Samstag, 27. Juli 2019

[Rezension] Die Spiegelreisende: Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast - Christelle Dabos


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Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast
Autorin: Christelle Dabos
Übersetzerin: Amelie Thoma
Hardcover: 613 Seiten
Erschienen am 27. Juli 2019
Verlag: Insel Verlag
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Orphelias Identität als Thorns Verlobte ist am Hof von Faruk enthüllt. Jetzt muss sie den Familiengeist dazu bewegen, sie unter seinen Schutz zu stellen, damit sie bis zur Hochzeit überlebt. Denn am Hof gibt es zahlreiche Personen, die ihr nach dem Leben trachten und von denen eine gerade erst Thorns gesamte Familie bis auf seine Tante Berenilde ausgelöscht hat. Auf ihren Vorschlag, sich mit der Eröffnung eines Museums nützlich zu machen, ernennt Faruk sie jedoch zur Vize-Erzählerin des Hofes - eine Position, die der leisen Orphelia abwegig erscheint. Doch sie hat keine Wahl und muss Faruk und dem Hof etwas bieten, um in Sicherheit zu sein. Der Hochzeitstermin rückt unterdessen näher und Thorn lässt sich kaum blicken, während ihre Familie sich angekündigt hat. Die Lage spitzt sich weiter zu, als Orphelia Drohbriefe erhält und andere Personen am Hof, die ähnliche Schreiben erhalten haben, spurlos verschwinden.

Die Handlung dieses zweiten Bandes führt die Ereignisse des Vorgängers nahtlos weiter. Orphelia befindet sich gemeinsam mit ihrer Tante Roseline und Thorns Tante Berenilde, die ein Kind von Faruk erwartet, auf dem Weg zu einer Audienz beim Familiengeist. Sie benötigen den Schutz von Faruk dringend, um nicht aus Neid oder strategischen Überlegungen hinterrücks ermordet zu werden.

Im ersten Band habe ich den Familiengeist Faruk zwar schon kennengelernt, doch erst jetzt erfährt man mehr über ihn. Er ist extrem vergesslich, weshalb er stets von einem Gedächtnishelfer begleitet wird und die Dinge entscheidend sind, die er sich in sein Merkheft notiert. In dieses schreibt er auch den Preis, den er Orphelia für den gewährten Schutz nennt: Sie soll als Vize-Erzählerin in Aktion treten. Eine echte Herausforderung für die zurückhaltende Persönlichkeit, die ihre Stimme nicht gern erhebt.

Orphelias Bewegungsfreiheit ist nun nicht mehr so stark eingeschränkt, sodass ich an ihrer Seite den wundersamen Mondscheinpalast ausführlicher erkunden konnte. Die Autorin beschreibt diesen mit großer Kreativiät, an jeder Ecke wartet eine neue Überraschung. Bald wird es jedoch wieder ernst für die Spiegelreisende, denn ihr Auftritt im Theater steht an und Botschafter Archibald kontaktiert sie, weil einer seiner Gäste spurlos verschwunden ist.

Die Frage nach dem Verbleib der Verschwundenen ist ein spannender Handlungsstrang, welcher der Geschichte einen guten Rahmen gibt. In der Zwischenzeit dreht sich die Handlung um zahlreiche Fragen, auf die man stückweise Antworten erhält und durch die ein gutes Tempo erhalten bleibt: Können Orphelia und Berenilde ihre Plätze am Hof verteidigen? Warum ist Faruk so besessen von seinem Buch? Welche geheime Agenda verfolgt Thorn? Und wie wird Orphelias Familie auf das Leben am Pol reagieren? Es gab viele unterhaltsame und schöne Momente, aber auch Rückschläge, die mich um die liebgewonnenen Charakteren bangen ließen. Diese Sorge stellt sich als berechtigt heraus, denn die Autorin ist nicht zimperlich und auch diesmal müssen einige ihr Leben lassen.

Im zweiten Teil des Buches gibt es einen vorübergehenden Wechsel des Schauplatzes, der durch das Cover schon angedeutet wird. Dieser Tapetenwechsel hat der Geschichte gut getan und ich habe die Zeit außerhalb des Mondscheinpalastes genossen. Was zuerst wie eine Verschnaufpause wirkt führt bald ganz neuen Herausforderungen, und schließlich holt das bisher Erlebte die Charaktere schnell wieder ein. Zum Ende hin wird es richtig brenzlig und ich konnte das Buch kaum mehr aus der Hand legen. Es gibt so manchen Aha-Moment und zahlreiche Antworten werden geliefert, die zum Teil aber auch neue Fragen aufwerfen. Im Gegensatz zum ersten Band ist das Ende recht abgeschlossen, doch die offenen Fragen wecken schon jetzt meine Vorfreude auf den nächsten Band. Mir hat dieser zweite Band deutlich besser gefallen als sein Vorgänger.

Insgesamt ist „Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast“ ein lebhaft erzähltes Fantasy-Abenteuer mit einem intriganten Hof, schillernden und gefährlichen Illusionen, mysteriösen Charakteren und einer sympathischen Protagonistin.
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