Dienstag, 11. Oktober 2016

[Rezension Ingrid] Das Unglück anderer Leute von Nele Pollatschek


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Titel: Das Unglück anderer Leute
Autorin: Nele Pollatschek
Erscheinungsdatum: 11.08.2016
Verlag: Galiani Berlin (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag

„Das Unglück anderer Leute“ ist der Debütroman von Nele Pollatschek. Titelgebend ist die Grundaussage des Buchs, dass man selber bestimmen kann wie man auf ein Unglück reagiert, das anderen passiert. Wut, Trauer, Verzweiflung und Mitgefühl kann man sehr gut schauspielern, doch wenn man direkt betroffen ist, wird es schwer, seine wahren Gefühle zu verbergen.

Thene ist Mitte 20 und studiert in Oxford. Ihre Mutter Astrid ist jemand, der besonders all jene liebt, die ihrer Hilfe bedürfen und dafür darauf besteht, dass ihre Wohltat auch immer wieder thematisiert wird. Leider schafft ihr das nicht nur Freunde. Zur Verleihung ihres Mastertitels hat Thene ihre in Frankfurt lebende Mutter und ihren Vater sowie ihre Oma, die beide in Berlin wohnen, nach Oxford/England eingeladen. Typischerweise ordnet Astrid an, dass sie am Flughafenzubringer abgeholt werden will, Widerspruch zwecklos obwohl andere Möglichkeiten bestehen. Ihre Verwandtschaft steht in ihrer Schuld für alle vergangenen Dienste. Damit nimmt das Unglück seinen Lauf und breitet sich jenseits aller Wahrscheinlichkeiten in der Familie von Thene mütterlicher- wie auch väterlicherseits aus.

Auf den ersten Buchseiten plaudert Thene als Ich-Erzähler ein wenig über ihre Mutter, die seit langem von ihrem Vater geschieden ist, aber noch von zwei weiteren Männern noch jeweils ein Kind, beide jünger als Thene, bekommen hat. Sie thematisiert den Konflikt in dem sie steckt. Gerne würde sie selbstbestimmt leben, war aber bisher finanziell von ihrer Mutter abhängig und hatte sich deshalb immer wieder ihrem Willen zu beugen. Mit ihrem Masterabschluss in der Tasche sieht sie ein Ende in Sicht. Doch die Ablösung aus dieser immer wiederkehrenden Konfrontation und die Durchsetzung des eigenen Willens gehen nicht ohne Gewissensbisse vonstatten. Es ist nicht einfach, die eingefahrene Linie von jemandem zu durchbrechen, der auf seine Art und Weise stets erfolgreich war. Inzwischen hat Thene aber für sich eine Möglichkeit gefunden, dem Streit mit ihrer Mutter zu umgehen.

Nachdem ich in der ersten Hälfte der Geschichte schon mit einigen kuriosen Verwandten Bekanntschaft schließen durfte, lernte ich im Folgenden weitere sehr interessante und skurille Personen kennen, die mehr oder weniger zu Thenes Familie gehören. Obwohl Thene einiges zum Kotzen findet, kümmert sie sich trotz Wenn und Abers um diejenigen, die ihr am nächsten stehen.

Der Roman handelt von Liebe, Hass und Zusammenhalt in der Familie und ist trotz nachdenklich stimmendem Hintergrund stets mit einem humorvollen Unterton und einem Augenzwinkern erzählt. Die Geschichte trägt durchaus autobiographische Züge, weil die Protagonistin im gleichen Alter wie die Autorin ist und die Romanhandlungen an den Plätzen stattfinden, an denen auch Nele Pollatschek beheimatet ist. Allerdings führt sie die Geschichte mittels des Stilmittels der Hyperbel zu einem grandiosen, überwältigendem, unerwarteten Schluss. Mit einem lachendem und einem weinenden Auge habe ich das Buch zu Ende gelesen. Es hat mir sehr gut gefallen und ich empfehle das Buch gerne weiter.


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