Samstag, 15. November 2025

Rezension: Essen von Alina Bronsky aus der Reihe Hanser Berlin Leben

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Essen (Reihe Hanser Berlin Leben)
Autorin: Alina Bronsky
Erscheinungsdatum: 16.09.2025
Verlag: Hanser Berlin (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783446281523
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In ihrem Essayband „Essen“ versammelt Alina Bronsky in zwölf Kapiteln Gerichte und Getränke, die für sie in besonderen Momenten ihres Lebens eine Rolle gespielt haben oder immer noch spielen. Im Prolog blickt sie auf die Bedeutung der Nahrung und des Geschmacks sowie auf die zahlreichen Phrasen in unserer Sprache, die darauf anspielen.

Mit den Speisen, die die Autorin beschreibt, verknüpft sie verschiedene private Erinnerungen. Es ergibt sich eine Art unterhaltsame Biografie. Zu Beginn der 1990er Jahre immigriert sie im jugendlichen Alter mit ihren Eltern aus der Nähe des Urals nach Hessen. Die Mahlzeiten lehren sie einiges über die Kultur der beiden Gegenden.

Die von Alina Bronsky beschriebenen Gerichte und Getränke sind durchweg nicht aufwendig gestaltet und doch aufgrund des persönlichen Charakters etwas Besonderes. Am Ende jeden Kapitels schildert die Autorin die Herstellung, die jeweils höchstens eineinhalb Seiten einnimmt. Auch in ihren Büchern wird häufiger gekocht und gemeinsam gegessen, so dass sich gelegentlich Hinweise auf ihre Romane finden. Immer wieder blitzt die feine Ironie durch, die ihrem Schreibstil eigen ist und sorgt für einen amüsanten Unterton.

Das beschriebene Essen weckte auch bei mir Erinnerungen und den Wunsch, die Rezepte zu erproben. In einem Epilog geht die Autorin darauf ein, dass ein Gericht für Andere eine ganz verschiedene Rolle im Leben einnehmen kann als für sie. Während der Ideen- und Schreibphase wurde sie mit zahlreichen Ideen mit Anregungen über Nahrungsmitteln aus ihrem Umkreis geflutet über die sie schreiben könnte.

Vor allem aufgrund der persönlichen Perspektive auf die beschriebenen Gerichte und Getränke fand ich das Buch „Essen“ von Alina Bronsky aus der Serie „Leben“ des Verlags Hanser Berlin besonders lesenswert. Ich empfehle es gerne weiter.

Mittwoch, 12. November 2025

Hinter Trümmern neues Licht - Ferne Heimat, Band 2 von Ingrid Eßer, Informationen zum Roman

 



Zweiteiliger Roman: Ferne Heimat
Band 2: Hinter Trümmern neues Licht

Kann auch unabhängig von
Band 1: Hoffnung in stürmischer Zeit gelesen werden
 

 


Autorin:
Ingrid Eßer
Genre: Roman, basierend auf wahren Ereignissen
Zielgruppe: Erwachsene


Klappentext: Im Frühjahr 1945 rückt die Kampffront der Roten Armee unaufhaltsam näher an das kleine Dorf in der Niederlausitz heran, in dem Anna mit ihren sieben Kindern Aufnahme gefunden hat. Einige Tage nach der Einnahme des Ortes macht sich die Familie auf den Weg zurück in die Heimat im Rheinland, ohne zu ahnen, welche Strapazen und Entbehrungen vor ihnen liegen. Getragen von Zusammenhalt und der selbstlosen Hilfe fremder Menschen bewahren sie dennoch die Hoffnung, unversehrt heimzukehren.

 





 

  • Ein berührender Roman über Gefahren, Mut und Hoffnung am Ende und nach dem Zweiten Weltkrieg nach wahren Begebenheiten
  • Selten beleuchtete Kapitel der Geschichte: Evakuierung des Rheinlands 1944/45 und der Einzug der Roten Armee in Preußen, Provinz Sachsen 1945
  • Eine starke Mutterfigur und das Coming-Of-Age ihrer ältesten Tochter: packend, mitreißend, erschütternd
Leseprobe bei Books on Demand

Blogger*innen (ab 1.000 Follower) und Presse (Kopie des Journalistenausweises bitte mit senden) richten ihre Anfrage für ein kostenloses Rezensionsexemplar an: presse@bod.de
Buchhandlungen schreiben für ein kostenfreies Leseexemplar an: buchhandel@bod.de

Der Roman ist in (fast) jeder Buchhandlung vor Ort und online anhand der ISBN (siehe unten) bestellbar. Als Autorin verkaufe ich selbst keine Bücher




„Am 8. Mai 1945, 14 Tage nach dem Einmarsch der russischen Truppen, verließen wir auf Befehl des Bürgermeisters unseren Aufenthaltsort, […].“ Magdalena, Mutter der Autorin, im Januar 1947

 


 

Erscheinungsdatum:

12.11.2025

Seitenzahl:

287

Format:

Paperback, strukturgeprägt

ISBN:

9783819268120

Verkaufspreis:

E-Book ISBN

15,99 EUR

9783695141012
bis 7.1.2026 
4,99 €,
später 7,99 €


VITA: Ingrid Eßer, geboren 1963,wuchs in einem Dorf im Rheinland auf, einem der zentralen Schauplätze ihres zweiteiligen Romans „Ferne Heimat". Sie studierte Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Finanzwirtschaft sowie den Nebenfächern Wirtschaftsinformatik und Psychologie. Berufliche Erfahrungen sammelte sie im Steuerbüro und in der Verwaltung. Gemeinsam mit ihrer Tochter betreibt sie seit vielen Jahren den Bücherblog „Buchsichten“. Schon seit ihrer Jugend fasziniert sie die Geschichte ihrer Familie. Mit ihrem Mann lebt sie am Niederrhein.
Mail: autorin.i.esser@gmx.de
Instagram: @buchsichten

Dienstag, 11. November 2025

Rezension: Grand Hotel Avalon von Maggie Stiefvater

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Grand Hotel Avalon
Autorin: Maggie Stiefvater
Übersetzerin aus dem amerikanischen Englisch: Sabine Hübner
Erscheinungsdatum: 24.09.2025
Verlag: S. Fischer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783103975666
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Mit „Grand Hotel Avalon“ legt Maggie Stiefvater ihren ersten Roman für Erwachsene vor. Die Handlung ist angesiedelt in der beeindruckenden Landschaft der Appalachen in West Virginia, die die Autorin bestens kennt, weil sie unweit davon entfernt mit ihrer Familie lebt.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht June Porter Hudson, die Hotelleiterin des titelgebenden fiktiven Hotels, dem zentralen Ort des Geschehens. Die Handlung umfasst wenige Monate der Jahre 1942 und 1943. June wurde von ihrem Vorgängen, dem früheren, inzwischen verstorbenen Besitzer des Hauses, seit ihrer Jugend auf ihre Rolle vorbereitet. Sie ist eine bemerkenswerte Frauenfigur und in einer Führungsposition, die zur damaligen Zeit durchaus nicht alltäglich war.

Doch es ist nicht nur der Luxus, für den das Hotel mit seinen etwa vierhundert Zimmern bekannt ist. Legendär sind hier die Behandlungsmöglichkeiten durch geheimnisvolles, süßes Heilwasser und nur June kann es kontrollieren, denn es scheint die Stimmungen aller Menschen im Haus wahrzunehmen. Mit ihren eigenen Emotionen kann die Hotelleiterin durch stundenlangen Aufenthalt im Wasser gegensteuern und auf diese Weise verhindern, dass das Wasser umschlägt. Zahlreiche Schnecken dienen dabei als Warnsignal. Das Covermotiv greift dieses Symbol auf und deutet den Zusammenhang mit den Weichtieren an. Die schwarz-weiße Gestaltung lässt zugleich die Epoche anklingen, in der die Handlung angesiedelt ist.

