Freitag, 22. März 2024

Rezension: Hallo du Schöne von Ann Napolitano

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Hallo du Schöne
Autorin: Ann Napolitano
Übersetzer: Werner Löcher-Lawrence
Erscheinungsdatum: 26.02.2024
Verlag: Dumont (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783832169459
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In ihrem Roman „Hallo du Schöne“ betrachtet die US-Amerikanerin Ann Napolitano verschiedene Familienkonstellationen und deren mögliche Vor- und Nachteile. Aus einer personalen Erzählperspektive geschrieben, nimmt die Autorin die Schwestern Julia und Sylvie Padavano sowie William Waters in den Fokus. Zu Beginn des Romans sind die drei Protagonist(in)en am Beginn ihres Studiums beziehungsweise ihrer Ausbildung. Im letzten Drittel kommt noch eine weitere interessante Perspektive einer jüngeren Person hinzu. Titelgebend für das Buch ist die typische Begrüßung von Vater Padavano für seine vier Töchter. Das Cover ist ein richtiger Hingucker, der meiner Meinung nach bestens zum Titel passt.

Die Geschichte beginnt 1978 und endet 2008. William gab mir als Leserin zunächst einen Einblick in seinen Alltag als Student und erfolgreicher Basketballspieler. Er erinnert sich aber auch an seine Kindheit und Jugend. Gleich der erste Satz des Roman erschütterte mich mit einem einschneidend tragischen Ereignis, denn Williams Schwester starb wenige Tage nach seiner Geburt. Seine Eltern verharren in ihrer Trauer und er erfährt wenig Zuneigung von ihnen. Als er mit achtzehn Jahren die ein Jahr jüngere Julia am College in Chicago kennenlernt, erlebt er in deren Familie einen außergewöhnlichen Zusammenhalt. Zwar gibt es auch zwischen den Geschwistern und deren Eltern Zwistigkeiten, doch sie lachen gemeinsam und unterstützen sich bei Ängsten und Sorgen.

Julia hat bestimmte Vorstellungen von ihrer Zukunft, bei der sie eine Karriere anstrebt und sich an der Seite als Ehefrau von William sieht. Die scheue Sylvie wünscht sich eine große Liebe, doch zunächst gibt sie sich mit Liebeleien zwischen den Regalen der Bibliothek, in der sie arbeitet, zufrieden. Ihr jüngeres Geschwister Cecelia hat eine künstlerische Ader und ist ein Freigeist, wohingegen ihre Zwillingsschwester Emeline eine fürsorgliche Art hat. Die vier Frauen halten in allen Krisen zueinander, aber als das Schicksal 1983 besonders hart zuschlägt, steht ihr Zusammenhalt auf dem Prüfstand und treibt die Familie auseinander. Das letzte Drittel des Romans bringt nochmal, so wie der Beginn, eine Feststellung, die ins Bewusstwerden einschneidet.

Ann Napolitano versteht es, die Einsamkeit, die einer Person innewohnen kann, sichtbar zu machen. Wenn man allein lebt, ist man mitunter nicht so einsam, als wenn man sich nicht geliebt und behütet fühlt. Obwohl William Wertschätzung in seinem Umfeld erfährt, hat er das psychische Trauma seiner Kindheit nie aufgearbeitet. Durch die Erzählperspektive lassen sich die Beweggründe für das Handeln der einzelnen Figuren sehr gut nachvollziehen. Nicht immer gibt es eine beste Lösung für Probleme im Leben. Ann Napolitano zeigt auf berührende Weise wie wichtig es ist, andere Ansichten zu respektieren, zu verzeihen und zu vergeben.

Durch den Wechsel zwischen den Erzählperspektiven überschneidet sich die Handlung an manchen Stellen, was im mittleren Teil zu kleineren Längen führt, aber auch für ein tieferes Verständnis des Verhaltens von William, Julia und Sylvie sorgt. Liebe in vielen Facetten sorgen in der Geschichte für ein abwechslungsreiches Lesen, kleine Geheimnisse bringen eine hintergründige Spannung.

In ihrem Roman „Hallo du Schöne“ verbindet Ann Napolitano erfreuliche und tragische Ereignisse einer US-amerikanischen Familie über dreißig Jahre hinweg. Es gelang ihr, die Gefühle der handelnden Personen an mich als Leserin weiter zu transportieren. Daher vergebe ich sehr gerne eine Leseempfehlung.

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