bitterböse Geschichte, in dessen Zentrum die Frage steht, wie weit man für Geld und Besitz geht. Karla, Judith und Cord verstricken sich bald so tief in die Geschichte, dass ein Ausstieg unmöglich scheint. Die Konsequenzen ihrer Handlungen scheinen nicht mehr aufhaltbar zu sein. Dabei legen die Charaktere Argumentationen an den Tag, die beim ersten Lesen nachvollziehbar sind, bei genauerem Nachdenken aber zeigen, dass den Charakteren jede Moral abhanden gekommen ist. In leisen Tönen wird die Geschichte immer unglaublicher. Als Leser stellt man sich die Frage, inwiefern man die Charaktere für die einzelnen Schritte ihres Handelns verurteilen kann – sind sie scheinbar eine notwendige Reaktion auf die vorangehenden Ereignisse.

Ingrid Noll hat mit „Hab und Gier“ einen perfekt durchdachten Roman verfasst. Als Leser kann man sich vom schwarzen Humor, den verdrehten Moralvorstellungen der Charaktere und dessen Konsequenzen unterhalten lassen. Wer will, kann sich gedanklich aber auch intensiver mit dem Material auseinandersetzen – zahlreiche Szenen laden sicherlich zu allerlei kontroversen Diskussionen ein. Ich kann das Buch daher uneingeschränkt weiterempfehlen!

Ingrids Rezension zum Buch findet ihr hier: KLICK!

*Werbung* Weitere Informationen zum Buch

Hardcover Leinen: 256 Seiten
Erscheinungsdatum: 29. Januar 2014
Verlag: Diogenes
Handlungsort: Weinheim an der Bergstraße
Handlungszeit: Gegenwart
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