Das wunderschöne Setting ist eine Stärke des Romans. Das Hotel ist imposant und befindet sich in einer traumhaften Kulisse in den Bergen. Hier können die wohlhabenden Gäste entspannen und ihre Sorgen vergessen. Doch der Krieg verschont auch diese Idylle nicht. Die Autorin hat eine wenig bekanntes historische Kapitel eingefangen. Sie schreibt darüber, dass statt zahlender Besucher dreihundert Diplomaten der Achsenmächte und ihre Familien dort interniert werden, wie es in der Realität zur damaligen Zeit in mehreren bekannten Hotels tatsächlich stattfand.

Leider verliert sich die Erzählung stellenweise im Detail. Häufige Rückblenden in Junes Vergangenheit lassen die Handlung in der Gegenwart nur behäbig voranschreiten. Zwar treten zwischen den Diplomaten immer wieder Intrigen zutage, doch Spannung entwickelt sich kaum. Das Verhalten einiger Figuren wirkt zudem manchmal überraschend modern, was das historische Flair der 1940er Jahre abschwächt. Der magische Realismus sorgt für einen Hauch magischer Atmosphäre, bleibt jedoch in seiner Bedeutung für die Handlung eher vage und trägt wenig zur Dramaturgie bei.

In ihrem Roman „Grand Hotel Avalon“ verknüpft Maggie Stiefvater einen beeindruckenden Schauplatz, eine starke Protagonistin sowie politische Verwicklungen und eine leise Liebesgeschichte. Trotz dieser vielversprechenden Ansätze für eine ungewöhnliche Erzählung über Verantwortung und Loyalität bleibt die Ausführung leider hinter ihrem Potenzial zurück und konnte meine Erwartungen nicht ganz erfüllen.  

Sonntag, 9. November 2025

Rezension: Die Spur der Vertrauten von Christelle Dabos


Die Spur der Vertrauten
Autorin: Christelle Dabos
Übersetzerinnen: Amelie Thoma & Nadine Püschel
Hardcover: 640 Seiten
Erschienen am 8. Oktober 2025
Verlag: FISCHER Sauerländer
Link zur Buchseite des Verlags

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Goliath ist ein Schützer. Wenn sich innerhalb seiner Reichweite jemand in Gefahr befindet, dann kann er nicht umhin, einen Rettungsversuch zu starten. Inzwischen hat er zehn Leben gerettet, im Gegenzug sind seine Arme inzwischen durch Prothesen ersetzt. Doch nur wer vor der Volljährigkeit elf Leben rettet ist ein Tugendhafter und kann den Weg der Heiligung einschlagen. Goliath läuft die Zeit davon. Als er davon hört, dass mehrere junge Erwachsene spurlos verschwunden sind, weiß er: Diesen Fall muss er lösen, dann hat er genug Leben auf seinem Konto. Bei seinen Nachforschungen begegnet ihm die Vertraute Claire. Zunächst widerwillig tun die beiden sich zusammen, ohne zu ahnen, dass ihr Handeln bald von Bedeutung für den gesamten Kontinent sein wird.

Ich habe die Spiegelreisenden-Reihe der Autorin sehr gerne gelesen und mich daher auf ein neues Buch aus ihrer Feder geschmückt. Erneut beweist Christelle Dabos, dass sie großartiges Worldbuilding betreiben kann. Ich fand die Idee der verschiedenen Talente, die innerhalb einer individuellen Reichweite erzwungenermaßen zugunsten des Wir ausgeübt werden müssen, spannend. Dabei gibt es nicht nur Dinge wie reparieren, rechnen oder zuhören, sondern so ziemlich alles. Die Autorin weiß das geschickt einzusetzen, um im Handlungsverlauf immer wieder für Überraschungen zu sorgen.

Schnell hatte ich mich in die Welt der durchs Wir gesteuerten Instinkte eingefunden und war mittendrin in einem spannenden Kriminalfall. Doch dabei bleibt es nicht. Die Geschichte zieht bald sehr viel größere Kreise. Ein schwerwiegendes Geheimnis ruft verschiedene Parteien auf den Plan, die schon zahlreiche Leben gerettet haben und gleichzeitig bereit sind, über Leichen zu gehen. Die Geschichte ist temporeich und spannend, die Überlegungen rund um das Handeln im Wohl des Wirs haben aber auch durchaus philosophische Züge. Zum Ende hin fand ich das Handeln einiger Personen zu naiv und ich hätte mir im Hinblick auf die Ursprünge der Instinkte noch mehr Aufklärung gewünscht. Insgesamt konnte mich die Geschichte wirklich gut unterhalten, weshalb ich sie gerne weiterempfehle.


Freitag, 7. November 2025

Rezension: Die kleine Rittereule feiert Weihnachten von Christopher Denise


Die kleine Rittereule feiert Weihnachten
Autor: Christopher Denise
Übersetzer: Uwe-Michael Gutzschhahn
Pappbilderbuch: 24 Seiten
Erschienen am 29. Oktober 2025
Verlag: FISCHER Sauerländer
Link zur Buchseite des Verlags

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Die kleine Rittereule freut sich gemeinsam mit Früher Vogel auf Weihnachten. Es werden Plätzchen gebacken, Geschenke verpackt, Weihnachtslieder gesungen, im Schnee gespielt und natürlich wird der Baum geschmückt. Auch die Freunde der beiden sind mit dabei. Am Ende heißt es dann: Frohe Weihnachten!

Das Buch ist mein erstes von der kleinen Rittereule und mit seinen dicken Pappseiten super für die kleinen Hände meines Sohnes geeignet. Er war sofort schockverliebt in die liebevollen Zeichnungen. Eigentlich wollte ich es nur ein paarmal mit ihm lesen und dann noch mal für ein paar Wochen auf Seite packen. Doch er hat es gleich zu seinem neuen Favoriten erkoren und damit die Vorbereitung auf die Weihnachtszeit eingeläutet.

Auf den einzelnen Seiten steht nicht viel Text, sondern wir sehen Rittereule und Früher Vogel bei den Weihnachtsvorbereitungen mit ihren Freunden. Die Bilder, auf denen die beiden gemeinsam mit den Drachen Schlitten fahren und den Baum schmücken, schaut sich mein Sohn am allerliebsten an. Die Geschichte vermittelt die Nachricht, dass das schönste an Weihnachten die gemeinsam verbrachte Zeit mit denen ist, die man gern hat. Ich kann dieses schöne Pappbilderbuch für die Weihnachtszeit mit den Kleinsten wärmstens weiterempfehlen!


Montag, 3. November 2025

Rezension: Tote Seelen singen nicht von Jussi Adler Olsen, Line Holm und Stine Bolther

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Tote Seelen singen nicht
Autoren: Jussi Adler Olsen, Line Holm und Stine Bolther
Übersetzerin aus dem Dänischen: Friederike Buchinger
Erscheinungsdatum: 01.10.2025
Verlag: Penguin (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783328603450
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Der dänische Autor Jussi Adler Olsen hatte die Fälle des Sonderdezernats Q zunächst auf zehn Bände ausgelegt. Etwas mehr als ein Jahr nach dem Erscheinen des zehnten Teils „Verraten“ wird die Serie jedoch mit dem Thriller „Tote Seelen singen nicht“ fortgeführt, allerdings sind nun auch Line Holm und Stine Bolther als Autoren verantwortlich. Beide haben Erfahrung im gemeinsamen Schreiben von Kriminalromanen und sind bisher erfolgreich mit mehreren Titel rund um die Polizeihistorikerin Maria Just, die ebenso wie das Sonderdezernat Q in Kopenhagen ermittelt.

Das Autoren-Trio verschafft den Lesenden einen Vorsprung in Bezug auf das Motiv, denn im Prolog wird eine Begebenheit aus dem Jahr 1989 geschildert, bei der mehrere Kinder eines Internats für Gesangstalente einen Mitschüler mobben. Die Folgen des feindseligen Verhaltens reichen bis in die Gegenwart.

