Die schwedische Autorin Elin Anna Labba widmet sich in ihrem
Debütroman „Das Echo der Sommer“ der Geschichte der Samen, dem indigenen Volk
des Nordens, dem sie selbst entstammt. Früher folgten sie stets ihren
Rentierherden. Sie nutzten im Sommer Weiden oberhalb der Baumgrenze im Fjäll,
also dem Gebirge. Im Winter fanden sie Weideland in geschützten Wäldern.
Die Handlung beginnt im Jahr 1941 als Ravdna, ihre Schwester
Anne und ihre dreizehnjährige Tochter Inga im Norden von Schweden am Ufer eines
Sees zusehen, wie das Wasser zunehmend ihre im Sommer genutzte kuppelförmige
Torfkote und weitere Koten von anderen Dorfbewohnern flutet. Der schwedische Staat
betrachtet die Samen als nicht sesshaft und verweigert ihnen damit das Recht
auf eigenes Land. In unregelmäßigen Abständen wird der Staudamm am See erhöht,
um mit Wasserkraft mehr Strom zu gewinnen. Zunächst wird auf das Hab und Gut
der samischen Bevölkerung keine Rücksicht genommen. Während Anne zunehmend resigniert,
beginnt Ravdna auf ihre Weise für die Rechte ihres Volks und den Erhalt ihrer
kulturellen Identität zu kämpfen. Es wird ein langer und steiniger Weg.
Elin Anna Labba erzählt realistisch von dem entbehrungsreichen
Alltag der Samen: von ihren Lebensgewohnheiten und Ritualen, von ihrer Kleidung
und ihrer Ernährung. Im Laufe der Erzählung lernte ich mehr über die Historie
des Volks. Durch die Perspektive der drei Protagonistinnen mit Mutter, Tochter
und Schwester erfuhr ich auch vom familiären Miteinander und der gegenseitigen
Unterstützung im Alltag. Samische Männer sind in der Regel im Sommer mit den
Rentieren unterwegs. Die Frauen in den dörflichen Ansammlungen sind geschickt
und fertigen diverse Artikel, die sie, wann immer möglich zum Verkauf anbieten,
vor allem an Touristen. Themen wie Liebe oder Partnerschaft spielen hingegen
eine eher untergeordnete Rolle.
Immer wieder wird samisch gesprochen, was den Lesefluss
unterbricht, jedoch zur authentischen Atmosphäre beiträgt. In freien Versen
lässt die Autorin zu Beginn, zwischen den Kapiteln und am Ende eindrucksvoll
den See selbst zu Wort kommen. So verstärkt sie die poetische und zugleich
beklemmende Stimmung ihres Romans
„Das Echo der Sommer“ erzählt anhand dreier Protagonistinnen einen bewegenden Ausschnitt aus der schicksalhaften Geschichte der Samen. Abseits des Dramas um die wiederholten Überflutungen ihrer Siedlung entwickelt sich der Roman in ruhigem Ton und vermittelt ein tiefes Gefühl für das Leben im Einklang mit der Natur. Ich habe beim Lesen viel über ein mir bisher unbekanntes Stück Zeitgeschichte erfahren, ebenso wie über samische Kultur und Lebensart. Der Umgang des schwedischen Staats mit diesem indigenen Volk lässt mich nach dem Beenden der Lektüre nachdenklich zurück. Gerne empfehle ich das Buch weiter.