Freitag, 4. März 2016

[Rezension Ingrid] Eine Therapie für Aristoteles von Melanie Sumner



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Titel: Eine Therapie für Aristoteles
Autorin: Melanie Sumner
Übersetzerin: Eva Kemper
Erscheinungsdatum: 16.02.2016
Verlag: Dumont Verlag 
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen

Der Titel des Buchs „Eine Therapie für Aristoteles“ von Melanie Sumner ließ mich zunächst daran denken, dass die namensgebende Person eine zu heilende Verhaltensauffälligkeit hat und der Roman diesen Prozess beschreibt. Aber das wäre viel zu naheliegend, ist allerdings dennoch ein wenig wahr. Erst das Blatt auf dem Cover, das sich aus der Schreibmaschine rauswindet, führt den Leser in Kombination mit dem Titel zum Inhalt.

Die 12 ½ jährige Aristoteles Thibodeau, kurz Aris genannt, hat von ihrer Mutter Diane, einer Dozentin für Anglistik, das Buch „Romane schreiben in 30 Tagen!“ erhalten. Diane ist neben ihrem Beruf mit der Erziehung von Aris und dem vier Jahre jüngeren Max manches Mal überfordert. Ihr Mann starb, als Max noch nicht geboren war. Aris‘ Bruder ist wegen seiner hohen Sensibilität in therapeutischer Behandlung und eigentlich wäre für Aris eine solche auch angebracht. Weil ihre Mutter aber immer wieder vergisst, einen Termin für sie zu vereinbaren, nimmt sie das geschenkte Buch als Ersatz. Kapitelweise arbeitet sie sich voran, inklusive Schreibübungen. Der vorliegende Roman ist bereits das Ergebnis des Schreibprozesses und so begleitet der Leser Aris bei der Entstehung ihres Erstwerks.

Getreu ihrem Schreiblernbuch beginnt sie mit einem Vorwort, das eigentlich keines ist. In der nachfolgenden Einleitung lässt die Autorin ihre Protagonistin den Leser um Verständnis bitten, dass ihre Schreibweise gelegentlich nicht ihrem Alter entspricht. Obwohl Aris eine große Selbständigkeit von ihrer Mutter zugewiesen wird, ist sie von ihrer Einsicht in Sinnzusammenhänge und im Erkennen von Gefühlslagen her Gleichaltrigen weit voraus. Melanie Sumner nutzt jedoch die Naivität um immer wieder Leichtigkeit in die doch so ernste familiäre Situation zu bringen. Denn die Familie hat es nicht leicht, Diane weiß oft kaum wie sie das Schulgeld für Aris und Max aufbringen soll. Aris wünscht sich daher, schnell einen Bestseller zu schreiben. Das Buch gibt den Zeitrahmen vor, aber so einfach gestaltet sich das Schreiben nicht. Es gilt, bestimmte Kriterien zu beachten, die vorhanden sein sollten.

Aris Erfahrungswerte beschränken sich auf ihre eigene Vergangenheit und die ihrer Familie. Doch was sich eher langweilig anhört, wird im Roman zu einem Spiel der Realität mit Tiefgang. Nicht nur Aris Auseinandersetzung mit dem Tod ihres Vaters, sondern auch mit Themen wie Religionszugehörigkeit und Rassismus machen diesen Roman aus. Und so ganz nebenbei versucht Aris sich auch darin, einen neuen Vater für sich und Ehemann für Diane zu finden.

„Eine Therapie für Aristoteles“ ist ein Buch, dem man das US-amerikanische Setting anmerkt, das aber auch in Europa spielen könnte. Neben der amüsanten und doch nachdenklich stimmenden Lektüre lernt der Leser gleich noch etwas über das Schreiben von Romanen. Das Aris ihr Projekt beenden wird, steht nie in Zweifel, schließlich liegt es in den Händen des Lesers. Ein ungewöhnliches Buch mit einer frischen Idee, das ich gerne weiterempfehle.

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