Die Mitarbeiterin eines kommunalen Angebots für Demenzkranke entdeckt zufällig eine nie bearbeitete Nachricht auf dem Anrufbeantworter einer früheren Kollegin, in der jemand verzweifelt um Hilfe bittet. Aus den Medien weiß sie von Carl Morck, dem früheren Leiter des Sonderdezernats Q, der seit drei Jahren nur noch als Berater auf Honorarbasis für das Kommissariat tätig ist und ansonsten Kriminalromane schreibt. Carl bringt den Fall zu Assad und Rose, die sich gerade mit einer neuen Kollegin arrangieren müssen. Helena Henry war bisher bei der Kriminalpolizei in Lyon im Bereich Organisiertes Verbrechen tätig. Das Sonderdezernat soll für sie nur eine vorübergehende Lösung sein. Während sie versucht, sich im neuen Job zu bewähren, hadert Rose mit der Vorgehensweise von Helena.

Assad bemerkt durch Zufall Narben auf Helenas Schulterblatt. Sie schweigt sich jedoch über ihr Privatleben aus. Im Laufe der Geschichte wird es zu einem Running Gag, dass beide mit der dänischen Sprache kleine Verständnisprobleme haben. Der aus Syrien stammende Ermittler hat zudem familiäre Sorgen, denn seine älteste Tochter möchte einen Beruf ergreifen, der ihm missfällt. Die stets resolut auftretende Rose hingegen ist verärgert, weil Terje Ploug, der neue Chef der Kriminalpolizei Kopenhagen, sie über Helenas Hintergrund im Dunkeln lässt. Es ist lediglich zu erfahren, dass sie bereits einige Erfolge verzeichnen kann. Eigene Recherche erweisen sich als schwierig. Zusätzlich kämpft Rose mit gesundheitlichen Problemen. Der Teamgeist des Sonderdezernats ist brüchig, vor allem weil es am Vertrauen in Helenas Kompetenz fehlt. Es ist also ausreichend für Konfliktpotential außerhalb der Fallermittlungen gesorgt.

Von Beginn an wird Spannung aufgebaut, die sich bis zum Ende stetig steigert, denn die ehemaligen Internatsschüler müssen sich zunehmend mit den Konsequenzen ihrer damaligen Tat auseinandersetzen. Als der Zeitdruck wächst, zeigen alle Ermittelnden noch einmal ihre Stärken. Ein Stück weit lüftet das Autoren-Trio das Geheimnis um Helenas Vergangenheit. Es fehlen jedoch noch weitere Details, so dass ich nun auf eine baldige Fortsetzung hoffe.

Mit dem Thriller „Tote Seelen singen nicht“, dem elften Fall für das Cold Case Dezernat der Kopenhagener Polizeibehörde, liefern Line Holm und Stine Bolther gemeinsam mit Jussi Adler-Olsen einen fesselnden Thriller, der den bisherigen Bänden in nichts nachsteht. Die Aufklärung erweist sich als komplex und die Verstrickungen der einzelnen Taten sind weitreichender, als es zunächst den Anschein hat. Mit Helena Henry wird dem Sonderdezernat Q eine neue Ermittlerin zugewiesen, über deren Vergangenheit ein dunkles Geheimnis liegt, was für zusätzliche Neugier sorgt. Ich empfehle das Buch allen Fans ungelöster Kriminalfälle, die neu aufgerollt werden. Für Anhänger von Carl Morck ist der vorliegende Triller ein Must-Read.

Sonntag, 2. November 2025

Jetzt schon? Schlummerzeit für kleine Tiere von Annette Moser und Sonja Schweiger


Jetzt schon? Schlummerzeit für kleine Tiere
Autorin: Annette Moser
Illustratorin: Sonja Schweiger
Pappbilderbuch: 16 Seiten
Erschienen am 29. Oktober 2025
Verlag: Penguin Junior
Link zur Buchseite des Verlags

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Max Meise, Ella Eichhörnchen, Samu Siebenschläger und Franzi Fuchs haben den ganzen Tag gespielt. Doch dann wird es Abend und damit Zeit, schlafen zu gehen. Einer nach dem anderen wird von einem Elternteil nach Hause gerufen – ins Nest, in den Kobel, in die Baumhöhle und ins Wurzelbett. Erst murren die vier – Jetzt schon? – doch dann sind sie bald eingeschlafen und freuen sich auf den nächsten Tag.

Dieses Pappbilderbuch beginnt mit einer hellen, heiteren Szene, in der die vier kleinen Freunde Verstecken spielen. Auf jeder Seite wird es dunkler, womit schön signalisiert wird, dass es nun an der Zeit ist, schlafen zu gehen. Nacheinander wird jedes Kind mal von Mama, mal von Papa nach Hause gerufen und kuschelt sich in sein Bett. 

Die vier Doppelseiten, auf denen die Tiere ins Bett gehen, sind vom Text her und optisch sehr ähnlich aufbereitet. Dadurch wird gelungen signalisiert: Jeder muss ins Bett, wenn es dunkel wird! Auf den letzten zwei Doppelseiten sieht man dann erst alle aus der Ferne und dann aus der Nähe schlummern. Der Text ist mal in Reimform und mal normal geschrieben, was mich etwas im Vorlese-Fluss stört. Mal liest man mit und dann wieder ohne Rhythmus. Die weichen Zeichnungen gefallen mir sehr gut und machen gemeinsam mit der Geschichte den Kleinsten Lust, das Buch immer wieder als Einschlafgeschichte auszuwählen.

Mittwoch, 29. Oktober 2025

Rezension: Der Sohn und das Schneeflöckchen von Vernesa Berbo

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Der Sohn und das Schneeflöckchen
Autorin: Vernesa Berbo
Erscheinungsdatum: 04.09.2025
Verlag: Frankfurter Verlagsanstalt (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783627003319

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Im April 2022 steht in Berlin ein Kriegsverbrecher vor Gericht, dem vorgeworfen wird, während der Belagerung Sarajevo in den 1990er Jahren Gräueltaten begangen zu haben. Suade genannt Dada, ist Mitte vierzig und arbeitet in diesem Prozess, wie schon in vielen zuvor, als Übersetzerin. Vor dreißig Jahren floh sie selbst aus der heutigen Hauptstadt Bosnien-Herzegowinas. Bis heute weiß sie nicht, ob ihre Eltern und ihre ältere Schwester Dijana den Krieg überlebt haben, weil sie im Streit gegangen ist.

Ihre Gedanken kehren zurück in den März 1992, als Bosnien seine Unabhängigkeit von Jugoslawien erklärte und kurz darauf Sarajevo besetzt wurde. Was damals und in den folgenden Monaten geschah, erzählt Vernesa Berbo in ihrem Debütroman „Der Sohn und das Schneeflöckchen“. Die vom Vater liebevoll vergebenen Spitznamen der Schwestern sind dabei titelgebend.

Die Autorin lebte während des Jugoslawienkriegs selbst eine Zeit lang in Sarajevo und floh, wie Dada, 1993 nach Berlin. Dieser biografische Hintergrund verleiht ihren Schilderungen besondere Authentizität. Sie beschreibt eindringlich die Teilung der Stadt, die jahrelang für ihre Toleranz und religiöse Vielfalt bekannt war. Mit dem Beginn des Krieges ging ein tiefer Riss durch die Gesellschaft. Der Konflikt wurde mit brutaler Härte geführt. Scharfschützen bedrohten das Leben der Bewohner, so dass es gefährlich war, sich im Freien aufzuhalten. Für feinfühligere Leserinnen und Leser können die Beschreibungen belastend sein, ein Hinweis auf Trigger fehlt jedoch im Buch.

Die Erinnerungen von Dada werden in einer auktorialen Erzählperspektive wiedergegeben, während Dijana das Erlebte aus der Ich-Perspektive schildert. Zu Beginn des Krieges sind die Schwestern fünfzehn beziehungsweise achtzehn Jahre alt. Sie genießen ihre Jugend, amüsieren sich mit Freunden und verlieben sich. Doch mit den Kämpfen wächst ihre Wut darüber, nichts zu einem Ende der Gewalt beitragen zu können. Menschen aus ihrem Umfeld stehen ihnen plötzlich als Feinde gegenüber. Beide finden sehr unterschiedliche Wege, sich dem entgegenzustellen. Aber an die ständig drohenden Angriffe gewöhnen sie sich nie.

In ihrem Roman „Der Sohn und das Schneeflöckchen“ zeigt Vernesa Berbo eindrücklich die Realität der Zivilbevölkerung in einer umkämpften Stadt und das auch noch Jahrzehnte später verbleibende Trauma. Sie richtet ihren Fokus besonders auf die Frauen, die versuchen, den Alltag mit ihren Kindern weiterzuführen, jedoch ständig von Gewalt bedroht sind. Diese berührende Geschichte bleibt im Gedächtnis. Ich empfehle sie all jenen, die sich mit dem Krieg und dessen Folgen auseinandersetzen möchten.

Freitag, 24. Oktober 2025

Rezension: Dius von Stefan Hermans

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Dius
Autor: Stefan Hermans
Übersetzerin aus dem Niederländischen: Ira Wilhelm
Erscheinungsdatum: 22.10.2025
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783257073560
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Es sind die 1980er Jahre. Anton ist Dozent an der Kunsthochschule und arbeitet gerade an seiner Doktorarbeit. Eines Tages klingelt einer seiner Studenten, Egidius de Blaeser, kurz Dius genannt, an seiner Haustür. Er bittet ihn darum, eintreten zu dürfen und begründet seinen Wunsch mit einer Überraschung für den Kunsthistoriker. Noch ahnen beide nicht, dass aus diesem ersten Besuch eine Freundschaft entstehen wird, die ihr Leben nachhaltig verändert.

Der Belgier Stefan Hertmans schildert in seinem Roman „Dius“ die besondere Verbundenheit von Anton und der titelgebenden Figur. Die eingangs beschriebene Szene hat er selbst erlebt. Im Übrigen ist die Geschichte fiktiv, jedoch inspiriert von eigenen Freundschaften des Autors. Die Handlung spielt auf zwei Zeitebenen und wird von Anton in einer reflektierenden Ich-Perspektive erzählt, die es ihm erlaubt, seine Erinnerungen aus der Distanz der Gegenwart zu betrachten und ihnen eine neu gewichtete Bedeutung zu verleihen.

Der Autor beschreibt Gefühle mit Tiefe und Authentizität, die auch in der deutschen Übersetzung aus dem Niederländischen erhalten bleiben, nicht zuletzt weil Stefan Hertmans selbst sehr gut Deutsch spricht und eng mit der Übersetzerin zusammengearbeitet hat. Die Freundschaft zwischen Anton und Dius ist geprägt von gegenseitigem Respekt und Akzeptanz. Über ihre gemeinsame Liebe zur Kunst hinaus gewährt sie Einblicke in private Lebenswelten und innere Konflikt. Die beiden sind in schwierigen Situationen füreinander da. Es gibt aber auch Handlungen, die zu Unverständnis und Verärgerung des jeweils anderen führen.  

Viele Meisterwerke der Kunst beschreibt Stefan Hertmans so eindringlich, dass man beim Lesen selbst nachsehen möchte, ob das erwähnte Detail tatsächlich auf dem Objekt zu finden ist. Ebenso lebendig sind seine Schilderungen der Polderlandschaften an der belgischen Küste. Anhand der eindringlichen Beschreibungen kann man sie sich bestens vorstellen. Für beide Protagonisten ist das Genießen der Natur ein Weg, zur Ruhe zu kommen und wieder zu sich selbst zu finden. Zugleich wird in der Ausführung deutlich, wie der fortschreitende Klimawandel und die zunehmende Bebauung das Gesicht der Region im Laufe der Jahre verändert haben.

Stefan Hertmans fasziniert mit seinem Roman „Dius“ durch die feinfühlige Darstellung einer außergewöhnlichen Freundschaft, die zwischen Nähe und Distanz, Bewunderung und Verletzlichkeit schwebt. In schöner Sprache und mit emotionaler Tiefe entfaltet sich eine Erzählung voller Kunst, Musik und Gedanken über die Spuren, die Menschen in der Welt hinterlassen. Es ist eine berührende und nachhallende Geschichte, die ich uneingeschränkt weiterempfehle.

Dienstag, 21. Oktober 2025

Rezension: Cozy Baking Time - Süße Rezepte für die kalte Jahreszeit von Theresa Haubs

 





Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Cozy Baking Time: Süße Rezepte für die kalte Jahreszeit
Autorin: Theresa Haubs
Erscheinungsdatum: 18.09.2025
Verlag: Gräfe und Unzer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Leseband und Farbschnitt
ISBN: 9783833899171
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Das Backbuch „Cozy Baking Time“ von Theresa Haubs enthält sechzig Backanweisungen, die besonders gut in den Herbst und in den Winter passen, ganz im Sinne des Untertitels „Süße Rezepte für die kalte Jahreszeit“.

Die Autorin ist Studentin und ist passionierte Hobbybäckerin. In den sozialen Medien ist sie als „bookslove128“ bekannt. Die Rezepte kommen fast alle aus dem Familienkreis und wurden oft über mehrere Generationen weitergegeben. Ihre Mission: Alle Zutaten sollten leicht erhältlich und einfach zuzubereiten sein. Vor allem sollen die Kuchen und Plätzchen aber nicht nur gut gelingen, sondern auch richtig lecker schmecken!

Nach einem persönlichen Vorwort teilt die Autorin einige bewährte und nützliche Hacks, die das Backen erleichtern, wie sich Rezepte durch kleine Veränderungen kreativ abwandeln oder vegan gestalten lassen. Ergänzend gibt es Ratschläge für den Fall, dass ein Kuchen einmal misslingt, und sogar eine Playlist, die für die passende Backstimmung sorgt.

Der Rezeptteil gliedert sich in Herbstrezepte und Winterrezepte beziehungsweise „Bake It Till You Make It“ und „Hot Girl Winter Is Coming“ wie im Buch getitelt wird. Die Backanweisungen werden ansprechend mit ganzseitigen Fotos von Theresa Haubs in Szene gesetzt und mit einem fantasievollen Namen betitelt. Der Running Gag besteht darin, dass unter vielen Titeln steht „Oder wie meine Mama sagen würde“ ergänzt mit einer traditionellen Bezeichnung.

Die Anleitungen sind einfach verständlich und in einem modernen, lockeren Stil verfasst, der besonders jüngere Bäckerinnen und Bäcker ansprechen dürfte. Der Verlag zieht auf seiner Seite zum Buch eine Verbindung zu den Genres New Romance und New Adult mit denen man es sich beim Verkosten der Gebäcke gemütlich machen kann.

Am Schluss der Seite gibt es hin und wieder gute Tipps verschiedenster Art. Nach einer Danksagung hilft ein alphabetisches Register nach Zutaten dabei, die passende Seite eines Rezepts zu finden.

Inzwischen habe ich die Mandarinen-Schmand-Torte und den Eggspenzive Cake gebacken. Beide Rezepte waren leicht umzusetzen und gut beschrieben. Die Backzeit und -temperatur stimmten, so dass das Ergebnis sehr gut geschmeckt hat.

Das Buch „Cozy Baking Time“ überzeugt nicht nur mit leckeren Rezepten, sondern auch mit einer attraktiven Gestaltung mit Coververedelung und Farbschnitt in der ersten Auflage. Meine Familie wird sicherlich noch mit mancher Köstlichkeit daraus verwöhnt werden. Daher empfehle ich das Buch gerne weiter. 


Donnerstag, 16. Oktober 2025

Rezension: Junge Frau mit Katze von Daniela Dröscher

 

Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Junge Frau mit Katze
Autorin: Daniela Dröscher
Erscheinungsdatum: 14.08.2025
Verlag: KiWi (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783462007619

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Daniela Dröscher erzählt in ihrem Roman „Junge Frau mit Katze“ über ein folgenschweres Kapitel im Leben einer jungen Frau. Die Protagonistin und Ich-Erzählerin heißt Ela, wie auch die Autorin ihren Vornamen abkürzt. Die Handlung spielt in den 1990er Jahren, als Ela kurz vor der Verteidigung ihrer Doktorarbeit in steht.

Seit ihrer Kindheit hat Ela ein gespaltenes Verhältnis zu ihrem Körper, nicht zuletzt, weil sie einen anderen Körperbau als ihre Mutter hat. Im Roman „Lügen über meine Mutter“ erzählt die Autorin aus dieser Zeit. Zwar habe dieses Buch nicht gelesen, konnte jedoch der vorliegenden Geschichte mühelos folgen.

Ela hat in jungen Jahren bereits zahlreiche Erfahrungen mit Ärzten gesammelt, vor allem Anfang Zwanzig, als sie sich einer schweren Operation unterziehen musste. Nun plagen sie seit Tagen Halsschmerzen. Was sich zunächst wie eine schnell zu überwindende Krankheit anhört, wird für Ela zu einer Tour de Force in Sachen ärztliche Untersuchungen, Diagnosen, Symptomen und Wechselwirkungen.

Es gibt keinen Zweifel: Ela steht unter Druck, denn ihr Doktorvater hat ihr eine lukrative Stelle in Aussicht gestellt, doch dazu muss sie ihre Prüfung mit Bestnote bestehen. Das Verhältnis zu ihrer Mutter ist distanziert, der Bruder lebt im Ausland. Sie ist alleinstehend, findet jedoch in einer befreundeten Mutter mit ihrer kleinen Tochter, die in der Nähe wohnt, Rückhalt, auch wenn sie zu Heilverfahren andere Ansichten vertritt. Schon früher hat sie sich immer mal wieder für einige Zeit zurückgezogen, daher fällt es kaum auf, dass sie sich zunehmend isoliert. Die wenigen Stunden, die sie nebenbei arbeitet, kann sie auch im Homeoffice erledigen. Das alles führt dazu, dass sie sich mit sich und ihrem Körper allein auseinandersetzen muss.

Daniela Dröscher beschreibt einfühlsam die Anzeichen der Erkrankungen ihrer Protagonistin, ihre Erfahrungen bei Arztbesuchen und ihren Kampf um Heilung. Die Schilderungen wirken so authentisch, dass spürbar wird, wie viel persönliche Erfahrung darin steckt. Wer sich selbst mit einer langwierigen Krankheit auseinanderzusetzen hat, wird sicherlich einige Situationen gut nachvollziehen können. Die Autorin zeigt eindrücklich, wie Unwissenheit und Hilflosigkeit Ärztinnen und Ärzten manchmal eine fragwürdige Autorität verleihen. Dennoch empfand ich Elas Gespräche mit den Medizinern erhellend und interessant.

In der ersten Hälfte des Romans ist die Geschichte aufgrund der zahlreich geschilderten Leiden bedrückend. Dann jedoch beginnt Ela die Befunde zu hinterfragen und gleichzeitig auch ihr eigenes Verhalten. Sie setzt sich mit dem Verhältnis zu ihrer Mutter und zu dem ihres Bruders auseinander, wägt ihre Freundschaften ab und trifft schließlich einen weitreichende Entscheidung in Bezug auf ihre weitere Laufbahn.

Der Schreibstil der Autorin ist faszinierend. Obwohl die beschriebenen Symptome eine melancholische Grundstimmung erzeugen, gelingt es ihr durch heitere Erzählmomente immer wieder die Schwere des Themas zu mildern. Die Sprache ist klar und funkelnd, so dass ich trotz der oft bedrückenden Atmosphäre den Roman gerne gelesen habe. Ich empfehle das Buch allen, die lebensnahe Geschichten zu schätzen wissen, in denen schwierige Themen feinfühlig erzählt werden.

Sonntag, 12. Oktober 2025

Rezension: Katzentage von Ewald Arenz


Katzentage
Autor: Ewald Arenz
Illustrator: Florian Bayer
Hardcover: 128 Seiten
Erschienen am 16. September 2025
Verlag: DuMont
Link zur Buchseite des Verlags

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Paula und Peter arbeiten bei derselben Firma und haben nach einer Fortbildung die Nacht gemeinsam verbracht. Jetzt sind sie mit dem Zug auf dem Rückweg in die Heimat, doch ein Streik lässt sie in Würzburg stranden. Die beiden beschließen, aus der Not eine Tugend zu machen. Sie buchen sich eine romantische Unterkunft und lassen sich drei verzauberte Tage lang durch die Stadt treiben. Doch während Paula noch nicht daran denken möchte, was danach aus ihnen wird, erhofft Peter sich Klarheit, was die Zukunft angeht.

Paula und Peter kennen sich bislang nur aus dem beruflichen Alltag: Sie ist Ärztin, er arbeitet als Jurist in der Klinikverwaltung. Während es bei der gemeinsamen Nacht nach der Fortbildung nur um Sex ging, beginnen die beiden in Würzburg, sich wirklich wahrzunehmen. In einer ruhigen und poetischen Sprache beschreibt Ewald Arenz die Streifzüge der beiden durch die Stadt, während derer sie miteinander scherzen und mehr übereinander herausfinden. Ich fand es schade, nicht mehr Hintergrundinformationen über die beiden zu erhalten, das Buch bleibt im Moment und gibt darüber hinaus nur wenig preis. Zudem war das Touristenprogramm, das die beiden in Würzburg absolvieren, für meinen Geschmack zu ereignislos. 

Die Illustrationen von Florian Bayer sind stimmungsvoll und vermitteln eine herbstliche Stimmung. Einige sind jedoch sehr dunkel, mir haben die helleren besser gefallen. Insgesamt ist „Katzentage“ ein leiser Roman über das Innehalten und Zueinander finden. Auch wenn er mich nicht gänzlich überzeugen konnte, bietet er eine schöne Flucht aus dem Alltag und lädt Leser:innen ein, sich mit Paula und Peter durch Würzburg treiben zu lassen.


Dienstag, 7. Oktober 2025

Rezension: Was du siehst von Laura Maaß

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Was du siehst
Autorin: Laura Maaß
Erscheinungsdatum: 28.08.2025
Verlag: Gutkind (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783989411067

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Juliane, genannt Jule, und Andreas, den alle nur Andi nennen, kennen sich von Kindesbeinen an. Später wird „Ich sehe was, was du nicht siehst“ ihr liebstes Spiel, das sie ihr Leben lang begleitet. Die beiden sind die Hauptfiguren im Roman „Was du siehst“ von Laura Maaß. Sie wachsen in einem fiktiven Dorf in der „Griesen Gegend“ im Zonenrandgebiet Mecklenburgs auf.

Die mit Jule hochschwangere Ruth, eine Schneiderin aus dem Osten Berlins, findet 1967 Unterkunft bei ihrem Onkel in dem kleinen Ort, in dem auch Andis Eltern leben. Jules Vater ist spurlos verschwunden. Ruth freundet sich mit Andis Mutter an, daher kennen sich ihre Kinder von klein auf. Ihre Freundschaft erhält eine neue Bedeutung, als sie heranwachsen. Ihre Gefühle füreinander zeigen sich in einem ersten Kuss, den sie sich zu der Zeit geben, in der sie Bewerbungen für Ausbildungsstellen schreiben. Andi möchte Förster werden. Jules Wunschberuf lässt sich zunächst nicht verwirklichen, doch durch einen glücklichen Zufall kann sie schließlich Fotografin werden, wie einst ihr Vater.

Als nach dem Mauerfall eine Ausreise möglich wird, begibt sich Jule auf eine Suche, um ein Familiengeheimnis aufzudecken. Das Kinderspiel aus alten Zeiten erhält dabei eine neue Bedeutung und wird zum Titel des Romans. Farben in vielen Facetten durchziehen die Erzählung und geben den Kapiteln ihre Überschriften.

Laura Maaß gelingt es, die Charaktere stimmig im Denken und Verhalten der Zeit ab 1967 darzustellen. Die Ereignisse sind chronologisch erzählt, wodurch die Entwicklung der Hauptfiguren besonders greifbar wird. Der Zusammenhalt in der Dorfgemeinschaft ist herzerwärmend. Jede und jeder wird mit seinen Stärken und Schwächen abgebildet. Die Handlungen der Personen sind eingebunden in die gesellschaftlichen Umbrüche ihrer Zeit, ohne dass diese sich in den Vordergrund drängen.

Besonders schön ist es, Jule und Andi über Kindheit und Jugend hinweg über einen so langen Zeitraum zu begleiten. An ihrer Seite treten zahlreiche Wegbegleitende, deren eigene Hintergründe kleine Geschichten innerhalb der Erzählung bilden. An einigen Stellen deutet Laura Maaß die weitere Entwicklung einer Begebenheit an, was die Tragweite des Geschehenen unterstützt. Es sind die alltäglichen Dinge und die Sorgen von Menschen, wie jeder Lesende sie kennt, die an eigene Erfahrungen erinnern und bewegen. Lediglich der etwas überstürzte Beginn von Jules Suche und deren Länge fand ich eher weniger glaubhaft.

Mit ihrem Roman „Was du siehst“ zeigt Laura Maaß ihr feines Gespür für Zwischentöne. Glaubwürdige Charaktere und eine lebendige Schilderung von Zeit und Orts verleihen der Geschichte Tiefe und bieten eine ergreifende Unterhaltung. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

Samstag, 4. Oktober 2025

Rezension: Nächte einer Hexe von Genoveva Dimova


Nächte einer Hexe
Autorin: Genoveva Dimova
Übersetzer: Wieland Freud und Andrea Wandel
Hardcover: 448 Seiten
Erschienen am 13. September 2025
Verlag: Klett-Cotta
Link zur Buchseite des Verlags

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Es sind einige Monate vergangen, seit Kosara den Zmey in die Mauer eingebettet hat. Doch obwohl in Chernograd Sommer sein sollte ist es eisig kalt. Noch dazu treiben Monster ihr Unwesen in der Stadt, die bis zu den nächsten Schmutzigen Tagen eigentlich im Reich der Monster verweilen sollten. Dann wird auch noch die Hexe Sofiya enthauptet in ihrem Salon aufgefunden. Auf der anderen Seite der Mauer, in Belograd, gab es einen ähnlichen Mord. Asens Ermittlungen zu letzterem führen ihn zurück nach Chernograd und zu Kosara. Kann es ihnen gelingen, die Mordfälle zu lösen, die Monster in Schach zu halten und endlich Karaiwanow das Handwerk zu legen?

„Nächte einer Hexe“ spielt rund ein halbes Jahr nach den Ereignissen von „Tage einer Hexe“. Nach nur wenigen Seiten war ich wieder ganz in die Welt der Hexen und Monster eingetaucht. Zwei Enthauptungen sorgen für Aufsehen, eine Ruba muss gerettet werden und ein riesiger Mratinyak, der alle Hühner und Hähne tötet, muss zurück ins Reich der Monster geschickt werden. Ist ein Problem gelöst, tauchen gefühlt zwei neue auf. Dass Kosaras zwölf Schatten, die ihr große Macht verleihen sollten, ihren eigenen Willen haben, ist dabei nicht unbedingt hilfreich. 

Das Tempo bleibt hoch und ich fieberte mit, ob Kosara und Asen gemeinsam mit ihren Verbündeten wieder Ordnung schaffen können. Es gibt spannende Kämpfe und auch emotionale Momente. Niemand ist sicher, nicht alle liebgewonnenen Charaktere überleben bis zum Schluss. Immer wenn die Geschichte Anstalten macht, cozy zu werden, kommt kurz darauf eine böse Überraschung daher, welche die Spannung wieder auflädt. Wer den ersten Teil gelesen hat, der wird nicht umhin kommen, mit „Nächte dieser Hexe“ ein weiteres Mal in die magische Welt Chernograds einzutauchen. Ich gebe eine große Leseempfehlung an alle, die Lust auf eine kurzweilige, abenteuerliche Hexen- und Monsterfantasy haben!


Freitag, 3. Oktober 2025

Rezension: Bretonische Versuchungen - Kommissar Dupins vierzehnter Fall von Jean-Luc Bannalec

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Bretonische Versuchungen
Kommissar Dupins vierzehnter Fall 
Autor: Jean-Luc Bannalec (Pseudonym von Jörg Bong)
Erscheinungsdatum: 25.06.2025
Verlag: Kiepenheuer & Witsch (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Broschur mit gestalteten Klappen
ISBN: 9783462002508

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Für Kommissar George Dupin scheint der 14. Fall der Reihe von Jean-Luc Bannalec zunächst ein Heimspiel zu werden. Der Mord, den er aufzuklären hat, ist ebenso spektakulär wie verstörend: In einer Confiserie in der Ville Close von Concarneau wird eine Frau kopfüber in einem Bottich mit flüssiger Schokolade aufgefunden. Sie ist eines der drei Geschwister, die das traditionsreiche Familienunternehmen führen.

Als Dupin die Nachricht erreicht, dass es einen Mord gibt, nimmt er gerade an einer Therapie zur Überwindung seiner Thalassophobie teil. Er bricht diese sofort ab, um sich den Ermittlungen zu widmen. Zu diesem Zeitpunkt ahnt er nicht, dass er und seine Kollegin Nolwenn bis zur völligen Erschöpfung viele Stunden ununterbrochen mit dem Fall beschäftigt seine werden. Eine erster Verdacht führt die beiden bald nach Bayonne im Süden Frankreichs, wo sich der Stammsitz der Confiserie befindet. Die Suche nach einem Motiv gestaltet sich schwierig, wodurch sich kaum einschätzen lässt, ob weitere Personen in Gefahr sind.

Als ein weiterer Mord geschieht, läuft dem Kommissar die Zeit davon. Ohne Schlaf, nur mit Kaffee und Schokolade als Wachmacher setzt er seine Recherchen fort. Anders als sonst, bleibt Nolwenn auf eigenen Wunsch stets an seiner Seite. Unzweifelhaft steigert es die Spannung, wenn Dupin ohne Unterbrechung ermittelt, wirkte auf mich jedoch stellenweise eher unrealistisch.

Auch diesmal nimmt der Autor die Lesenden mit an verwunschen schöne Orte, diesmal vor allem in der Umgebung von Concarneau. Das Thema „Schokolade“ hat mich besonders angesprochen. Im Krimi erfuhr ich eine Menge über die Ingredienzien und den Herstellungsprozess. Während der sozusagen atemlosen Ermittlungstätigkeit bleibt das Privatleben des Kommissars und seines Teams nahezu ausgeblendet. Aber ein Hinweis zum Schluss lässt erfreuliche Aussichten ahnen. „Bretonische Versuchungen“ ist definitiv ein Must Read für alle Dupin-Fans und ein aufregender Lesegenuss für die Leserschaft von Kriminalromanen. Inzwischen wurde der Band verfilmt und ich freue mich schon auf die Ausstrahlung.

Rezension: Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich hab? ...wenn die Schneeflocken fallen von Sam McBratney und Anita Jeram


Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich hab? ...wenn die Schneeflocken fallen
Autor: Sam McBratney
Illustratorin: Anita Jeram
Übersetzer: Rolf Inhauser
Pappbilderbuch: 24 Seiten
Erschienen am 24. September 2025
Verlag: FISCHER Sauerländer
Link zur Buchseite des Verlags

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Es hat geschneit! Der kleine und der große Hase sind in der weißen Schneelandschaft unterwegs und spielen „Ich sehe was, was du nicht siehst“. Denn auch im Winter gibt es draußen einiges zu entdecken. Der kleine Hase macht es schließlich ganz schön knifflig. Das bringt auch den große Hasen auf eine tolle Idee.

Mein Sohn lässt sich die Geschichten vom kleinen und großen Hasen immer wieder gerne vorlesen. Die Neuauflage dieser winterlichen Geschichte kommt in einem stabilen und handlichen Format für kleine Kinderhände daher und durfte in unserer Sammlung nicht fehlen. Die vertrauten Motive sind hier von einer Schneeschicht bedeckt, die Lust auf die ersten Schneeflocken macht. 

Auf jeder Seite stellen der kleine und der große Hase sich abwechselnd Aufgaben, die erfolgreich gelöst werden. Aber es wird immer schwieriger! Die letzte Aufgabe vermittelt eine wunderschöne Botschaft – gesucht wird das Liebste, was der große Hase hat – und macht Lust darauf, das Buch gleich wieder von vorn zu lesen. Eine wunderschöne, winterliche Geschichte, die sich auch perfekt als Geschenk für Nikolaus oder Weihnachten eignet.


Mittwoch, 24. September 2025

Rezension: Komm und such mich! sagt der kleine Dachs von Constanze von Kitzing


Komm und such mich! sagt der kleine Dachs
Illustratorin: Constanze von Kitzing
Pappbilderbuch: 10 Seiten
Erschienen am 24. September 2025
Verlag: FISCHER Sauerländer
Link zur Buchseite des Verlags

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Der kleine Dachs sucht seine Freunde, um mit ihnen etwas zu spielen. Hinter einem Blätterhaufen raschelt es und im Gebüsch hört er ein Pupsen. Wer war das denn? Das Suchspiel ist bereits in vollem Gange – und am Ende darf sich auch der Dachs selbst verstecken.

Mein Sohn liebt es aktuell sehr, Guckguck zu spielen, daher sind auch Versteckbücher gerade bei ihm ganz hoch im Kurs. Der Dachs und seine Freunde sind in weichen Farben gezeichnet und ihre freundlichen, neugierigen Gesichtsausdrücke machen Lust auf das gemeinsame Suchen. Es gibt fünf Doppelseiten, auf denen jeweils ein Tier gefunden werden muss. Dabei wird das Kind immer direkt angesprochen und gefragt, was sich seiner Meinung nach hinter der Klappe verbirgt.

Die Klappen lassen sich mal zur Seite und mal nach unten öffnen. Mein Sohn hatte den Dreh schnell raus. Sie haben ein gutes Format für kleine Kinderhände, könnten aber noch etwas stabiler sein. Das Buch ist bereits das siebte aus der Reihe rund um den kleinen Dachs, für mich aber das Erste. Hier kam es sehr gut an, weshalb ich es gerne weiterempfehle.


Sonntag, 21. September 2025

Rezension: Der Kreuzweg der Raben von Andrzej Sapkowski


Der Kreuzweg der Raben
Autor: Andrzej Sapkowski
Übersetzer: Erik Simon
Hardcover: 352 Seiten
Erschienen am 2. September 2025
Verlag: dtv
Link zur Buchseite des Verlags

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Geralt von Riva hat erst kürzlich seine Ausbildung zum Hexer in der Festung Kaer Morhen abgeschlossen und ist ins Land Kaedwen gereist, um dort nach Arbeit zu suchen. Schon bald endet er beinahe am Strick, nachdem er einen Räuber getötet hat, der ein Bauernmädchen schänden wollte. Doch er erhält unverhofft Hilfe und lernt so seinen neuen Mentor kennen, den Hexer Preston Holt, von dem er erstaunlicherweise nie zuvor gehört hat. Von ihm lernt er eine neue Art zu kämpfen und erfährt von Vorfällen aus der Vergangenheit der Hexer, die ihm bislang verschwiegen wurden. Er kommt nicht nur Monstern auf die Spur, sondern auch Menschen, die schon lange nichts Gutes mehr im Sinn haben.

Mit „Der Kreuzweg der Raben“ kehrt Andrzej Sapkowski noch einmal ins Witcher-Universum zurück und präsentiert seinen Leser:innen einen jungen, unerfahrenen Geralt von Riva. Er steckt voller Tatendrang, ist aber noch sehr impulsiv und wenig kampferfahren. Damit bringt er sich in Schwierigkeiten, doch zum Glück gibt es auch ihm wohlgesonnene Charaktere, die ihm helfen und von denen er lernen kann. 

Eine Weile wirkt das Buch wie eine lose Aneinanderreihung von Aufträgen und die Kapitel lesen sich wie Kurzgeschichten. Erst mit der Zeit kristallisiert sich ein übergreifender Handlungsbogen heraus, in dem Intrigen, Machtspiele und moralische Entscheidungen im Vordergrund stehen. Wer die Reihe rund um den Witcher bereits kennt, der freut sich über neue Informationen zu den Ursprüngen der Hexer und eine Begegnung mit Nenneke. Aber auch ohne Vorkenntnisse findet man hier ein lesenswertes Abenteuer vor. „Der Kreuzweg der Raben“ ist spannend, intensiv und fesselnd erzählt. Ein Muss für Witcher-Fans und ein idealer Einstieg für alle, die Geralt noch nicht kennen und ganz von vorn beginnen möchten.


Rezension: Kleine Wunder in der Mitternachtskonditorei von Lee Onhwa

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Kleine Wunder in der Mitternachtskonditorei
Autorin: Lee Onhwa
Übersetzerin aus dem Koreanischen: Alexandra Dickmann
Erscheinungsdatum: 27.08.2025
rezensierte Buchausgabe: Hardcover
ISBN: 9783651025226

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Die siebenundzwanzigjährige Yeonhwa erbt in Lee Onhwas Roman „Kleine Wunder in der Mitternachtskonditorei“ die Konditorei ihrer Großmutter. Obwohl sie selbst eine talentierte Bäckerin ist, möchte sie das Geschäft zunächst nicht übernehmen. Doch der Anwalt macht ihr aufgrund der Lage wenig Hoffnung auf einen lukrativen Verkauf. Er konfrontiert sie außerdem mit den ungewöhnlichen Bedingungen, die an das Erbe geknüpft sind: Yeonhwa muss die Konditorei mindestens einen Monat lang führen, darf sie nur von 22 Uhr bis Mitternacht öffnen und soll sich auf all das freuen, was in dieser Zeit geschieht.

Bereits an ihrem ersten Abend begegnet sie dem Großhändler Sawol, der sämtliche Zutaten für den Laden besorgt, aber gleichzeitig auch als Schamane tätig ist. Kurz darauf erscheint eine erste Kundin, die ein Geist ist, wie sich schnell herausstellt. Von nun an taucht jede Nacht ein anderer verstorbener Gast auf, der ihr in der Ich-Perspektive von seinem Leben und seinem Tod erzählt. Nach den Rezepten der Großmutter bereitet Yeonhwa jedem von ihnen ein besonderes Gebäck zu, das für die Besuchenden eine magische Wirkung entfaltet. Auf einer dem Buch beigelegten Karte findet sich eines der Rezepte, weitere sind über den aufgedruckten QR-Code im Internet aufrufbar.

Die tragischen und berührenden Geschichten der Toten nehmen einen breiten Raum ein. Lee Onhwa ist eine südkoreanische Autorin, die einiges von der Lebenswelt ihres Landes in den Roman einfließen lässt. Yeonhwa, die im Haus ihrer Großmutter aufgewachsen ist, hat sich mit der Zeit von ihr entfremdet und für sich einen Weg gefunden, in der die Konditorei keine Rolle mehr spielte. Sie wirkt manchmal ein wenig naiv, zeigt jedoch große Empathie und setzt alles daran, den Geistern Trost zu spenden. Gleichzeitig verarbeitet sie dabei ihre eigene Trauer.

„Kleine Wunder in der Mitternachtskonditorei“ von Lee Onhwa ist ein feinfühlig erzählter Roman mit einer Spur von magischem Realismus, der bewegt und nachklingt. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.

Mittwoch, 17. September 2025

Rezension: Goldstrand von Katerina Poladjan

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Goldstrand
Autorin: Katerina Poladjan
Erscheinungsdatum: 27.08.2025
Verlag: S. Fischer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783103971767
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Im Roman „Goldstrand“ von Katerina Poladjan liegt der etwa sechzig Jahre alte Filmregisseur Edi in Rom auf der Couch seiner „Dottoressa“ genannten Psychotherapeutin. Die beiden haben bereits zahlreiche Sitzungen hinter sich. Die Inhalte der mehr als dreißig bereits abgehaltenen Stunden bleiben im Dunkeln. Nun erinnert Edi sich daran, wie seine Eltern sich kennengelernt haben.

Er erzählt, wie sein Großvater zu Beginn der 1920er-Jahre mit seiner Tochter Vera und seinem Sohn Felix wegen der Hungersnot in der Ukraine aus Odessa nach Konstantinopel flieht. Auf der Überfahrt verschwindet Vera spurlos. Niemand hat gesehen, ob sie über Bord ging. Es beginnt eine jahrelange, von Hoffnung und Verzweiflung geprägte Suche nach ihr.

Später erinnert Eli daran, wie seine italienische Mutter im bulgarischen Warna den Architekten Felix kennenlernt und dieser sein Vater wurde. Mit dieser Begegnung ist der Bau des ersten Hotels am sogenannten Goldstrand verbunden, der später ein internationaler Ferienort werden sollte. Hier bestehen keine politisch bedingten Einschränkungen für einen Besuch. Das Trauma von Veras Verschwindens prägt die Familie bis in die Gegenwart. Eli benennt nicht nur seine Tochter nach ihr, sondern widmet der Geschichte seiner Vorfahren auch Filme.

Nach und nach wird deutlich, dass Eli ein unzuverlässiger Erzähler ist, was auch die Dottoressa bemerkt. Er lässt Erinnerungen, Fantasien und Zukunftsvorstellungen ineinanderfließen, sodass der Lesende unsicher wird, was tatsächlich geschehen ist.

Eli erscheint zunächst als ein familienverbundener Mensch, doch seine gescheiterte Ehe, sein distanziertes Verhältnis zur Tochter und ein erschreckender Gedanke, den er etwa in der Mitte des Romans hat, zeichnen ein komplexeres Bild. Im weiteren Verlauf bleiben die Therapiegespräche nicht mehr im vertrauten Dialog, wodurch Edi die Aufmerksamkeit der Dottoressa zu entgleiten droht.

Das Ende der Geschichte bringt eine überraschende Wendung. Obwohl die Handlung stark auf die Figuren fokussiert ist, treten auch die gesellschaftlichen Umbrüche an den Handlungsorten deutlich hervor. Die Fabulierkunst des Filmregisseurs ist stellenweise amüsant, auch wenn einige Geschehnisse tragisch sind.

„Goldstrand“ von Katerina Poladjan ist ein Roman zwischen Realität und Imagination des Protagonisten. Er ringt mit einem generationenübergreifenden Trauma und sucht auf der Couch seiner Therapeutin nach einer Möglichkeit, es zu verarbeiten. Mit seiner Fantasie kann er sich eigene Wirklichkeiten erschaffen. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung für diese erfinderische Erzählung.

Sonntag, 14. September 2025

Rezension: Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten von Anna Maschik

 


Rezension von Ingrid Eßer


Titel: Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten
Autorin: Anna Maschik
Erscheinungsdatum: 10.09.2025
Verlag: Luchterhand (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783630878140

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In ihrem Roman ‚Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten‘ zeichnet Anna Maschik das vielschichtige Porträt einer Familie über mehrere Generationen. Die Erzählung entfaltet sich Schicht um Schicht, wie die Zitrone, die auf dem Cover abgebildet ist. Sie beginnt vor mehr als hundert Jahren mit der dreizehnjährigen Bäuerin Henrike, die nach dem frühen Tod der Mutter den Haushalt für ihren Vater und ihre Brüder führt. Sie leben in einem Dorf im Norden Deutschlands. Um den Hunger der Familie zu stillen, schlachtet sie unerlaubterweise ein Schaf, was anders als bei anderen Arten lautlos vonstatten. Mit dieser Handlung beginnt das Buch und gibt ihm den Titel.

Henrikes Urenkelin Alma tritt als Erzählerin der Geschichte auf. Sie fügt die überlieferten Episoden, die nicht immer chronologisch angeordnet sind, mosaikartig zusammen. Anna Maschik gestaltet ihren Roman abwechslungsreich: Sie verwendet zahlreiche Stilmittel wie beispielsweise Metaphern, Repetitionen und Personifikationen. Durch eingestreuten Realismus erscheinen einige Begebenheiten unrealistisch, aber Alma erzählt so, wie sie es gehört hat. Die Lesenden sind gefordert, das Geschehen nach ihren eigenen Vorstellungen zu deuten. Der lange Schlaf einer Figur lässt auf ihre Bedeutungslosigkeit in dieser Zeit schließen, das Verblassen der Farben wird zum Symbol für ein anhaltendes Gefühl von Trauer. Politische Veränderungen haben spürbare Auswirkungen auf das tägliche Leben der Familien.

Die unbenannten Kapitel sind kurz und bestehen mehrfach nur aus einer Auflistung, mit denen Alma sich Übersichten zu bestimmten Themen schafft und dabei Gegensätze verdeutlicht. Die Sätze sind auf das Wichtigste beschränkt, doch trotz der dadurch entstehenden Lücken erhält man einen guten Einblick in das entbehrungsreiche bäuerliche Leben. Nach der Heirat von Almas Großmutter mit dem Sohn eines Möbelhändlers sind die nun veränderten alltäglichen Herausforderungen ebenso nachvollziehbar geschildert. Über die Generationen hinweg bringt die Autorin zum Ausdruck, dass die Mütter und die Väter sich darüber uneins sind, ob ein weiblicher oder ein männlicher Nachwuchs es leichter im Leben haben wird. Die Frauen haben den Wunsch, ihre Erziehung anders zu gestalten als die eigene Mutter, doch Anna Maschik zeigt, dass sich dennoch gewisse Muster ungewollt ständig wiederholen. Die Ablösung von der vorherigen Generation erweist sich selbst bei räumlicher Distanz als schwierig.

Anna Maschiks Roman „Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten“ ist eine kunstvoll geschichtete Erzählung, die über Jahrzehnte auf das Gefüge einer Familie blickt. Die Belastungen des Alltags, die Freuden und Sorgen, die Liebe und das Leid der Figuren werden spürbar, lassen aber Platz zur eigenen Interpretation. Sehr gerne vergebe ich eine Leseempfehlung für dieses eindrucksvolle Buch.

Freitag, 12. September 2025

Rezension: Lieselotte, wer versteckt sich hier? von Alexander Steffensmeier


Lieselotte, wer versteckt sich hier?
Autor: Alexander Steffensmeier
Pappbilderbuch: 10 Seiten
Erschienen am 27. August 2025
Verlag: FISCHER Sauerländer
Link zur Buchseite des Verlags

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Lieselotte spielt mit ihren Freunden auf dem Bauernhof verstecken. Der Hund, die Ziege, die Hühner und Schweine und das Pony haben sich versteckt. Ist das hinter dem Holzstapel ein Ringelschwanz oder nur das Ende des Gartenschlauchs? Und was ist hinter der Wäscheleine versteckt, wo Lieselotte doch schon alle Tiere gefunden hat?

„Lieselotte, wer versteckt sich hier?“ ist mein erstes Buch aus der bereits viele Bände umfassenden Reihe rund um die Kuh Lieselotte. Das besondere an diesem fünf Doppelseiten umfassenden Pappbilderbuch sind die großen Klappen, die zum Beispiel einen Traktor oder eine alte Badewanne zeigen und hinter denen sich die Tiere versteckt haben.

Mein Sohn findet es spannend, die Tiere auftauchen und wieder verschwinden zu sehen. Er hatte mit seinen 8 Monaten den Dreh schnell raus und klappt gerne immer wieder auf und zu. Die Klappen müssen dabei einiges aushalten, ich hätte sie mir noch etwas stabiler gewünscht. Insgesamt ein wirklich schönes, liebevoll illustriertes Pappbilderbuch, das zum Entdecken einlädt.


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